München: Ohne Zivis läuft hier nichts
MÜNCHEN - Die Aussetzung der Wehrpflicht würde auch das Ende des Zivildienstes bedeuten: Allein in München kümmern sich 1500 Zivis Kinder, Behinderte und Kranke. Sozialverbände fürchten ihren Wegfall.
Sie pflegen Kranke, sie kümmern sich um Kinder, sie helfen Behinderten: Allein in München sind rund 1500 Zivildienstleistende im Einsatz. Sozialverbände warnen jetzt: Ohne Zivis droht ein akuter Engpass.
Gespannt beobachten Wohlfahrtsverbände die Diskussion um die Aussetzung der Wehrpflicht. Denn das würde auch das Ende des Zivildienstes bedeuten. Personal, das einerseits billig ist und auch noch motiviert, würde schmerzlich fehlen. „Ohne Zivildienst haben wir ein Problem“, befürchtet etwa Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK).
49 Zivildienstleistende beschäftigt das Rote Kreuz in München, den Großteil davon in der Pflege. „Schon die Verkürzung war ein Schock“, so Stärk. Erst seit diesem Juli müssen nurmehr sechs statt neun Monate Dienst geleistet werden. „Im Rettungsdienst brauchen wir jetzt niemanden mehr einzusetzen.“ Denn in so kurzer Zeit kann niemand angelernt werden.
Dennoch: Einen Pflegekollaps befürchtet Stärk nicht. Kommt die Reform, setzt er darauf, genug Freiwillige zu finden: „Mit attraktiven Diensten hoffen wir, noch genug junge Menschen zu erreichen.“
Nicht nur die großen Sozialverbände haben Angst, besonders kleinere Einrichtungen würden leiden. „Das wäre der Wahnsinn“, glaubt Christian Fichtl vom ABIX, einem betreuten Abenteuerspielplatz im Hasenbergl. Würde ihr einziger Zivi wegfallen, müssten Leistungen deutlich gekürzt werden.
Ähnlich beim „Club Behinderter und ihrer Freunde“ (CBF). Ein sozialer Hilfsdienst, der in der Betreuung ausschließlich Zivis einsetzt. Der Club bietet keine normale Pflege an, „sondern sorgt für den Luxus“, wie es Elisabeth Wufka vom CBF nennt, wenn sich Selbstverständliches nicht mehr selbst erledigen lässt. Fünf Zivis begleiten körperlich Behinderte ins Kino oder gehen mit ihnen spazieren. Ganz abgesehen vom finanziellen Aspekt, fehlen würde vor allem die Unbekümmertheit der jungen Leute. „Sie bringen eine Unbeschwertheit mit, die den Patienten einfach gut tut“, meint Wufka. Und die Zivis würden selber doch auch profitieren: „Am Anfang haben die von nix eine Ahnung. Sie wachsen an der Aufgabe und entwickeln sich weiter.“
Wie es nach dem Wegfall weitergehen würde, kann sie noch nicht sagen. Festangestellte kann sich der Verein nicht leisten. Auch junge Leute, die ein freies soziales Jahr (FSJ) ableisten, sind kaum Ersatz. Anders als bei Zivis muss der Verein die Sozialversicherung bei ihnen selbst bezahlen. Beim CBF hofft man deshalb auf Freiwillige. Dann könnte der Club auch weiterhin für das kleine bisschen Luxus sorgen. Rudolf Himpsl
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