München: Stiller Hochzeits-Protest am Marienplatz

München - Fast niemand traut sich mehr – und das seit März: Stylisten, Hochzeitsfotografen, Hochzeitsmusiker oder Caterern fehlen die Aufträge.
Auch die Vermieter von Hochzeitslocations, die Tortenbäcker, Dekorateure und professionellen Hochzeitsplaner stehen im Regen. Mit einer 40 Meter langen festlichen Hochzeitstafel auf dem Marienplatz hat die Branche am Dienstag um 10 Uhr eine Stunde still demonstriert. Die Tragik der Corona-Krise für die Dienstleister in der Romantik-Branche wird so konkret: Zwei jetzt arbeitslose Saxophonspieler und ein Akkordeon begleiten die eindringliche Inszenierung.
15 betroffene Gewerke, wie Floristik, Trauredner oder auch Videografen, zeigen der Verwaltung und den Verantwortlichen im Land, wie dringend sie Unterstützung brauchen. "80 Prozent in der Hochzeitsbranche sind Solo-Selbstständige, meist mit wenigen Rücklagen. Unsere Saison geht von Mai bis Oktober, aber die Feiern für das ganze Jahr sind abgesagt", erklärt Hochzeitsplanerin Doreen Winking (47) aus München, die für die 50 Demonstranten spricht.
"Soforthilfe kommt für Menschen, die Zuhause arbeiten nicht infrage"
In der Corona-Krise hat sich der Bund Deutscher Hochzeitsdienstleister gegründet: Um deutlich zu machen, wie ausgeschaltet und gebeutelt der Bereich ist. Die Branche steht jetzt zusammen. Mit einer festlichen Hochzeitstafel hatte die Vereinigung zuerst in Hamburg demonstriert, am Dienstag machten die Hochzeitsdienstleister in vielen Städten auf sich aufmerksam.
"Wir brauchen einen Dialog und Geld, denn die Soforthilfe kommt für Menschen, die Zuhause arbeiten und kaum Betriebsausgaben haben nicht infrage", sagt Doreen Winking. Die Mit-Organisatorin der Demo und selbstständige Hochzeitsplanerin hatte für 2020 Aufträge für zwölf Hochzeiten. Keine davon findet statt, obwohl einige Feste schon opulent und komplett vorbereitet waren. Der Umsatz, der ihr entgangen ist, liegt im sechsstelligen Bereich, gibt sie an. Ihre Reaktion als die ersten Absagen kamen: "Zuerst war ich in Schockstarre, dann habe ich geweint. Ich habe mir mein Business über 13 Jahre sehr redlich aufgebaut und stehe jetzt unverschuldet vor einem Scherbenhaufen."
Unter dem Motto: "Stand up for love – Aufstehen für die Liebe" fordern die Münchner und bayerischen Hochzeitsdienstleister von der Politik auch eindeutige Richtlinien und konkrete Finanzhilfe. "Zum Beispiel eine Steuerbefreiung im nächsten Jahr. Denn es wird eng", sagt Winking. Für den "schönsten Tag im Leben" arbeiten besonders viele Frauen, es gibt Jobs für Kreative, auch für Mütter, die als Grafik-Designerinnen stylische Einladungen und Menükarten entwerfen. Am Marienplatz haben sie deutlich gezeigt, wie frustriert sie sind.
Brautpaaren wird Umbuchung auf nächstes Jahr empfohlen
Münchner Brautpaare, die ihr Hochzeitsfest kurzfristig absagen mussten, oder verschieben, waren teilweise "emotional am Ende", hat Doreen Winking erlebt. "Einem Paar, das am ersten Maiwochenende heiraten wollte, wurde fünf Wochen vorher der Stecker gezogen. Sie erlebten eine Achterbahnfahrt zwischen Trauer, Wut und Frustration", erzählt die Hochzeitsplanerin.
Brautpaaren empfiehlt sie ein Umbuchen auf nächstes Jahr: "Denn Hochzeiten vertragen keinen Abstand und keine Maske. Sie leben von der Nähe, von Küssen und Umarmungen. Stellen Sie sich vor, sie organisieren Ihre Hochzeit für September neu – und es geht dann wieder nicht. Das möchte ich allen ersparen."
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