"Pauls Werk ist vollendet": Neuer Christbaum schmückt ab sofort Marienplatz
München - Es ist der vielleicht kälteste Morgen des Herbstes, als die Küstentanne aus Antdorf am Mittwoch auf dem Marienplatz nach 60 Kilometern anrollt. Knapp fünf Grad hat es. Doch allen wird es warm ums Herz. Jeder ist gespannt darauf, wie der Baum heuer vor dem Rathaus aussehen wird.
Eine prächtige Tanne ist das, mit einem leicht angespitzten Stamm, damit er in das vorgefertigte Baumloch passt. 44 Jahre alt, 23 bis 24 Meter Länge, Stammumfang 2,85 Meter, Durchmesser 81 Zentimeter. Es ist 5.45 Uhr. Die Scheinwerfer leuchten den Platz und die Fassade des Neuen Rathauses aus.
Die Männer aus Antdorf sind mächtig stolz, dass endlich einer ihrer Bäume hier stehen darf. Bekanntlich konkurrieren die Gemeinden um München darum, mal eine ihrer Tannen an Weihnachten in der Landeshauptstadt aufstellen zu dürfen. Das hat sich der Bürgermeister von Antdorf auch nicht entgehen lassen: Klaus Kostalek ist mit den etwa 15 bis 20 Antdorfern dabei, die mitanpacken: Schreiner, Baumpfleger, Feuerwehrmänner sind das, Leute, die tagtäglich mit ihren Händen schwere Arbeit leisten.
Und Kostalek, der vor Glück pausenlos lächelt, erzählt dann eine rührende Geschichte. "Schon 2007 hatte sich mein Vor-Vorgänger Paul Frech Junior dafür beworben, mal in München einen Baum aus Antdorf aufstellen zu dürfen", sagt er. Frech habe es nicht mehr erleben dürfen. "Paul ist leider mit nur 54 Jahren 2011 verstorben", sagt Kostalek.
"Es gibt Gemeinden, die warten 20 Jahre darauf, in München einen Weihnachtsbaum aufstellen zu dürfen"
Und nun sei es eben so weit. "Wir haben es geschafft, sein Werk ist vollendet", sagt der Antdorfer Bürgermeister mit spürbarer Erleichterung, als ob er eine große Schuld beglichen hätte. Kostalek steht zwar mitten auf dem Marienplatz. Doch in Gedanken ist er spürbar bei Frech, 17 Jahre nach dessen Initiative. Ob eine so lange Wartezeit nicht viel Geduld erfordert? "Das ist ganz normal", sagt Kostalek. Er kenne Gemeinden, die auch 20 Jahre und länger gewartet hätten, um in München einen Weihnachtsbaum aufzustellen.
Und heutzutage nicht ganz unwichtig: Der Antdorfer Bürgermeister versichert, dass der etwa 1980 gepflanzte Baum vom Marienplatz ohnehin hätte weichen müssen. Er wurde am 4. November gefällt. "Die Küstentanne stand mittlerweile zwischen zwei Häuserwänden", sagt er. Ein Verkehrsrisiko quasi, das Schaden hätte anrichten können, beispielsweise bei starken Winden.
Tanne steht bis zum 9. Januar vor dem Rathaus
Es ist eine komplexe Angelegenheit, die Küstentanne am Mittwoch aufzustellen, in dem dafür vorgesehenen Bodenloch vor dem Rathaus. Mehrmals hebt ein Kran den Baum vom Tieflader und setzt ihn wieder ab. Erst war er an zwei dicken Schlaufen befestigt, am Ende nur an einer, um ihn senkrecht anzuheben und zum Bodenloch schweben zu lassen. Auch hier musste der Baum mehrmals angehoben und wieder abgelassen werden. Eine Millimeterarbeit, vor allem für den Kranführer, der per Funk Anweisungen erhält. Am Ende sitzt der Baum und wird mit Keilen rundherum fixiert.
"Es fühlt sich schon weihnachtlich an, obwohl noch gar kein Schmuck und keine Lichter dran sind", sagte dann Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Bis 9. Januar wird die Tanne hier nun stehen. Am 25. November übergibt Klaus Kostalek zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes den Baum an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).
Würdigung durch OB Dieter Reiter
Er verteilte bereits großes Lob. Bei den finalen Aufstell-Arbeiten war er vor Ort. „Er ist wirklich schön, ein ausladender, beeindruckener Baum“, sagte OB Reiter und dankte seinem sichtlich stolzen Antdorfer Amtskollegen Kostalek.
„Dieser Baum wird wunderbar aussehen, wenn zur Eröffnung des Christkindlmarkts noch die 3000 Lichter an seinen Ästen erstrahlen“, so Reiter, und um ihn herum wurde zustimmend genickt. Baumgärtner fügte hinzu: „Der Christbaum ist eine echte Schönheit und ein Aushängeschild für Münchens gute Stube.“
Mal kein Christbaum zum Granteln
Auch von den Zuschauern der Christbaum-Aktion bekam die AZ tatsächlich nur Positives über die 23 Meter hohe Tanne zu hören, was ebenso erfreulich wie leicht verwunderlich ist. Schließlich ist der Christbaum vor dem Rathaus sonst eigentlich fast jedes Jahr ein Thema zum Granteln.
Fakt ist: Abschätzige Bewertungen wie „Ekel-Tanne“ oder „Kahles Etwas“ – wie Christbäume in der Vergangenheit schon mal betitelt wurden – gab es diesmal (völlig zu Recht) keine.
Einige Münchnerinnen und Münchner nutzten vielmehr die Chance, vom Christbaum ein paar Zweige für daheim zu ergattern. Unten am Stamm mussten beim Aufstellen einige Äste entfernt werden. Aus diesen werden jetzt erklärtermaßen kleine Gestecke und Adventskränze verziert. Wie sagte doch eine ältere Dame der AZ: „Ich freu mich so, von diesem besonderen Baum ein Stückerl zu Hause haben zu können.“

3000 Lichter schmücken den Baum
In den kommenden Tagen wird der Baum entsprechend geschmückt. Dabei soll wieder energiesparende LED-Beleuchtung zum Einsatz kommen – ungefähr 3000 Lichter.
Was mit der Tanne nach Ende des Markts geschieht, ist noch offen. Der Christkindlmarkt auf dem Marienplatz startet am 25. November um 17 Uhr und geht bis zum 24. Dezember.
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