München: Vater verklagt Heilpraktikerin auf 170.000 Euro

Am Donnerstag musste sich eine Heilpraktikerin vor dem Oberlandesgericht verantworten. Sie soll der krebskranken Mutter eines Fünfjährigen von einer schulmedizinischen Behandlung abgeraten haben – die Frau erlag daraufhin ihrer Krankheit.
von  John Schneider
Nach dem Tod einer krebskranken Mutter muss sich eine Heilpraktikerin vor dem Oberlandesgericht verantworten. (Symbolbild)
Nach dem Tod einer krebskranken Mutter muss sich eine Heilpraktikerin vor dem Oberlandesgericht verantworten. (Symbolbild) © Arne Dedert/dpa

München - Wenn der kleine Tom (Name geändert) fragt, wo seine Mutter ist, antwortet ihm der Papa, dass sie krank war und jetzt im Himmel ist. Aber von dort aus auf den Fünfjährigen aufpasst.

Tom war ein halbes Jahr alt, als seine Mutter im Oktober 2015 an Krebs starb. Vater Maik S. (34) hat im Namen des Kindes Klage gegen eine Heilpraktikerin erhoben, die seine Partnerin damals behandelte. Der Vater verlangt insgesamt 170.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld. Seine Begründung: Die Heilpraktikerin habe geraten, auf eine schulmedizinische Behandlung zu verzichten, und sich stattdessen nur mit Schlangengift behandeln zu lassen. Und dies, obwohl die Frau an Gebärmutterhalskrebs erkrankt war.

Krebspatientin mit Schlangengift behandelt - Gutachter äußert Unverständis

Das Landgericht Passau hatte die Klage abgewiesen, gegen das Urteil legte Maik S. Rechtsmittel ein. Jetzt liegt der Fall beim Arzthaftungssenat des Oberlandesgerichts (OLG).

Doch der Prozess läuft nicht wie gewünscht. Der Vorsitzende Richter des Senats, Thomas Steiner, kritisiert, dass ihm trotz der langen Verfahrensdauer immer noch nicht alle Dokumentationen vorliegen. Die beklagte Heilpraktikerin und ihr Anwalt erklären das unter anderem damit, dass sie die Behandlung bereits Anfang Juni 2015 beendet habe. Dass sie für die Frau noch Artzney danach bestellt habe, sei reine Gefälligkeit gewesen.

Unverständnis äußert der Gutachter, weil die Warnsignale bei der Entwicklung der Krankheit nicht beachtet wurden. "Man hätte erkennen müssen, dass der Zustand sich verschlechtert" – und der Patientin darum zu einer Strahlentherapie raten müssen.

Und wie geht es Tom? "Er ist ein fröhlicher Junge", sagt der Papa. Trotz allem. "Mit dem Kleinen ans Grab seiner Mama zu gehen", dass sei aber "natürlich schon eine Hausnummer", berichtet Maik S. vom jüngsten Friedhofsbesuch vor einem Monat. "Tom hat viel mitgemacht."

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