München: Politiker äußern sich nach Wallraff-Recherche zu Haus von Beck
München - "Gesindel", "Rotzlöffel", "Stinker": So spricht man bei einem der großen Münchner Immobilienunternehmen über Mieter. Alleinerziehende, Rentner, Behinderte sind unerwünscht. All das haben Reporter von "Team Wallraff" aufgedeckt. Und damit einmal mehr die Debatte in München angeheizt, wie man unmoralischen bis illegalen Vermieter-Praktiken Herr werden kann.
Parteiübergreifend hat der Bericht, in dem auch gezeigt wurde, wie unliebsame Mieter eingeschüchtert und unter Druck gesetzt werden, für Entsetzen gesorgt.
Zum Beispiel bei Hans Theiss, der für die CSU in München-Mitte für den Landtag kandidiert. In seinem Stimmkreis liegen mehrere betroffene Mietshäuser. "Mich widern solche Methoden der Entmietung an", sagte er der AZ. "Dokumentierte Rechtsverstöße müssen mit aller Härte bestraft werden." Wer seine Machtposition ausnutze und Menschen einschüchtere, "der darf damit nicht durchkommen".
"Das übertrifft noch mal alles, was wir am Münchner Mietmarkt kennen."
Grünen-Stadträtin und Landtagskandidatin Gülseren Demirel sagte am Mittwoch: "Das übertrifft noch mal alles, was wir am Münchner Mietmarkt kennen." Sie betonte, dass auch der Freistaat noch mehr tun müsse, etwa, in dem er die Mietpreisbremse noch einmal schärft.
Auch Linken-Stadträtin Brigitte Wolf betonte, dass die Gesetze verschärft werden müssten. "Gerade bei solchen Großvermietern muss verhindert werden, dass sie überhaupt jemanden rausschmeißen können, der seine Miete gezahlt hat", sagte sie. "Die ganze Gesetzeslage in dem Bereich muss nachgebessert werden."
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Während Münchens Kommunalpolitiker bei dem Thema traditionell mit dem Finger nach Berlin zeigen (und betonen, dass die Stadt zum Beispiel bei ihren eigenen Wohnungsbeständen inzwischen eine eigene Mietpreisbremse eingeführt hat), sieht Maximilian Heisler vom parteiunabhängigen "Bündnis für bezahlbares Wohnen" durchaus noch mehr Handlungsspielraum auch für die Stadt.
"Es gibt theoretisch eine städtische Mieterberatung, aber die sitzt in ihrem Büro und wartet, dass jemand kommt", sagte er. "Dabei kennt sie keiner. Die Stadt müsste viel aktiver raus gehen, den Leuten helfen. Man könnte auch ein Sorgentelefon einrichten."
Dass Haus von Beck jetzt negativ in die Schlagzeilen kommt, wundert Heisler nicht. Auch ihm sind seit Jahren Vorwürfe gegen das Unternehmen bekannt. "Sein Vorgehen ist ein krasser Ausreißer", sagt Heisler. "Das ist nicht sinnbildlich. Die meisten Vermieter modernisieren ihre Mieter ganz legal raus." Wie die Stadtverwaltung die Recherchen beurteilt? Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind? Wie Mieter besser geschützt werden könnten? Dazu äußerte sich die Stadt auf AZ-Nachfrage nicht. Auch eine Anfrage an "Haus von Beck" blieb unbeantwortet.
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