München soll eine neue Synagoge bekommen

München – Vor über zehn Jahren hat die Liberale Jüdische Gemeinde in München den New Yorker Stararchitekten Daniel Libeskind angeschrieben. Tenor: Wir haben kein Grundstück, wir haben kein Geld, aber wir möchten eine Synagoge bauen.
Libeskind, bekannt für das spektakuläre Jüdische Museum in Berlin, sprang auf die Idee an. 2005 besuchte er München und entwarf ein Haus, wie ein Kristall. "Er ließ sich von den Funken der Isar dazu inspirieren", sagt Jan Mühlstein (71), Vorsitzender der Stiftung Synagoge Beth Shalom.

Bezirksausschuss unterstützt Synagogen-Neubau
Die Realisierung einer eigenen Synagoge mit Begegnungsstätte ist jetzt ein Stück näher gerückt. Die Gemeinde Beth Shalom hat bei der Stadt einen "Antrag auf Vorbescheid" für das Gebäude eingereicht. Der Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel hat das Vorhaben bereits befürwortet. Nächste Woche diskutieren dann die Experten der Stadtgestaltungskommission über den in sich gebrochenen und verschachtelten Gebäudeentwurf.
Das Grundstück dafür, an der Reitmorstraße 41/ Im Gries, gehört noch der Stadt. Bis 2021 ist es noch mit dem Betriebs-Kindergarten der Regierung von Oberbayern in Containern belegt. Baubeginn im Lehel kann also frühestens im Jahr 2022 sein.
Ein Viertel der Fläche ist für einen öffentlichen Kindergarten unter Trägerschaft der Gemeinde reserviert, 40 Prozent für Wohnungen, die restlichen 35 Prozent sollen der Synagoge mit einem interkulturellen Begegnungsraum im ersten Stock zur Verfügung stehen: "Wir möchten endlich als Gastgeber auftreten", sagt Jan Mühlstein dazu.
Synagoge soll für Zukunftsorientierung stehen
Die fast 600 Mitglieder der Liberalen Gemeinde Beth Shalom treffen sich bislang in einem Bürogebäude in Sendling. Die Gemeinde wächst gerade durch viele junge Familien mit Kindern. Wichtig im liberalen Judentum: Hier sind die Frauen den Männern auch in der Synagoge gleichgestellt. Sie sitzen dort nicht getrennt und können sogar Rabbinerin werden.
Zur auffälligen Architektur der, nach der orthodoxen am Jakobsplatz, zweiten repräsentativen Münchner Synagoge sagt der Vorsitzende Mühlstein: "Die moderne Form zeigt unsere Orientierung an der Zukunft. Uns gefällt die offene Art der Architektur. Was uns nicht gefällt, ist dass wir alle Sicherheitsmaßnahmen umsetzen müssen." Die Liberale Jüdische Gemeinde Beth Shalom will der Stadt das 2.000-Quadratmeter-Grundstück im Lehel abkaufen. Als Obergrenze für das Projekt sind zehn Millionen Euro geplant. Die Stiftung sammelt bereits Spenden für den Bau.
Ein Beitrag zu Münchens moderner Architektur
Für den New Yorker Stararchitekten Daniel Libeskind ist das asymmetrische Haus mit den Schrägen und spitz zulaufenden Wänden die erste Synagoge, die er baut und "eine Herzensangelegenheit", wie Jan Mühlstein weiß: "Für ihn ist es ein winziges Projekt aber ich habe ihn ohne jegliche Starallüren erlebt. Er hat jede Änderung sofort umgesetzt."
Auch weil München einen Nachholbedarf habe, was moderne Architektur anbetrifft, meint Jan Mühlstein, dass die ausgefallene Optik bei vielen gut ankommen wird: "Ich denke, das wird nicht nur ein Gewinn für unsere Gemeinde, sondern ein Gewinn für die ganze Stadt."
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