München spart nicht: Hier wird Energie verpulvert

München - In den Gängen des Münchner Rathaus bleibt nur eine Lampe dunkel - und zwar die vor dem Büro der ÖDP-Fraktion. Tobias Ruff, der Chef der Öko-Partei in Bayern und im Stadtrat, drehte die Birne raus. So erzählt er es der AZ.
Im Münchner Rathaus brennt immer Licht
Er konnte die Verschwendung nicht mehr mit ansehen, sagt Ruff. Denn: "Im Münchner Rathaus brennen durchgehend die Lichter.” 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Denn einen Bewegungsmelder, damit die Beleuchtung nur anspringt, wenn jemand durch die Flure geht, gibt es nicht. Nicht einmal durch einen Schalter lasse sich in den Gängen das Licht ausmachen, sagt Ruff.

Verdeckelte Schalter und unzählige Birnen
Er ist sich sicher, dass das früher anders war. Denn in den Gängen entdeckte er verdeckelte Schalter. "Die könnte man doch wieder aufmachen", schlägt Ruff vor. Auch die Anzahl der Lampen könnte aus seiner Sicht reduziert werden. In den Sitzungssälen hängen mehrere Kronleuchter mit unzähligen Birnen und in den Gängen brennen nicht nur die Hängelampen, sondern auch noch Wandleuchten.
Nicht die einzige Energie-Sünde
Dass im Rathaus dauerhaft das Licht an ist, während der Oberbürgermeister alle anderen Münchner zum Energiesparen aufruft, ärgert den ÖDP-Chef. Und das ist nicht die einzige Energie-Sünde der Stadt, die Ruff einfällt. Er findet es auch nicht richtig, dass im Zimmer neben dem großen Sitzungssaal selbst im Winter der Kühlschrank läuft. "Erst heizt man den Saal und dann werden auch noch gekühlte Getränke gereicht”, sagt Ruff und klingt empört. "Eigentlich müsste das Rathaus die Heizung abdrehen und Tee servieren."
Die Referate sollen Energie sparen
Die Stadtspitze hat die Referate schon im Sommer aufgefordert, Energie einzusparen. Zum Beispiel gibt es in den Büros kein warmes Wasser mehr, die Räume werden bloß noch auf 19 Grad geheizt. Brunnen und historische Gebäude wie das Rathaus werden nachts nicht mehr angestrahlt.
Energiespar-Potenzial im Rathaus
Allerdings - davon ist Ruff überzeugt - könnte das Rathaus im Kleinen (etwa bei den Kühlschränken) wie im Großen viel mehr tun: Selbst die eigenen Gebäude wie das Rathaus oder das Planungsreferat an der Blumenstraße seien nicht ausreichend gedämmt. Und selbst auf städtischen Gebäuden gibt es längst nicht auf allen Dächern Solaranlagen.
Ein paar der größten Energiesünden der Stadt hat die AZ mit Tobias Ruff gesammelt. Energiesparen könnte sich für die Stadt auch finanziell lohnen. Im nächsten Jahr hat der Kämmerer 138,6 Millionen für Heizung und Strom eingeplant.
Warum auf dem Tollwood das Zelt geheizt wird
Eigentlich gehört das Tollwood-Festival zu den Lieblingsweihnachtsmärkten der Münchner. ÖDP-Chef Tobias Ruff hat allerdings ein Problem damit. Denn: Die Zelte werden beheizt - ausgerechnet auf dem Öko-Festival. Erst dieses Jahr stellte das Tollwood seine Heizung um. Luftwärmepumpen sorgen in diesem Winter dafür, dass es in den Zelten etwas kuscheliger ist als draußen. Davor wurde das Festival noch mit einer Ölheizung beheizt.

"Absurde" Zeltheizung
Auch heuer wurden die Ölheizungen als ein "Backup" aufgestellt - schließlich ist es für die Luftwärmepumpen eine Premiere. Wie viel Heizöl das Festival im Jahr verfeuert hat, verrät die Pressestelle nicht - das variiere von Jahr zu Jahr. Ruff hält die Zeltheizung für absurd. Schließlich werde kein anderer Christkindlmarkt beheizt - "und das halten die Besucher auch aus". Und wenn es schon eine Heizung sein muss, dann sollte das Festival wenigstens an die Fernwärme angeschlossen werden.
"Eigentlich sollte man aber lieber auf die Beheizung verzichten." Für die Heizung auf dem Tollwood gibt es aber laut der Pressestelle noch einen anderen Grund außer der Gemütlichkeit: Sie soll gewährleisten, dass die Zelte auch bei Schneefall noch sicher stehen.
Wo der Solar-Ausbau nicht klappt
Gerade beim Ausbau mit Photovoltaik trödelt die Stadt viel zu sehr, findet Ruff. Momentan wird nur ein Prozent des Münchner Strombedarfs durch Solarenergie gedeckt. Doch theoretisch ist das Potenzial viel größer: Die Sonnen-Energie könnte etwa 25 Prozent des Strombedarfs decken, schildert ein Mitarbeiter, der im städtischen Referat für Klimaschutz für Photovoltaik zuständig ist.
ÖDP fordert Verzehnfachung der Ziele
Die Öko-Partei ÖDP fordert deshalb: Die Stadtwerke sollen ihre Ziele zum Ausbau verzehnfachen. Beispiele, bei denen die Stadt viel schneller sein müsste, kennt Tobias Ruff einige. Zum Beispiel eröffnete im Juli die neue Bezirkssportanlage Lerchenau im Stadtteil Feldmoching-Hasenbergl. Doch die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach wurde erst Mitte Oktober in Betrieb genommen. Ruff weiß von einer Eigentümerin, auf deren Dach die Stadtwerke keine Solaranlage anschließen wollten.

