München: Überraschender Polizeieinsatz bei Paar wegen verschwundener Kinder

Ein Paar, das erst vor Kurzem nach München zog, bekommt zu später Stunde unangenehmen Besuch von der Polizei.
von  Nina Job
Fühlen sich von der Polizei genötigt: Jaromir und Dora S. auf dem Balkon ihrer neuen Wohnung im Münchner Südwesten.
Fühlen sich von der Polizei genötigt: Jaromir und Dora S. auf dem Balkon ihrer neuen Wohnung im Münchner Südwesten. © Daniel von Loeper

Ein Paar, das erst vor Kurzem nach München zog, bekommt zu später Stunde unangenehmen Besuch von der Polizei

München - Erst seit sieben Wochen sind Jaromir und Dora S. in Bayern gemeldet.

Der 55-jährige IT-Entwickler und die 63-jährige Rentnerin sind aus Dortmund in eine Eigentumswohnung in den Münchner Südwesten gezogen.

Im neuen Zuhause stapeln sich noch die Umzugskisten, Dora S. räumt und renoviert, ihr Mann arbeitet seit September bei BMW. Alles könnte gut sein, wenn das Paar nicht immer noch schockiert wäre von seiner ersten Begegnung mit der Münchner Polizei.

"Unser Ruf im Haus ist schwer beschädigt"

"Wir haben noch nie etwas Unangenehmes mit der Polizei erlebt", sagt Jaromir S.. Bis zum 8. Oktober. "Unser Vertrauen ist nachhaltig erschüttert", sagt er. "Unser Ruf im Haus ist schwer beschädigt, obwohl wir nichts gemacht haben."

Was war passiert? Am Montag vor einer Woche liefen aus einem Kinderheim in Penzberg (Kreis Weilheim) zwei Mädchen (11, 13) davon - nicht zum ersten Mal.

Mädchen liefen aus Kinderheim weg - nicht zum ersten Mal

Als die Kinder nach dem Abendbrot noch nicht zurück waren, meldeten sie Mitarbeiter des Heims als vermisst. Wie in solchen Fällen üblich, fragte die Polizei zunächst nach möglichen Anlaufadressen – dabei fiel der Name von einer Nachbarin der Mutter, bei der ein Mädchen früher gern gewesen war. Und damit geriet Dora S. in den Fokus der Polizei. Sie hat einen Namen, den es häufiger gibt.

Es war gegen 22.20 Uhr, als das Ehepaar S. von lautem Krach aufschreckte. "Wir waren beide schon im Schlafanzug. Da hämmerte jemand gegen unsere Tür. Gleichzeitig wurde Sturm geklingelt", berichtet Jaromir S. Er legte den Sicherungsriegel vor, öffnete die Tür zunächst nur einen Spalt. Draußen standen drei Polizisten in Uniform. "Sie fragten nach Personen aus Penzberg, die wir nicht kannten." Jaromir öffnete.

Polizei durchsucht Wohnung ohne Beschluss

Dann ging alles ganz schnell. Das Paar fühlte sich überrannt. "Die Herren wiesen sich nicht aus. Zwei von ihnen verschafften sich Zutritt und suchten unsere Wohnung ab – ohne unsere Zustimmung und ohne Durchsuchungsbeschluss." Dora S.: "Sie leuchteten mit ihren Taschenlampen unters Bett." Dann ging die Polizei wieder.

Jaromir S. war so verunsichert, dass er die 110 anrief. Er fragte, ob die Polizisten echt seien. "Man hört ja immer wieder, dass es Banden gibt." Er erfuhr: Ja, sie waren echt. Das Paar kann sich den Einsatz nur mit einer Verwechslung bzw. Namensgleichheit und schlampigen Ermittlungen erklären. Dora S.: "Ich hatte zu niemandem Kontakt hier. Ich kenne keine Nachbarsmädchen in München."

Ehepaar erstattet Anzeige gegen Polizisten

Die Polizei hingegen bestreitet, die Adresse verwechselt zu haben. Ein Sprecher zur AZ: "Wir hatten Anhaltspunkte, dass sich die Kinder dort aufhielten." Auch seien die Beamten sehr wohl in die Wohnung gebeten worden.

Nun steht Aussage gegen Aussage. Jaromir S. hat Anzeige erstattet gegen die Polizisten: wegen nächtlicher Ruhestörung, Nötigung und Hausfriedensbruch. "Wie stehen wir vor unseren Nachbarn da?"

Die Kinder tauchten am nächsten Tag wieder auf – sie waren ganz woanders gewesen.

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