München kämpft mit Schulden: OB Dieter Reiter "unzufrieden wie nie"

Oberbürgermeister Dieter Reiter äußert ernsthafte Bedenken über den städtischen Haushalt in München, während die CSU auf bessere Planung und Zusammenarbeit drängt. Steuererhöhungen sind keine Option.
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Oberbürgermeister Dieter Reiter macht sich Sorgen um Münchens Haushalt.
Oberbürgermeister Dieter Reiter macht sich Sorgen um Münchens Haushalt. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber

München - Für die nötige Portion Serotonin vor der großen Haushaltsdebatte schenkte die SPD-Fraktion ihrer Chefin Anne Hübner "Gute-Laune-Tabletten". Keine Sorge – die SPD musste dafür keine zwielichtigen Gestalten im Bahnhofsviertel ansprechen. Der Besuch im Drogeriemarkt reichte. Aber womöglich wirken die Tabletten trotzdem. Denn Hübner startete ihre Rede mit Lob für alle Fraktionen: die gute Arbeit der CSU im Sozialbereich, das Engagement der ÖDP bei Bürgerbegehren, die Konsequenz der FDP gegen jede Art von Subventionen zu sein, die konstruktive Arbeit der Linken. Und auch zum Koalitionspartner, den Grünen, mit denen sich die SPD so gern verkracht, fiel ihr etwas Positives ein: dass man sich doch immer einig werden konnte. "Wir sind schlagkräftig und handlungsfähig."

Ihre "Gute-Laune-Tabletten" hat Hübner allerdings nicht an alle Stadträte verteilt. Auch der OB ging wahrscheinlich leer aus: "Dies ist, seit ich Oberbürgermeister bin, der Haushaltsentwurf, der mich persönlich am wenigsten zufriedenstellt", sagte Dieter Reiter (SPD). Der Haushalt, den der Kämmerer vorlegte, werde zwar einer Prüfung der Regierung von Oberbayern standhalten, versicherte Reiter. Allerdings ist es diesmal besonders knapp. Nur durch 400 Millionen, die die Stadtwerke dem Rathaus überlassen, rutscht der Haushalt nicht komplett in die roten Zahlen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter äußert Besorgnis über den Haushalt in München

Über die Einnahmen könne sich die Stadt nicht beschweren, so Reiter. Bei drei Milliarden lagen die Gewerbesteuereinnahmen. Eine Erhöhung der Gewerbe- oder der Grundsteuer schloss Reiter aus. Eine Einnahmequelle könne die Bettensteuer, eine Abgabe die Touristen auf Übernachtungen leisten. Doch dafür müsste München erst die Klage gegen den Freistaat gewinnen. Der hat die Steuer nämlich verboten. Reiters Fazit: "Wir müssen auch an die Ausgabenseite ran." In den vergangenen Jahren habe er die Stadträte gebeten, Vorschläge für Einsparungen zu machen. "Wenig überraschend kamen da entweder gar keine oder die immer gleichen, wenig zielführenden Vorschläge."

Im Rathaus in München wird um den Haushalt gerungen.
Im Rathaus in München wird um den Haushalt gerungen. © IMAGO/Westend61

Etwa von der CSU – die oft fordert, die Tram-Westtangente zu beerdigen. Dabei sei bei dieser Trasse der verkehrliche Nutzungen so hoch, dass die Stadt damit rechnen könne 90 Prozent der Kosten erstattet zu bekommen, so Reiter. Oder noch eine beliebte CSU-Forderung: beim Radverkehr kürzen. Dafür gibt die Stadt nächstes Jahr zwar das Doppelte verglichen mit 2023 aus. Allerdings sind es insgesamt trotzdem "nur" 44 Millionen. Alleine um die Tarifsteigerungen im Öffentlichen Dienst zu bezahlen, muss die Stadt 200 Millionen pro Jahr mehr bezahlen, sagte Reiter.

Steuererhöhungen ausgeschlossen: Münchens OB Dieter Reiter betont Haushaltsdisziplin

Auch neben anderen Kostenpunkten wirken die Ausgaben für Radwege wie Peanuts: Für Schulen und Kitas gibt die Stadt bis 2027 4,35 Milliarden aus. Für den Wohnungsbau sind über zwei Milliarden geplant und für den ÖPNV fast 1,4 Milliarden. Zumindest einen kleinen Sparvorschlag machte Reiter doch: "Wir müssen uns spätestens bei der Planung für den Haushalt 2025 vornehmen, so gut wie keine neuen Stellen mehr zu schaffen." Seit Beginn seiner Amtszeit seien 8000 neue Stellen geschaffen worden. Die Ausgaben für Personal seien in den vergangenen zehn Jahren um knapp eine Milliarde gestiegen, sagte Personalchef Andreas Mickisch (SPD) später. Etwa drei Milliarden Euro gibt die Stadt inzwischen jährlich für Personal aus. Und es wird mehr.

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Denn laut Mickisch hat der Stadtrat dieses Jahr 1000 neue Stellen mehr geschaffen. Gleichzeitig sind 4000 Stellen nicht besetzt. Sorgen macht sich die Opposition wegen der Schulden, die München machen wird: Auf fast neun Milliarden Euro werden sie sich bis 2027 belaufen. Alarmiert über den Haushalt zeigte sich CSU-Chef Manuel Pretzl auch deshalb, weil er einige teuere Beschlüsse, die die Koalition zuletzt traf, nicht im Haushaltsplan finden konnte. Zum Beispiel will das Rathaus die städtischen Krankenhäuser mit 400 Millionen Euro ab 2025 unterstützen, weil sie sonst pleite gehen würden.

Auch die Altenheime der Münchenstift müssten laut Pretzl für einen dreistelligen Millionen Betrag saniert werden. Doch beide Vorhaben fehlen im Mehrjahresinvestitionsprogramm. Dann richtete er sein Wort an den OB: "Wir haben in sechs gemeinsamen Jahren bewiesen, dass wir es besser können. Wir stehen für eine Zusammenarbeit bereit."

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56 Kommentare
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  • Sarah-Muc am 22.12.2023 10:38 Uhr / Bewertung:

    Wenn ich hier die Kritiker der Stadtpolitik in München lese würde ich vorschlagen, Sie machen diese Jobs mal mit Ihren Vorstellungen, was ein Kämmerer so können und entscheiden muss.
    Dann werden wie sehen, wer schneller komplett ruiniert ist : Ihr oder die derzeitige Regierung.
    Meine Meinung: Sie sind nach spätestens 2 Wochen am Ende und geben auf.

  • FRUSTI13 am 22.12.2023 23:51 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Sarah-Muc

    Kritik ist ja auch sowas von undemokratisch, sollte deshalb verboten werden!

  • BBk am 23.12.2023 13:22 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Sarah-Muc

    Aber ihre Meinung zählt nicht

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