München: Prozess-Auftakt gegen syrischen Islamisten

München - Der Mann auf der Anklagebank ist nach Überzeugung der Generalstaatsanwaltschaft ein ganz harter Hund. Der 32-Jährige soll im Jahre 2011 in Syrien eine Terrorgruppe gegründet haben, die sich am Kampf gegen die syrische Regierung beteiligte. Als weite Teile ihres Aktionsgebietes unter die Kontrolle des IS fielen, habe sich der 32-Jährige der Miliz angeschlossen.
Doch beim Auftakt des Prozesses am Mittwoch kriegt die harte Schale Risse, der Angeklagte wirkt erschüttert. Das fällt auch dem Vorsitzenden Richter des OLG-Strafsenats Manfred Dauster auf. Er fragt den 32-Jährigen nach seinem Befinden, unterbricht dann die Sitzung, damit sich Zoher J. wieder fassen kann. Er bekommt ein Taschentuch gereicht, um die Tränen zu trocknen.
Arbeitete Zoher J. für den IS-Geheimdienst?
Warum er weint, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Der Angeklagte will in dem Prozess weder zur Anklage noch zu seiner Person aussagen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, dass er für den Geheimdienst der Terrormiliz Islamischer Staat gearbeitet habe. Außerdem soll der Syrer zuvor einem Al-Kaida-Ableger angehört zu haben, der sich früher Al-Nusra-Front nannte.
Zudem habe Zoher J. einem Mann einen Sprengstoffgürtel sowie eine Handfeuerwaffe übergeben, die dieser für ihn nach Aleppo transportieren sollte.
Nicht mehr Teil der Anklage ist der ursprüngliche Vorwurf der Bundesanwaltschaft, der Mann sei 2015 nach Deutschland gereist und von dort nach Griechenland gependelt, um in Flüchtlingslagern Mitglieder für Terrorzellen in Europa zu rekrutieren.
Als Verteidigerin Ricarda Lang erklärt, dass ihr Mandant nicht aussagen will, hakt der Vorsitzende Richter nach: "Wird es dabei bleiben?" Langs lakonische Antwort: "Schaun mer mal." Eine Verhandlung sei ja "ein dynamischer Prozess".
Die Beweisaufnahme beginnt
Dann schiebt sie einen Antrag hinterher. Für die Verteidigung ist demnach fraglich, ob ein deutsches Gericht in diesem Fall über einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz urteilen dürfe. Das verletzte doch die Souveränität eines fremden Staates, argumentiert die Verteidigung. Schließlich sei der angebliche Verstoß auf syrischem Boden geschehen.
Das Gericht vertagt die Entscheidung über den Antrag. Die Beweisaufnahme kann beginnen. Der Senat verliest zunächst die Fragebögen, die Zoher J. ausfüllen musste, als er im Herbst 2015 nach Deutschland einreiste und im Dezember dann Asyl beantragte. So gab der junge Syrer an, dass er seit 2007 verheiratet sei und vier Kinder habe. Via Ungarn und Österreich sei er nach Deutschland geschleust worden. Dafür habe er dem Schleuser damals 1200 Euro bezahlen müssen.
Das Münchner Oberlandesgericht hat elf weitere Verhandlungstermine bis Ende Juli angesetzt.