München und Umland: 400 Windräder geplant

Ein Beschluss aus Berlin macht es möglich: In der Landeshauptstadt und der Region müssen jetzt viele neue Anlagen entstehen. Doch nicht alle sind begeistert.
von  Paul Nöllke
Große Windkraftwerke in der Stadtsilhouette? Das könnte bald Realität werden.
Große Windkraftwerke in der Stadtsilhouette? Das könnte bald Realität werden. © Foto: dpa/AZ-Grafik

München - Es ist eine hitzige Debatte. Jetzt dürfte sie neu befeuert werden: 400 neue Windkraftanlagen sollen in den kommenden Jahren in und um München entstehen - so erzwingt es ein Beschluss des Bundestags.

Grund ist das sogenannte "Wind-an-Land-Gesetz" von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), welches Anfang 2023 in Kraft treten soll. Es schreibt vor, dass bis Ende 2026 ganze 1,2 Prozent der Landesfläche für Windkraft zur Verfügung gestellt werden müssen, bis Ende 2032 sogar 1,8 Prozent - auch in und um München!

In der Region München sollen 99 Quadratkilometer Windparks entstehen

Was das heißt, erklärt der Regionale Planungsverband München (RPV). Er ist für die Ausweisung von Flächen für die Windkraft zuständig: Wenn man die Ziele des neuen Gesetzes auf die Region München anwendet, müssten (bei 1,8 Prozent Fläche) hier 99 Quadratkilometer für Windkraft ausgewiesen werden.

"Die Windgeschwindigkeit ist in der gesamten Region so groß, dass grundsätzlich alle Teilflächen für die Ausweisung in Frage kommen", schreibt der Planungsverband.

Das heißt auch: Schluss mit der 10-H-Regel, die in Bayern einen besonders großen Mindestabstand zu Wohngebieten vorschreibt. "Maximal können die Länder einen Abstand von 1.000 Meter vorgeben - jedoch eben nur dann, wenn auch damit die Flächenziele vom Bund erfüllt werden", schreibt der RVP.

Windkraftanlagen: Stadtwerke München müssen umplanen

Auch die Stadtwerke München, die erklärt hatten, keine weiteren Windräder im Stadtgebiet zu errichten, werden nun umplanen müssen: Industriegebiete und Wälder sind kein Tabu mehr für Windräder, und dass die neuen Windkraftanlagen nur im Münchner Umland gebaut werden, scheint unwahrscheinlich.

Was sagt die Politik? Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) freut sich: "Ich begrüße die Pläne sehr, denn sie sind nicht nur klimapolitisch richtig, sondern werden die Region München auch wirtschaftlich unabhängiger und stärker machen", so Habenschaden auf AZ-Anfrage.

"In München sehe ich ein enormes Potenzial vor allem in der Photovoltaik, die wir massiv voranbringen werden. Jedes Windrad und PV-Anlage trägt dazu bei, unsere Abhängigkeit von teuren und klimaschädlichen fossilen Energien zu reduzieren. Gemeinsam mit dem Umland werden wir die Energiewende kraftvoll umsetzen."

Und auch von dort gibt es positive Stimmen für die Windkraft: Der Bürgermeister von Erding, Max Gotz (CSU) ist für eine Abschaffung der 10-H-Regel und lässt auf AZ-Anfrage ausrichten, er könne sich gut vorstellen, am Rande von Gewerbegebieten Windräder zu bauen.

Markus Blume: "Den Ausbau nicht gegen die Bevölkerung voranbringen"

Der Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU) erklärt zwar, es sei "zu früh, eine Prognose abzugeben, wie viele Windräder im Raum München entstehen könnten", bewertet den Vorstoß aber positiv.

Kritik kommt vom Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU), doch nicht wegen der Windräder: Er meint, die Diskussion um Abstände gehe am Thema vorbei: "Was einen Ausbau der Windkraft hemmt, sind ganz andere bürokratische Vorgaben: Vor allem aus dem Naturschutzrecht, aber auch an den sonstigen unzähligen zu beachtenden Vorgaben."

Das sieht aber längst nicht jeder so: Die CSU hat sich zwar vor Kurzem dazu durchgerungen, die 10-H-Regel etwas zu lockern, aber von den ambitionierten Zielen des Bundes ist man immer noch weit entfernt.

Der Abgeordnete für den Münchner Osten, Markus Blume (CSU), hat seine Meinung vor Monaten klargemacht: "An der 10H-Regel wird nicht gerüttelt", erklärte er im vergangenen Jahr. "Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, aber mit der und nicht gegen die Bevölkerung." Ähnlich sieht das auch seine CSU-Kollegin Kerstin Schreyer aus Unterhaching.

Zumindest der RPV schätzt die Lage anders ein: Man müsse "sofort mit den Vorarbeiten beginnen".

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