München: Katharina Schulze: "Ich fordere eine Schwimmbadmilliarde" – und mehr Personal

"Jedes Kind muss schwimmen lernen", fordert Katharina Schulze von den Grünen. Doch viele Grundschüler bleiben Nichtschwimmer. Und auch Münchens Bäder leiden unter Personalmangel – mit fatalen Folgen.
Eva von Steinburg
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Grünen-Politikerin Katharina Schulze an der Kasse im Ungererbad.
Grünen-Politikerin Katharina Schulze an der Kasse im Ungererbad. © Sigi Müller

München – Im Kassenhäuschen vom Ungererbad sitzt eine schwangere Politikerin: "Hallo", sagt Katharina Schulze freundlich. "Wie alt bist du denn?" Der Badegast ist ein Mädchen, sechs Jahre alt. "Ok, dann ist der Schwimmbad-Eintritt für dich frei", freut sich die 39-jährige Grünen-Politikerin. Bis 12 Jahre planschen und schwimmen alle Kinder in München kostenlos.

Katharina Schulze, die im September ihr zweites Kind erwartet, kommt privat immer wieder aus Neuhausen mit ihrem dreijährigen Sohn bis ins Ungererbad "weil es so schön weitläufig ist und man nicht Handtuch an Handtuch liegt, wie die Sardinen", erzählt sie.

Politikerin geschockt: Viele Kinder verlassen heute die Grundschule  – als Nichtschwimmer

Zwischen Schwimmnudeln und Badekappen im Fenster arbeitet sie sich gestern fröhlich ein. "Ich liebe den Praxisbezug, um zu sehen, wo der Schuh drückt", sagt die Chefin der Grünen-Fraktion im Landtag. Eigentlich ist sie ja "mehr der Seetyp". Sie ist in Herrsching am Ammersee aufgewachsen. Früh hat sie ihr Schwimmabzeichen Seepferdchen gemacht, später den Freischwimmer in Bronze.

Es schockt die Politikerin, dass viele Kinder heute die Grundschule verlassen, ohne Schwimmen zu können. "Es steht im Lehrplan. Jeder muss Schwimmen lernen. Schwimmen ist ein Grund-Fortbewegungsmittel." Immer mehr Menschen ertrinken.

2023 gab es 63 Badetote in ganz Bayern. Der Grund: "Immer weniger Menschen können schwimmen. Das macht mir ganz große Sorgen!", sagt die Grünen-Politikerin. Die Regierung mache zu wenig, um Schwimmbäder bereitzustellen und Personal. Sie fordert die "Schwimmbadmilliarde".

In Münchens Bäder herrscht Personalmangel

Auch die Stadt solle sicherstellen, "dass sich Kinder an Wasser gewöhnen und trainieren können". Mit Bäderchefin Nicole Gargitter von den Stadtwerken (SWM) ist Katharina Schulze im Ungererbad. Gargitter kämpft mit Personalmangel: "Wir spüren im Bäderbetrieb Einschränkungen. Wenn eine Krankmeldung eintrifft, haben wir eine Prioritätenliste, was wir schließen. Meist ist das eine Sauna. Letzte Woche haben wir die kleine Halle vom Volksbad zugesperrt."

Grünen-Politikerin Katharina Schulze (r.) und Nicole Gargitter von den Stadtwerken im Ungererbad.
Grünen-Politikerin Katharina Schulze (r.) und Nicole Gargitter von den Stadtwerken im Ungererbad. © Sigi Müller

Die Stadtwerke betreiben 18 Bäder, acht davon sind Freibäder, neun Hallenbäder und das Dante-Warmfreibad. Im Pasinger Westbad ist zurzeit das Hallenbad gesperrt: Das Dach wird saniert. Das Bad Georgenschwaige wird gerade zum Naturbad umgebaut. Die Becken und Gebäude sind fertig. Die Eröffnung war 2024 geplant, aber die Rasenflächen waren nicht bereit. "Wir wollten nicht, dass die Badegäste im Acker liegen, deswegen ist 2025 Eröffnung", meint Nicole Gargitter. Sanierungskosten: 15 Millionen Euro.

Körperliche kräftige Studenten werden als Rettungsschwimmer für die Münchner Bäder gesucht

Um Rettungsschwimmer zu rekrutieren, sprechen SWM-Angestellte aktiv körperlich kräftige Studenten im Schwimmbad an. Die dafür das Deutsche Retungsschwimmer-Abzeichen in Silber machen, mit 25 Meter Tauchen. "Es gibt bei uns 520 Euro Jobs, auch Vollzeit für ein oder zwei Monate in den Ferien", wirbt Nicole Gargitter.

Musste Sie schon jemanden retten? "Leider ja", sagt Schwimmmeisterin Daniela Steinmann im Ungererbad. Sie ist schon ins Wasser gesprungen, um Nichtschwimmer aus dem tiefen Becken zu holen. Mit ihrem Beruf ist sie "sehr glücklich", seit sie 1981 im Nordbad ihre Lehre begonnen hat. "Ich mag meine Arbeit, ich mag alles. Ich lerne tolle Menschen kennen, ich plaudere viel mit den Gästen". Stammgäste, meist Kinder und Senioren, kennt sie oft beim Namen.

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48 Kommentare
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  • Bongo am 07.08.2024 20:39 Uhr / Bewertung:

    Antwort an „,Der währe ,Tscharlie:
    Ich weiß zwar nicht, wer die „Konkurrenzzeitung“ der AZ ist. Wenn diese aber gleicher Meinung ist wie ich, ehrt mich das außerordentlich! Ein Zeichen, daß es noch welche gibt, die vernünftig denken!

  • Himbeergselchts am 07.08.2024 15:58 Uhr / Bewertung:

    Ich fordere außerdem Mrd für Bildung und Betreuung, für die Familien-, Kinder- und Jugendhilfe (Jugendamt) und Nachmittagsbetreuung an Schulen. Nützt bloß nix bei Personalmangel.
    Mir hängt diese Art der Politik zum Hals heraus. Fordern, versprechen…
    Frau Schulze sollte sich dafür aussprechen, dass sich auch Politikende und Beamteninnen in Form von Sozialabgaben daran beteiligen. Die zahlen nämlich keine. All das und viel mehr noch, tragen Rentner und Angestellte.
    Sich mal ins Kassenhäuschen setzen oder in einer Kita lächeln und Geld zu fordern reicht nicht.
    Beteiligt Euch endlich.

  • Bongo am 07.08.2024 07:56 Uhr / Bewertung:

    Antwort. an Den wahren Tscharlie:
    „Die allermeisten Eltern wissen doch garnicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn ihr Kind ertrinkt“. Echt? Wir haben das bei unseren Kindern so gemacht, daß wir entsprechend aufgepaßt haben, damit es erst garnicht soweit kam und bei den Enkelkindern machen wir das wieder so. Aber heutzutage sind die Eltern meist durch das ewige Handyschauen und - spielen abgelenkt.Ist ja auch wichtiger, als die Kinder im Blick zu haben.

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