München: So arbeitet die Zeugenbetreuung des Amtsgerichtes

Für viele Opfer ist der Gang zur Aussage ins Gericht mit großen Qualen verbunden. Die Zeugenbetreuung des Amtsgerichtes nimmt sich Betroffenen an und will ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben.
von  John Schneider
Ein Wohlfühlort im Gericht: Die Betreuerinnen Gabriele F. (l.) und Brigitte Fendt (r.) mit AG-Chefin Beate Ehrt in der Zeugenbetreuung.
Ein Wohlfühlort im Gericht: Die Betreuerinnen Gabriele F. (l.) und Brigitte Fendt (r.) mit AG-Chefin Beate Ehrt in der Zeugenbetreuung. © John Schneider

Für viele Gewaltopfer ist der Gang zur Aussage ins Gericht mit großen Qualen verbunden. Die Zeugenbetreuung des Amtsgerichtes nimmt sich Betroffenen an und will ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben.

München - "Opferschutz vor Täterschutz" – das ist das Credo beim größten Gericht Deutschlands, sagt die Chefin des Münchner Amtsgerichts (AG) Beate Ehrt. Eine immer wichtigere Rolle spielt dabei die Zeugenbetreuung im Strafjustizzentrum. Hier werden Opfer von Gewalttaten und Sexualdelikten beraten und wenn nötig im Prozess begleitet.

Waren es vor fünf Jahren noch insgesamt 1156 Betreuungsvorgänge, die das Amtsgericht registrierte, ist diese Zahl im Jahr 2017 auf über das Doppelte gestiegen (2348). Auch die persönliche Betreuung von Zeugen ist in dieser Zeit mehr geworden. Allein im Rahmen des NSU-Prozesses wurden im Jahr 2015 273 Zeugen (2014: 236, 2013: 258) betreut, berichtet gestern der Pressesprecher des AG, Klaus-Peter Jüngst.

Zeugen sind häuftig traumatisiert

Eine anspruchsvolle Arbeit, die Brigitte Fendt und ihre Kollegin "mit Herzblut" machen. Die betroffenen Zeugen sind oft noch traumatisiert oder fürchten eine Retraumatisierung, wenn sie vor Gericht von den Taten berichten sollen.

Die Angst vor Angeklagten und Zeugen rangiert bei den Gründen für eine Betreuung ebenfalls weit oben. Das zeigt auch das Beispiel einer Frau, die von ihrem Ehemann geschlagen und gewürgt wurde und als Zeugin aussagen sollte. Die anderthalb Stunden dauernde Wartezeit auf ihre Vernehmung verbrachte die Frau in der Zeugenbetreuungsstelle.

Doch damit war die Aufgabe der Betreuerin noch längst nicht beendet. Sie begleitete die Frau in den Gerichtssaal und setzte sich zwischen Opfer und Täter, um der Zeugin ein Gefühl der Sicherheit zu geben.

So kann man den Zeugen helfen

Dennoch brach die Frau während der zweistündigen Vernehmung mehrmals weinend zusammen. Die Sitzung musste einige Male unterbrochen werden. Während der ganzen Zeit blieb die Zeugenbetreuerin des Amtsgerichts an der Seite des Opfers. Anwältin Gabriele Schöch ist im Opferschutz besonders engagiert. Sie hält große Stücke auf die Zeugenbetreuung: "Das ist ein Riesenglücksfall." Eine wichtige Aufgabe: das Opfer zu informieren, was nach der Verurteilung passiert, ob eine neue Begegnung mit dem Täter zu befürchten ist.

Aus ihrer Erfahrung weiß Schöch, dass Opfer zwar erleichtert sind, wenn sie im Prozess nicht noch mal zur Tat aussagen müssen – da kann eine Videovernehmung der Ermittler oder das Geständnis des Täters helfen. Aber die Folgen der Tat, ihr Leiden, möchten viele dennoch schildern.

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