München: Prozessbeginn gegen Geldautomaten-Sprenger

Eine organisierte Gruppe sprengt wiederholt Geldautomaten im Münchner Umland in die Luft und erbeutet über eine halbe Million Euro. Bei einer Tat eskaliert der Fluchtversuch eines 28-Jährigen. Nun müssen sich sechs mutmaßliche Automaten-Sprenger vor Gericht verantworten.
von  dpa/AZ
Die Polizei untersuchte am Mittwoch den Tatort an der Spardabank in Germering.
Die Polizei untersuchte am Mittwoch den Tatort an der Spardabank in Germering. © AZ

München - Dutzende Schüsse, berstendes Glas und heulende Motoren: Es sind Szenen wie aus einem Actionfilm, die sich in der Nacht zum 17. Oktober 2018 vor einer Bankfiliale in Germering (Landkreis Fürstenfeldbruck) bei München abgespielt haben. Bei dem spektakulären Zugriff, bei dem unter anderem zwölf Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) mit einem mutmaßlichen Geldautomaten-Sprenger beteiligt waren, wurden drei Polizisten und der Tatverdächtige selbst verletzt.

Geldautomatensprenger: So lief der Einsatz ab

Ab Mittwoch muss sich der inzwischen 28-Jährige nun vor dem Landgericht I in München verantworten. Mit ihm auf der Anklagebank sitzen eine 24 Jahre alte Frau und vier Männer im Alter von 22 bis 48 Jahren.

Angeklagte sollen mehrere Geldautomaten gesprengt haben

Den sechs Angeklagten wird vorgeworfen, für eine ganze Reihe von Geldautomaten-Sprengungen in München und Umgebung sowie in Monheim am Rhein verantwortlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass mindestens sieben vollzogene oder versuchte Sprengungen im Zeitraum zwischen April und Oktober 2018 auf das Konto der Angeklagten gehen. Bei ihren Raubzügen erbeuteten sie demnach mehr als eine halbe Million Euro Bargeld, an Bankautomaten und Gebäuden sei durch die Sprengattacken ein Gesamtschaden von mehreren Hunderttausend Euro entstanden.

Die sechs Angeklagten sollen zu einer insgesamt noch deutlich größeren Gruppe von Geldautomaten-Sprengern gehört haben - gegen weitere Mitglieder der Bande laufen gesonderte Verfahren, zwei sind schon verurteilt worden. Weitere mutmaßliche Gruppenmitglieder sind noch nicht identifiziert. Die Bande soll Verbindungen in die Niederlande haben.

28-Jähriger bei spektakulärem Fluchtversuch gefasst

Ein PS-starker, gestohlener Fluchtwagen, mit Falschnamen über das Portal Airbnb gebuchte Privatunterkünfte in Tatortnähe, tagelanges Observieren von Bankfilialen - die Anklageschrift zeichnet das Bild einer aufwendigen Organisation und Planung der Sprengattacken. Für den 28-jährigen Angeklagten endete die Sprengserie schließlich an besagtem 17. Oktober 2018 mit seiner Festnahme in Germering bei dem Versuch, einen weiteren Automaten aufzusprengen.

Der 28-Jährige wollte zunächst noch mit einem über 400 PS starken, in den Niederlanden geklauten Wagen vor dem durch gesammelte Indizien auf den Plan gerufenen SEK fliehen, fand sich jedoch zwischen Polizeiautos eingekeilt. Der Mann gab Gas, um die Autos wegzuschieben. Laut Anklagesatz habe er sich mit aller Gewalt der Festnahme entziehen wollen und auch die Verletzung der Polizisten billigend in Kauf genommen.

Die Bilanz des spektakulären Fluchtversuchs: Drei der zwölf beim Einsatz beteiligten SEK-Beamten wurden verletzt, fünf der sechs Polizeifahrzeuge beschädigt. Um den 28-Jährigen zu stoppen, schossen die Beamten fast 30 Mal - der Fluchtwagen wurde durchsiebt, der mutmaßliche Geldautomaten-Sprenger selbst von zwei Kugeln im Schulterbereich getroffen. Vom Krankenhaus kam er direkt in Untersuchungshaft. Die Anklage für ihn lautet nun unter anderem auf schweren Bandendiebstahl und gefährliche Körperverletzung.

Komplizen in Starnberger Wohnung aufgegriffen

Tatkomplizen des 28-Jährigen wurden kurze Zeit später in einer im Landkreis Starnberg angemieteten Airbnb-Wohnung aufgegriffen, ein weiterer, gegen den mittlerweile anderweitig ermittelt wird, konnte zunächst zu Fuß vom Tatort fliehen.

Eine der Sprengattacken, die die Staatsanwaltschaft der Gruppe zur Last legt, ereignete sich dann noch wenige Tage nach der turbulenten Festnahme: In Starnberg scheiterte die Sprengung eines Automaten. Bis Ende Mai 2019 wurden dann schließlich alle Angeklagten - teils in den Niederlanden - festgenommen. Um nun vor Gericht im Detail zu klären, wie jeder Einzelne der sechs Angeklagten an den Sprengattacken beteiligt gewesen ist, sind bis zum 15. September zunächst 16 Verhandlungstermine angesetzt.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.