München ist bis zu 8 Grad wärmer als das Umland!

Warum es in München bis zu acht Grad wärmer ist als im Umland – und was man dagegen tun könnte. Wenn man wollte  
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Kühl-Faktor Englischer Garten: Hier am Kleinhesseloher See ist es einen Tick weniger heiß als im nahen Schwabing.
Tobias Hase, dpa 2 Kühl-Faktor Englischer Garten: Hier am Kleinhesseloher See ist es einen Tick weniger heiß als im nahen Schwabing.
Kühl-Faktor Brunnen: Ein Mädchen spielt am Stachus. Das Wasser hilft im Kleinen bei der Temperaturregulierung.
Victoria Bonn-Meuser, dpa 2 Kühl-Faktor Brunnen: Ein Mädchen spielt am Stachus. Das Wasser hilft im Kleinen bei der Temperaturregulierung.

Warum es in München bis zu acht Grad wärmer ist als im Umland – und was man dagegen tun könnte. Wenn man wollte

 

MÜNCHEN Man spürt das Phänomen, sobald man die Stadt München betritt oder verlässt: In der Innenstadt ist es immer ein paar Grad wärmer als im Umland. Bis zu acht Grad Temperaturunterschied verzeichnete München in diesem Jahr im Vergleich zum Flughafen im Erdinger Moos (Tabelle). Und der Klimawandel wird diesen Effekt noch verstärken.

„Man hat viele Faktoren, die zur Erwärmung in den Innenstädten beitragen“, erklärt Martin Glöckner, Geschäftsführer GreenCity e.V.. Die dichte Bebauung in Städten bremst Winde mit Frischluft, Straßen und Betongebäude speichern Wärme. Dazu kommt die Luftverschmutzung und Hitzeerzeugung durch Autos. Ein weiteres Problem ist die Versiegelung, also das Zubetonieren von Grün- und Wasserflächen.

Das hat unangenehme Konsequenzen: Windstille, schlechte Luftqualität – und unerträgliche Hitze. „Vor allem in der Nacht ist es in der Stadt viel wärmer, weil durch die städtische Bauweise die Hitze schlecht entweichen kann“, sagt Glöckner. Die aufgeheizten Gebäude geben selbst nachts noch Wärme ab, die Stadt kühlt nur schwer ab. Das belegen auch die Daten des Deutschen Wetterdienstes: Selbst im Winter ist es in der Stadt immer ein paar Grad wärmer als am Flughafen, in der Spitze bis zu acht Grad.

Im Zuge des Klimawandels drohen sich diese Probleme noch zu verschärfen. Von zwei bis drei Grad mehr Durchschnittstemperatur bis Ende dieses Jahrhunderts geht die UN aus. Mit jedem Grad vervielfacht sich die Anzahl der Hitzetage und Tropennächte. Jahrhundertsommer wie 2003 könnten ab 2050 zur Normalität werden, warnen Forscher.

München braucht also Abkühlung. Wie, dafür gibt es viele Möglichkeiten: Gebäude besser isolieren, damit sie weniger Wärme abgeben, mehr Grün- und Wasserflächen anlegen, um die Hitze aufzunehmen. Der Effekt davon sei sofort zu spüren: „Wenn im Englischen Garten ein Fluss unter einem Baum durchfließt, merkt man sofort, dass es dort deutlich kühler ist“, sagt Glöckner. Aber auch ein Stadtbrunnen kann helfen, zumindest im Kleinen für etwas Frische zu sorgen. Eine weitere Option ist, die Hitze erst gar nicht in die Stadt zu lassen, das heißt helle Oberflächen zu verwenden, die die Sonnenstrahlen sofort reflektieren. „Helle Dächer, helle Straßen, helle Bürgersteige“, so Glöckner wären auch in München ein guter Weg.

Weiteres Problem: Die Städte sind schon da. Um optimale Durchlüftung und Begrünung zu erreichen, müsste eigentlich großflächig abgerissen werden. In China ist das Standard: Da werden mittlerweile bei der Reißbrett-Planung von Städten oder bei großen Umbauten wie für Olympia 2008 zum Beispiel Straßen extra nach der Windrichtung angelegt, um Lüftungskanäle zu schaffen. Da das in Europa nicht geht, muss im Kleinen vorgegangen werden.

Doch anders als in Wien und Dresden steht in München Stadterwärmung nicht auf der Agenda. In den 1980er Jahren war das Stadtklima noch ein Thema. Aus dieser Zeit stammt die Messestadt Riem, deren Park explizit so angelegt wurde, dass die Ostwinde in die Stadt hineingelassen werden. Seitdem ist jedoch nicht mehr viel passiert – im Gegenteil.

Durch die Wohnungsnot muss in München immer höher gebaut werden. „Damit wird es schwieriger, den Wind auch in die entlegensten Ecken der Innenstadt zu lenken“, so Glöckner. Auch die immer weniger werdenden Grünflächen betrachtet er mit Sorge. Aber in Zeiten steigender Mietpreise setzt die Stadt halt auf Wohnung statt Park.

Und selbst dort, wo neue Parks angelegt werden, sind diese nicht immer optimal: So gibt es etwa im Arnulfpark nur sehr wenige Bäume, aber gerade die sind wichtig, um Feuchtigkeit und Wärme aufzunehmen.

Das Dilemma wird nur schwer zu lösen sein. Glöckner plädiert dafür, den Zuwachs Münchens zu begrenzen: „Aber mit dieser Idee haben wir uns bei vielen unbeliebt gemacht.“

 

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