„München ist jetzt sicherer“
Die erste bayerische Fachambulanz für Sexualstraftäter öffnet am Hauptbahnhof Die Perspektive für die Einrichtung scheint gut: Denn die Erfahrungen, die das Stuttgarter Pilotprojekt seit zehn Jahren macht, sind ermutigend.
MÜNCHEN Das Schicksal des kleinen Peter (†9), der im Februar 2005 in München von dem einschlägig vorbestraften Martin P. (29) missbraucht und ermordet wurde, stand Pate für die Einrichtung der ersten Fachambulanz für Sexualstraftäter auf bayerischem Boden, die am Mittwoch am Münchner Hauptbahnhof eröffnet wurde.
Für Justizministerin Beate Merk war der Fall Peter zusätzliche Motivation, um „gefährliche Lücken“ bei der Verhinderung von Sexualstraftaten zu schließen. HEADS, die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Polizei und Bewährungshilfe bei der Überwachung von entlassenen Sexualstraftätern war die eine Seite der Medaille. Doch auch die Lücke bei den Therapiemöglichkeiten musste geschlossen werden. Entlassenen Sexualstraftätern wie Martin P., ob zur Therapie bereit oder nicht, gelang es oft nicht, überhaupt einen Therapieplatz zu bekommen.
Bis zu 70 Sexualstraftäter können behandelt werden
Mit der Reform des Führungsaufsichtsgesetz im Jahre 2007 war die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung der Fachambulanz gegeben. Bis zu 70 aus der Haft entlassene Sexualstraftäter können nun am Hauptbahnhof von den Therapeuten Markus Feil und Julia Bullwein ambulant behandelt werden. „Das bedeutet für München ein Stück mehr Sicherheit“, sagte die Ministerin gestern.
Und stellte 300000 Euro pro Jahr für die Münchner Ambulanz zur Verfügung. Als Partner gewann das Ministerium das Evangelische Hilfswerk, als Leiter der Ambulanz den Hamburger Psychotherapeuten Markus Feil. Beide, Mission und Therapeut, haben große Erfahrung im Umgang mit Straftätern.
Die Perspektive scheint gut: Die Erfahrungen, die das Stuttgarter Pilotprojekt seit zehn Jahren macht, sind ermutigend. Ambulanz-Leiter Markus Feil: „Nur ein Prozent der in Stuttgart betreuten Straftäter ist rückfällig geworden.“ Sozialtherapeutisch behandelte Täter weisen zudem ein um ein Drittel geringeres Rückfallrisiko auf, weiß auch die Ministerin.
Scheu vor Sexualstraftätern
Doch niedergelassene Therapeuten haben immer noch große Scheu vor Sexualstraftätern. Zum einen ist da die Angst, sich den Ruf zu ruinieren, zum anderen stößt vielen Ärzten auch auf, dass sie im Umgang mit den Behörden ihre Schweigepflicht lockern müssen. In der Fachambulanz wird zu diesem Zweck ein Behandlungsvertrag geschlossen. Darin ist genau geregelt, welche Informationen weitergegeben werden. So wird der grobe Verlauf der Therapie skizziert, um der Polizei zu signalisieren, inwieweit noch eine Gefahr von dem Patienten ausgeht.
Für Beate Merk hat die Zukunft aber gerade erst begonnen. Mit zwei Ambulanzen in Nürnberg und Nordbayern will sie eine flächendeckende Versorgung in Bayern erreichen. Außerdem sollen sich entlassene Straftäter nicht nur beim Therapeuten vorstellen, sondern unter Androhung von Strafe auch therapieren lassen müssen.
John Schneider
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