Die Nachbarin, deren Dach genauso groß ist, hatte Jahre zuvor allerdings eine bekommen. "Die Stadtwerke, sagt Ruff, müssten sich viel mehr hinter den Solarausbau klemmen. Und viel hartnäckiger sein." Denn eine private Firma schloss die Anlage der Hausbesitzerin schließlich doch an.
Gibt es in München Kontrollen?
Eigentlich sollten schon ab September die Werbetafeln in deutschen Städten ab 22 Uhr ausgehen. ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff fragt sich allerdings, ob in München diese Verordnung auch jemand kontrolliert. Denn, wenn er durch die Innenstadt läuft, sieht er noch viele leuchtende Schaufenster, sagt er.
Ein Sportplatz, der immer beleuchtet ist
Auch außerhalb der Innenstadt hat er an einigen Ecken Lichter entdeckt, die ständig brennen. Zum Beispiel am Sportcampus der Technischen Universität im Olympiapark. Ein Anwohner habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass noch längst, wenn schon der letzte Sportler den Platz verlassen hat, dort grell die Lampen leuchten, erzählt Ruff. "Und zwar die ganze Nacht lang." Das Argument für die Dauerbeleuchtung der Technischen Universität: Es handle sich nicht um eine Flutlichtanlage, sondern um eine LED-Baustellenbeleuchtung für den dritten Bauabschnitt des Campus.

Ausrede oder Abschreckung?
Und diese Beleuchtung müsse, so die Pressestelle der Uni, rund um die Uhr an sein, um Diebe abzuschrecken. "Im vorherigen Bauabschnitt war viel Material und Werkzeug abhandengekommen", schreibt der Pressesprecher. Für Ruff ist das aber eine Ausrede. Schließlich könnte die Uni Bewegungsmelder installieren, sagt er.
Das Dantebad ist geschlossen
Das Dantebad, wo die Münchner sonst im Winter selbst bei Eiseskälte gerne schwammen, hat heuer zu. Und das stört ausgerechnet den ÖDPler Tobias Ruff. Denn aus seiner Sicht müsste das Dantebad gar nicht geschlossen sein - wenn die Stadtwerke eine andere Energiepolitik betreiben würden.
Wärme sinnvoll nutzen
Momentan wird das Dantebad mit Kohle und Gas beheizt. Allerdings steht nicht weit von dem Freibad ein Rechenzentrum der Münchner Stadtwerke. Die Server dort produzieren Wärme - und die könnte man nutzen, um das Dantebad warm zu halten, glaubt Ruff. Momentan kann laut den Stadtwerken nur ein Prozent des Wärmebedarfs des Bades durch die Abwärme des Rechenzentrums gedeckt werden.

Ruff bezweifelt, dass nicht mehr möglich wäre, wenn die Stadtwerke in die dafür notwendige Technik investieren würden. Auf eine entsprechende Nachfrage der AZ antworten die Stadtwerke allerdings ausweichend. Mittelfristig wollen die Stadtwerke auf eine andere Technologie setzen: auf die Geothermie. Doch auch deren Ausbau haben die Stadtwerke verschlafen, davon ist Ruff überzeugt.
Das beheizte Kunstwerk
München ist einzigartig - und deshalb gibt es hier etwas, das es sonst wohl nirgends gibt: ein beheiztes Kunstwerk. Die Skulptur "Mae West" auf dem Effnerplatz in Bogenhausen, die Ex-OB Christian Ude an einen überdimensionierten Eierbecher erinnerte, wird im Winter teilweise beheizt. So soll laut Baureferat verhindert werden, dass Eiszapfen die querende Straßenbahn oder Passanten gefährden. Angeordnet hat das die Regierung von Oberbayern ein paar Monate bevor das 52 Meter hohe Kunstwerk fertig wurde.

Energiesparende Heizdrähte
Tobias Ruff ärgert sich über diese Energieverschwendung trotzdem: "Trambahnen fahren schließlich oft unter Bäumen durch. Und die werden auch nicht beheizt. Ich halte das Argument für sehr fragwürdig." Immerhin: Für die Beheizung wird laut Baureferat ein System aus energiesparenden Heizdrähten verwendet.
Außerdem werde das System ständig optimiert und könne abhängig vom Wetter steuert werden. Der Stromaufwand hierfür betrage bisher jeweils unter 100 Euro pro Jahr. Praktisch ein Schnäppchen verglichen mit den 1,5 Millionen Euro, die das Kunstwerk kostete.