München: Selbsthilfe im Netz für Depressive

Experten warnen: Die Volkskrankheit Depression wird immer noch unterschätzt. Auf einer Internetseite helfen sich Betroffene selbst – indem sie offen über ihre Erfahrungen reden
von  Abendzeitung

Experten warnen: Die Volkskrankheit Depression wird immer noch unterschätzt. Auf einer Internetseite helfen sich Betroffene selbst – indem sie offen über ihre Erfahrungen reden

MÜNCHEN Vier Millionen Deutsche leiden an Depressionen, allein in München sind 70000 Menschen betroffen (AZ berichtete). Wie man ihnen helfen kann, diskutierten Experten gestern auf einem Symposium in München. Dabei ging es um Themen wie Antidepressiva, Suizidialität und die Frage, ob eine leichte Depression behandelt werden muss. Marianne Koch moderierte die Expertenrunde.

„Die Depression gehört zu den größten Volkskrankheiten und wird in ihrer Schwere immer noch unterschätzt“, sagt Ulrich Hegerl, Leiter der „Stiftung Depressionshilfe“. Nur ein Bruchteil der Betroffenen wird konsequent behandelt – ein riesiges Problem. 9000 Menschen begehen in Deutschland pro Jahr Selbstmord. „Etwa 90 Prozent davon erfolgen vor dem Hintergrund einer meist nicht optimal behandelten Depression. Der mit der Krankheit einhergehende Leidensdruck ist so groß, dass mehr Betroffene versuchen, sich das Leben zu nehmen, als bei jeder anderen Krankheit.“

Dabei kann Depressiven mit Antidepressiva und Psychotherapie geholfen werden – und auch durch das Internet. Seit 2001 können sich Betroffene und Angehörige auf Deutschlands größter Depressions-Selbsthilfeplattform informieren und austauschen (www.buendnis-depression.de). „Mir ist es nicht gut gegangen“, schildert eine Betroffene, die oft im Forum mit Betroffenen in Kontakt ist, „es war gut, dass die anderen sofort verstanden haben, wie es mir geht.“ Das Angebot ist kostenlos und wird von so genannten Moderatoren überwacht. „Wir passen sehr gut auf unsere User auf“, sagt Nico Niedermeier, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Moderator des Online-Forums. Wie groß der Drang nach Aufklärung ist, zeigen die Zahlen: Am Anfang gab es etwa 5000 Nutzer – jetzt sind es fast doppelt so viele.

Ein Hauptaugenmerk der „Stiftung Depressionshilfe“ ist das Thema Depression am Arbeitsplatz. Mit gutem Grund: Krankschreibungen nehmen zu, die Arbeitsunfähigkeit steigt. Für die Wirtschaft bedeutet das einen erheblichen Kostenfaktor. „Unser Aktionsnetz erleichtert und unterstützt betriebsinterne Programme zum Thema Depression“, sagt Hans Peter Unger, leitender Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie der Asklepios Klinik. V. Duregger

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