München - Pyeongchang: Die Favoriten im Vergleich

Am Mittwochabend kommt es zum großen Showdown: Bis 17.30 Uhr soll klar sein, wer Olympia 2018 ausrichtet. Die AZ stellt die Favoriten nochmals kurz und kompakt vor.
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Der Olympiapark stellt seine Eignung als Sportstätte seit 40 Jahren unter Beweis – auch beim Snowboarden.
sampics Der Olympiapark stellt seine Eignung als Sportstätte seit 40 Jahren unter Beweis – auch beim Snowboarden.

MÜNCHEN:

Die Sportstätten und der Weg dahin - Die Münchner Bewerbung setzt auf ein Konzept der drei Standorte: München (Eissport), Garmisch-Partenkirchen (Skisport und Biathlon) und Königssee (Bobfahren, Rodeln, Skeleton). Dabei profitiert München von bereits bestehenden und bei Großveranstaltungen erprobten Sportstätten und Anlagen wie dem Olympiapark oder der Kandahar-Abfahrt. Achtzig Prozent aller Sportler sollen ihre Wettkampforte von ihren olympischen Dörfern binnen zehn Minuten erreichen. Für die Zuschauer wird bei der Infrastruktur nachgerüstet: etwa mit dem Ausbau der Bahnverbindung nach Garmisch-Partenkirchen.

Das Geld - Insgesamt würden die Spiele 2,8 Milliarden Euro kosten. Das ist erheblich günstiger als Pyeongchang und auch als der abgeschlagene französische Konkurrent Annecy (3,6 Milliarden). Dabei stammen 1,3 Milliarden Euro für das Organisationsbudget von IOC- und Sponsorengeldern und 1,5 Milliarden von privaten Geldgebern und dem Staat. Bei der Präsentation in Lausanne haben die Münchner zudem Pluspunkte gesammelt, als sie die Finanzkraft der großen deutschen Wintersport-Sponsoren in der Industrie unterstrichen.

Tradition und Atmosphäre - Es sollen „die freundlichen Spiele“ werden. Dabei profitiert München immer noch vom Geist der Sommerspiele 1972, die trotz der Geiselnahme israelischer Sportler durch palästinensische Terroristen während der Veranstaltung als ein ganz besonderes Fest der Völkerverständigung in Erinnerung geblieben sind, mit der Stadt München als warmherzigen und weltoffenem Gastgeber. Sowohl Garmisch-Partenkirchen als auch Königssee haben im vergangenen Winter als Ausrichter von Weltmeisterschaften begeistert und damit ihre Eignung als Wettkampforte auf höchstem Niveau unter Beweis gestellt.

Umweltschutz, und was bleibt - Eine große Stärke Münchens: Das Umweltkonzept gilt als äußerst durchdacht, Eingriffe in die Natur werden geringstmöglich gehalten. Nur 1,3 Hektar Wald müssten für die Winterspiele gefällt werden. Der Großteil der Wettkampfstätten steht schon. Andere, wie etwa die beiden Multifunktionshallen, die für den Olympiapark vorgesehen sind, würden nach den Spielen Münchner Spitzenvereinen wie dem FC Bayern (Basketball) und dem EHC (Eishockey) eine Heimat bieten. Auch eine Weiterverwendung des olympischen Dorfes als Appartementkomplex ist vorgesehen.

Opposition und Olympiagegner - Genau einen Tag vor der Münchner Präsentation in Lausanne am 18. Mai gelang es den Verantwortlichen, den Zielbereich der Kandahar-Abfahrt für die Spiele zu sichern. Ein Garmischer Landwirt hatte sich bis dato geweigert, das Areal freizugeben. Ein Bürgerbegehren gegen die Spiele in Garmisch-Partenkirchen hat die Bewerbung ebenso überstanden wie den Widerstand vereinzelter politischer Gruppen und Interessensgemeinschaften: Das Projekt „Nolympia“ hat sich lange gewehrt, die Landtagsfraktion der Grünen lehnt die Winterspiele mehrheitlich bis heute ab.

Die Botschafter - Die ewig strahlende Kati Witt hat auf der ganzen Welt Sympathien (und sicher auch ein paar Stimmen gewonnen). Als olympische Goldmedaillengewinnerin im Eiskunstlauf kennt sie die Belange der Sportler genau, als Geschäftsfrau begegnet sie den sportpolitischen Größen der Welt mit Charme und Durchsetzungskraft. An ihrer Seite steht mit dem IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach ein gewiefter Funktionär und ein intimer Kenner des Verbandes. Aktuelle und ehemalige Wintersport-Superstars wie Magdalena Neuner, Georg Hackl oder Markus Wasmeier setzen sich ebenfalls für die Spiele ein.

