München: Skandalöser Fall im Rechts der Isar - Frau verblutet fast im Flur
München - Eine junge Frau bricht vor der Notaufnahme eines Krankenhauses zusammen, liegt am Boden, doch keiner kümmert sich. Die Frau wird notoperiert, hat drei Liter Blut im Bauch. Sie wäre fast gestorben. Zur Zeit liegt sie auf der Intensivstation.
Diese Szene hat sich nicht etwa in einem Kriegsgebiet oder Entwicklungsland abgespielt, sondern mitten in München, an einem Universitätsklinikum. So zumindest schildern es der Mann und die Schwägerin der Schwerkranken, die über den Vorfall so entsetzt sind, dass sie ihn öffentlich machen wollen. Von vorne: Der dramatische Fall, so wie ihn die Familie schildert, passierte am Mittwoch (10. Oktober) zwischen 9 und 10 Uhr vormittags. Jana D. (34, alle Namen von der Redaktion geändert) rief gegen 7.10 Uhr bei der Feuerwehr-Leitstelle an, sie hatte starke Bauschschmerzen. Man sagte ihr, sie solle einen niedergelassenen Arzt aufsuchen. Doch der wäre um die Zeit noch gar nicht erreichbar gewesen. Nach zehn Minuten rief Jana D. noch mal an. Nach einer weiteren halben Stunde kam die Notärztin, die die junge Frau kurz anschaute und riet, eine Tablette Ibuprofen einzunehmen.
15 Minuten später lag sie schon auf dem Boden im Klinikflur
Die Tablette half nicht. Jana D. ging zu ihrer Gynäkologin, die sie sofort ins Klinikum rechts der Isar schickte. Jana D.s Mann Simon verließ sofort seinen Arbeitsplatz, um seine Frau dorthin zu fahren. Vor der zentralen Notaufnahme konnte nicht angehalten werden, weil von hinten ein Rettungswagen folgte. Jana D. stieg aus, um die wenigen Meter zur Klinik alleine zu gehen, während ihr Mann das Auto wegfuhr.
Die Parkplatzsuche war schwierig, als Simon D. nach 15 Minuten zurückkehrt, findet er seine Frau im Klinikflur nur wenige Meter neben der Notaufnahme auf dem Boden liegen – vor Schmerzen bewegungsunfähig, kraftlos, kaltschweißig und bleich. Offenbar waren Ärzte, Pflege- und Rettungspersonal an ihr vorbeigelaufen, ohne Notiz zu nehmen.
Erst nach Anruf bei befreundetem Arzt kommt Hilfe
Jana D.s Schwägerin Karola B. , die der AZ den Vorfall schildert, ist selbst Notfallmedizinerin und kennt das Rechts der Isar. Sie sagt: "Dort laufen Visiten vorbei, es ist im Sichtbereich der Überwachungskameras. Dass jemand neben der Notaufnahme zusammenbricht und keiner reagiert, finde ich einfach nur erschreckend." Es sei ja schließlich nicht normal, dass eine bis dahin gesunde, gepflegte Frau mitten am Vormittag am Boden liegt; selbst auf der Straße würde man so jemandem doch helfen", sagt sie.
Doch damit nicht genug: Simon D. sucht nach Hilfe für seine Frau, doch alle Mitarbeiter, die er um akute Hilfe bittet, gehen einfach weiter, zum Beispiel, um eine Zigarettenpause zu machen. Selbst der Pförtner habe unwirsch reagiert. Erst als D. in seiner Verzweiflung einen befreundeten Arzt anruft, der früher im Klinikum beschäftigt war, kann der wiederum mit einem Anruf dafür sorgen, dass endlich jemand mit einem Rollstuhl kommt und die Patientin aufsammelt.
Weitere eineinhalb Stunden vergehen, bis Jana D., in die richtige Abteilung gebracht und dann wenigstens ordnungsgemäß auf eine Liege gebettet wird.

Patientin muss stundenlang notoperiert werden
Doch immerhin, die zuständigen Ärztinnen reagierten dann schnell und sachkundig, so Karola B. . Sofort wurde eine Notoperation eingeleitet, die mehrere Stunden dauert – Jana D. hatte einen gerissenen Eileiter und drei Liter Blut in der Bauchhöhle.
Jetzt liegt sie auf der Intensivstation, ihr Kreislauf ist noch immer nicht stabil. "Das war ganz haarscharf", sagt Karola D.. "Meine Schwägerin war in einem fortgeschrittenen Kreislaufschock und wäre beinahe auf dem Boden einer Münchner Klinik innerlich verblutet, ohne, dass es jemanden interessierte." Offenbar wiege man sich in der Notaufnahme eines Krankenhauses mit Maximalversorgung in falscher Sicherheit.
"Als Unfallchirurgin und Akutmedizinerin, die selbst jahrelang als Notärztin und an den Unikliniken tätig war, bin ich zutiefst beschämt und entsetzt", sagt sie. "Das sind Missstände, die einfach nicht übergangen werden können." Doch wie kann so etwas passieren und wie in Zukunft verhindert werden? Karola B. sagt: "Ich wünsche mir, dass das Personal so sensibilisiert wird, dass sie alle Sinne einsetzen und nicht nur auf die Arbeit schauen, die ihnen konkret zugeteilt wird." Leider sei dies je größer ein Haus ist, oft ein Problem. "Aber wir Ärzte", sagt sie, "wir haben ja schließlich einen Eid geleistet."
So reagiert das Klinikum auf die Vorwürfe
Das Rechts der Isar will sich auf AZ-Nachfrage nicht ausführlich zu dem Fall äußern, verweist auf die Schweigepflicht. Nur so viel: "Festhalten möchten wir, dass die Patientin sachgerecht behandelt wurde." Grundsätzlich nehme man Berichte "zu möglicherweise fehlerhaften Abläufen" sehr ernst und überprüfe "mit allen Beteiligten, welche Verbesserungsmaßnahmen gegebenenfalls erforderlich sind".
Um möglichst schnell behandelt zu werden, müssten sich Patienten, die selbstständig – also nicht mit dem Notarzt oder dem Rettungsdienst – kommen, an einer der Notaufnahmen melden. Dann würden die Patienten – durch geschultes Personal – nach verschiedenen Dringlichkeitsstufen zugeordnet, betont das Klinikum. Doch so weit ist die 34-Jährige offenbar gar nicht mehr gekommen.
Lesen Sie auch: Fünf Pfleger berichten: So hart ist unser Alltag
- Themen:
- Klinikum rechts der Isar