München-Mythen: Irrtümer und andere Wahrheiten über die Stadt
München - Das Helle, die Brezn, der Englische Garten, die Schickeria, das Oktoberfest, der FC Bayern, die Biergärten: Dafür und für einiges anderes ist München (welt-)bekannt. Doch um die Stadt ranken sich auch viele Irrtümer und Mythen. Geschichten, die man nicht in jedem Reiseführer liest, und die vielleicht auch der ein oder andere Alteingesessene noch nicht kennt – oder eben falsch.
Autor Christoph Bausenwein hat genau darüber ein Buch geschrieben: "München – Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten". Über sein Buch sagt der gebürtige Nürnberger, der seit jeher begeisterter München-Fan ist und seit Jahrzehnten Geschichten über die bayerische Landeshauptstadt sammelt: "Einige dieser 'Storys' - teils kaum bekannt, andere besonders amüsant oder überraschend - habe ich in diesem Band zu einem kompakten und vergnüglichen Kurzportrait dieser außergewöhnlich interessanten und lebenswerten Stadt zusammengefasst."

Die AZ stellt ein paar Geschichten aus dem Buch vor, einige davon die Favoriten des Autors.
München: Hort der Abstinenzler
München ist als deutsche Hauptstadt des Bieres in aller Munde. Auch in Sachen Radler- und Russ'n-Maß spielte die Stadt eine entscheidende Rolle. Kaum bekannt hingegen ist München als Zentrum der Abstinenzler-Bewegung. Das hatte vor allem mit dem fanatischen Anti-Alkoholiker Emil Kraepelin zu tun, dem einstigen Chef der Psychiatrischen Universitätsklinik in München.
Die Maß war nicht immer ein Liter

Heutzutage kann man froh sein, wenn man im Biergarten eine Maß bestellt und noch einen Liter Bier bekommt. Das war nicht immer so: Im Jahr 1811 kam die bayerische Maßkanne. Ab da musste im gesamten Königreich Bayern eine Maß Bier exakt 1,069 Liter Inhalt fassen ("bayerische Maß"). Erst 60 Jahre später, als im Deutschen Reich auf das metrische Einheitensystem umgestellt wurde, schrumpfte die Maß auf exakt einen Liter.
Braune Randerscheinung?

Der Aufstieg des Wahl-Münchners Adolf Hitler vom Putschisten 1923 bis zum selbsternannten "Führer" 1933 war nicht "logisch". 1928 vermerkte ein humoriger Münchner Reiseführer "was nicht im Baedeker (bekannter Reiseführer, d. Red.) steht": Hitler sei "eine Saisonerscheinung" gewesen und jetzt "nur noch ein historisches Exkrement". Man solle daher unbedingt den oberen Saal des Hofbräuhauses aufsuchen, um ihn dort vielleicht noch ein letztes Mal bei einer Rede zu erleben.
Bodengedenkkultur in München

Die Dichte der Bodengedenktafeln in München ist rekordverdächtig. Einige davon sind wenig geglückt wie etwa die für den ermordeten USPD-Ministerpräsidenten Kurt Eisner auf der Kardinal-Faulhaber Straße: Passanten treten auf den Umrissen eines Ermordeten herum. Durchaus gelungen hingegen sind die in das Pflaster eingelassenen Keramikplatten auf dem Gelände der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU): Sie stellen die hier 1943 verteilten Flugblätter der "Weißen Rose" dar.
Woher kommt die Brezn?
Morgens, mittags, abends, nachts: Eine Brezn geht immer. Ein populärer Irrtum ist die Entstehungsgeschichte des beliebten Laugengebäcks. Der bayerischen Legende nach soll der Bäcker Anton Nepomuk Pfannenbrenner am 11. Februar 1839 einen folgenschweren Fehler begangen und das Gebäck statt mit Zuckerwasser mit Natronlauge glasiert haben. Das überraschend schmackhafte Ergebnis sei dann aber doch im Kaffeehaus Eilles zum Verkauf gekommen, der württembergische Gesandte Wilhelm Eugen von Ursingen habe es als Erster gekostet und sei begeistert gewesen. Doch das ist nachweislich falsch, unter anderem Eilles gibt es erst seit 1873. Wie die Brezn wirklich entstand, ist bis heute unklar.
Geschichte im Dialekt
Die Mädchen im Franz-Josef-Stift in München durften einst nur auf Französisch miteinander kommunizieren. Aber auch das Münchnerische zeichnet sich durch erstaunlich zahlreiche, dem bayerischen Klangbild anverwandelte Gallizismen aus. Schuld daran war nicht nur Napoleon: Der bayerische Hochadel hat sich schon vorher gern mit dem französischen verbandelt und wie überall sonst war die französische Sprache und Kultur auch in Bayern die zentrale Orientierungsgröße für die höheren Stände. Übrig geblieben sind zum Beispiel der Fluch "Sakradi" (sacre dieu) und der Ausdruck "Diridari"(tirer d’argent).
Staus, Tunnel und Blitzer in München

Auch das moderne München bietet seine Kuriositäten. Der Mittlere Ring gilt als eine der übelsten Staustrecken Deutschlands. Erstaunlicherweise wurden hier trotzdem Bußgeld-Rekorde wegen Geschwindigkeitsübertretungen aufgestellt: So kassierte die Polizei im Jahr 2015 allein im Petueltunnel mehr als 1,4 Millionen Euro ein.
Diese und weitere Geschichten aus und über München können Sie in "München - Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten" nachlesen. Das Buch ist am 28. Februar 2022 im Klartext Verlag erschienen.