PYEONGCHANG

Die Sportstätten und der Weg dahin - Viel hängt vom Bau der geplanten Hochgeschwindigkeits-Schienenverbindung zwischen der Hauptstadt Seoul und Pyeongchang ab. Denn im rund 240 Kilometer entfernten Seoul liegt der nächste größere Flughafen, der Anschluss ist auch auf der Straße noch ausbaubar. Ansonsten ist das Konzept recht kompakt: In den zwei Orten Pyeongchang (Alpine und Kufenwettbewerbe) und Gangneung (Eissport) finden Wettkämpfe statt. Sie liegen etwa 20 Minuten entfernt.

Das Geld - 6,7 Milliarden Euro würden sich die Südkoreaner die Winterspiele 2018 kosten lassen. Wie bei der Münchner Bewerbung beläuft sich der Anteil des Organisationsbudgets auf 1,3 Milliarden Euro, 5,4 Milliarden stammen von privaten Geldgebern. Für das IOC stellt sich nun die schwer abschätzbare Frage: Wie viel Geld lässt sich durch die Spiele und danach in einem ausbaufähigen Wintersportmarkt auf dem bevölkerungsreichsten Kontinent verdienen? In Asien wurden bisher erst zwei Winterspiele ausgetragen, 1972 in Sapporo und 1998 in Nagano – beide Male in Japan. Zudem investiert Pyeongchang nach den Niederlagen gegen Vancouver (2010) und Sotschi (2014) bereits zum dritten Mal in eine Bewerbung.

Tradition und Atmosphäre - Ein Sicherheitsrisiko bleibt: die Grenze zum verfeindeten kommunistischen Nordkorea im Norden des Landes. Wie sich die Beziehung der beiden Länder in Zukunft gestaltet, ist kaum absehbar – entsprechend auch nicht, wie sich das politische Klima auf die Olympischen Spiele auswirken könnte. Was Wintersport betrifft, hat Südkorea bisher kaum Erfahrungswerte. Großveranstaltungen haben noch keine stattgefunden. Seoul hat immerhin 1988 die Sommerspiele ausgerichtet.

Umweltschutz, und was bleibt - In Pyeongchang müssten 94 Hektar Wald den Spielen weichen. Eine sehr große Fläche, das IOC ist dementsprechend wenig begeistert. Zweifel gibt es außerdem an der Schneesicherheit der Austragungsorte, hier müsste mit ziemlicher Sicherheit und umfassend mit Kunstschnee nachgeholfen werden. Zudem ist der Bau von fünf neuen Wettkampfstätten notwendig, weitere drei würden für die Winterspiele errichtet und danach wieder abgebaut werden. Die Nachnutzung wäre zu unsicher.

Opposition und Olympiagegner - Die Zustimmungswerte in der südkoreanischen Bevölkerung erreichen laut Pyeongchangs Bewerbung geradezu surreale Höhen von über 90 Prozent vor Ort und knapp 90 Prozent landesweit. Ob diese Zahlen der Realität entsprechen, darf zumindest vorsichtig bezweifelt werden. Organisierten Widerstand gegen Olympia durch Parteien oder Interessengruppen gibt es auch nicht. Ganz Südkorea, von unbedeutenden Ausnahmen abgesehen, scheint die Winterspiele herbeizusehnen. Olympia ist eine nationale Aufgabe.

Die Botschafter - Auch Pyeongchang schmückt sich mit dem Gesicht einer Olympiasiegerin im Eiskunstlauf: Kim Yu-Na ist 2010 in Vancouver Olympiasiegerin im Einzellauf geworden. Sie steht für die Zukunft des Wintersports, für die Möglichkeiten in Asien – und eine zweifelhafte Eignung als Botschafterin der Spieler. Ihre Englischkenntnisse sollen sich vornehmlich auf Begrüßungsfloskeln beschränken. Mangels Wintersportstars ist der Auftritt der Südkoreaner von grauen Herren im Anzug wie dem korruptionsbehafteten Ex-Samsung-Manager Lee Kun Hee geprägt.

 

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