München leitet neue Ära der Städtepartnerschaft ein

München - Oxford, Montpellier, Ascoli: Die meisten Städtepartnerschaften sind nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden – quasi als Zeichen der Aussöhnung. Mittlerweile sind die Herausforderungen aber ganz andere. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) will die Kommunen deshalb anhalten, künftig auch verstärkt Partnerschaften mit Städten aus Krisenregionen einzugehen.
Man müsse langsam „weg von der Rotweinpartnerschaft, hin zur Entwicklungspartnerschaft“, sagte Müller gestern in München. Anders als über internationale Kooperation werde zum Beispiel die Flüchtlingskrise kaum zu lösen sein, so der Bundesminister.
Auch München unterhält eine Rotweinpartnerschaft, sogar mit Bordeaux, der Rotweinstadt schlechthin. Als erste deutsche Kommune überhaupt wird sich die Stadt nun aber auch mit einer Krisenregion zusammentun, um dort Entwicklungshilfe zu leisten. Als Partner hat sich München die türkische Provinzhauptstadt Mardin ausgesucht. Mardin liegt an der Grenze zu Syrien und beherbergt bei einer offiziellen Einwohnerzahl von 140 000 aktuell fast genauso viele Flüchtlinge.
Sommerende: Die Stadt deckt die Brunnen ab
Leman Kiraz, so etwas wie die Landrätin der Großregion Mardin, war gestern in München, um die Kooperation zu besiegeln. In erschütternder Offenheit berichtete sie von den Problemen vor Ort. Sie sprach von zerstörten Stadtteilen, humanitären Notständen und der seit dem Putschversuch offenbar üblichen Gängelung der örtlichen Behörden durch die Erdogan-Regierung in Ankara.
München unterhalte bereits freundschaftliche Beziehungen zu Harare und Kiew, sagte Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Die Stadt habe also schon Erfahrung bei der Aufbauhilfe. Wie genau die Unterstützung im Fall von Mardin aussehen wird, ist indes noch offen. Es soll aber im Wesentlichen um einen Transfer von Know-how gehen.
Ärzte, Lehrer, Ingenieure – die Stadt will in der Türkei ein Ausbildungsprogramm lostreten. Die Leute vor Ort sollen so in die Lage versetzt werden, in ihrer Heimat wieder eine stabile Infrastruktur aufzubauen.
Es handle sich bei den geplanten Städtepartnerschaften indes nicht um den „besonders raffinierter Versuch, Flüchtlinge von Europa fernzuhalten“, so der Münchner Abgeordnete und Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU). München habe in der Flüchtlingskrise in vorbildlicher Weise geholfen, sagte er. Man könne aber nicht alle aufnehmen. Deswegen werde die Hilfe nun in die direkte Nachbarschaft der Fluchtländer gebracht.