München: Umweltschützer kritisieren Stadt für Verkehrspolitik
München - Vor einem Jahr, am 25. Januar 2017, beschloss der Münchner Stadtrat eine grundlegende Wende des Stadtverkehrs. Bis 2025 müssen mindestens 80 Prozent aller Wege in der bayerischen Landeshauptstadt emissionsfrei zurückgelegt werden. An etlichen Straßen in München wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) überschritten, teilweise gar massiv.
Die Umweltschützer sind enttäuscht
Für den Verein "Green City e.V.", welcher das "Bündnis für saubere Luft" ins Leben gerufen hat, sind die Maßnahmen der Stadtregierung nicht zufriedenstellend. In einer Mitteilung vom Mittwoch spricht das Bündnis von einer "erneuten Verzögerungstaktik" und gar einem "Verrat am Versprechen gegenüber den Bürger*innen. Für Green City ist die Sache klar: Keine der beschlossenen Maßnahmen reiche aus, um eine Überschreitung der Grenzwerte schnell zu beenden. Stattdessen wurden ihrer Meinung nach Pläne aufgestellt, die den Anteil des motorisierten Verkehrs sogar noch erhöhen würden.

Im Januar 2017 verpflichtete sich der Stadtrat auch dazu, jährlich einen Monitorinbericht zur Luftreinhaltung vorzulegen. Fällig wäre dieser bei der Vollversammlung am heutigen Mittwoch gewesen – doch dem Umweltschutzverein wurde kein Bericht vorgelegt. Bündnissrepcher Andreas Schuster zeigt sich enttäuscht – und findet gleichzeitig deutliche Worte: "Die Regierungskooperation der SPD und CSU haben das Vertrauen der Bürger*innen aufs tiefste enttäuscht. Groß daherreden kann jeder. Dem keine Taten folgen zu lassen ist symptomatisch für die Vermeidungs- und Verzögerungspolitik im Verkehrssektor."
Das Bündnis hat die wichtigsten Verkehrs-Beschlüsse des Stadtrats beobachtet und bewertet. Das Ergebnis ist ihrer Meinung nach mehr als ernüchternd.
Fußverkehr
Positiv heben die Umweltschützer die Umwandlung der Sendlinger Straße in eine Fußgängerzone hervor. Auch der Beschluss, den Arnulfsteg zu bauen, ist ein Fortschritt in Richtung emissionsfreies München. Trotzdem sind diese beiden Maßnahmen für das Bündnis zu wenig. "So wurde beispielsweise die Chance vertan, ein flächendeckendes, qualitativ hochwertiges Fußgängerleitsystem zu initialisieren, wie es Städte wie London, New York und Paris in den letzten Jahren mit großem Erfolg einführt haben", so Bündnis-Sprecherin Sylvia Hladky. Ebenfalls wird negativ angemerkt, dass das Fußverkehrsnetz innerhalb des Mittleren Rings nicht vergrößert wurde.
Fahrradverkehr
Hier spricht Green City von "einigen guten Verbesserungen für den Radverkehr" – trotzdem fehle es noch an einigen Dingen bis München sich auch wirklich als Radlhauptstadt bezeichnen darf. "Die Stadt hinkt bei der Planung von Radschnellwegen insbesondere im Vergleich mit den Umlandgemeinden mindestens ein Jahr hinterher", sagt Hladky. "Ein Umsteuern in Richtung einer Verkehrswende ist noch nicht zu erkennen." Als positiven Aspekt bezeichnet das Bündnis beispielsweise, die Ampelschaltung in der Schellingstraße am Radverkehr auszurichten.
ÖPNV
Als wichtige Maßnahmen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bezeichnet das Bündnis unter anderem den Bau der Tram-Westtangente oder der Tram durch den Englischen Garten. Trotzdem gibt es gleichzeitig Kritik. Die Projekte wurden zwar in "neuer Verpackung (ÖV-Offensive) präsentiert, der Bau wurde aber immer noch nicht beschlossen". Bei dem Bau von neuen U-Bahn spricht Green City von einer Verzögerungstaktik, die nicht hilft, "schnellstmöglich Verbesserung der Luftqualität in München zu erreichen".
Straßenbau
Am deutlichsten wird das Umweltbündnis wohl beim Thema Straßenbau: "In allen Fällen werden bei den Baumaßnahmen keine Verbesserungen für den ÖPNV und den Fahrradverkehr eingeplant, der Autoverkehr wird demnach weiter zunehmen. Beispiele sind der Ausbau des Föhringer Rings und die Untertunnelung des Mittleren Rings in Höhe des Englischen Gartens. Bei beiden Maßnahmen wurde versäumt, die Situation für den öffentlichen sowie Radverkehr zu verbessern."
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