München-Inzidenz weiter unter 50: Wann kommen Lockerungen?

Seit über einer Woche liegt die Corona-Inzidenz in München unter 50, Lockerungen wird es vorerst aber trotzdem nicht geben. Ein neuer Grenzwert ist bei den Corona-Maßnahmen nun entscheidend.
Michael Schleicher, Lukas Schauer |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
39  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Recht leer: Der Marienplatz Anfang Januar. Mittlerweile ist die Inzidenz in München stark gesunken, befindet sich sogar unter 50.
Recht leer: Der Marienplatz Anfang Januar. Mittlerweile ist die Inzidenz in München stark gesunken, befindet sich sogar unter 50. © Peter Kneffel/dpa

München - Am vergangenen Donnerstag war es endlich soweit: Nachdem die Sieben-Tages-Inzidenz in München kurz vor Weihnachten sogar einmal über 300 lag, ist sie am 4. Februar nach Wochen erstmals wieder unter 50 gesunken.

Auf 48 um genau zu sein – eine Zahl, die vielen Münchner Hoffnung gemacht haben dürfte. Denn über Monate hinweg wurde die 50er-Inzidenz als Schwellenwert deklariert, mit dem die Kontaktnachverfolgung erleichtert und dadurch möglicherweise Lockerungen einhergehen könnten.

Doch die Stadt wiegelte ab und erklärte: Die Inzidenz muss mindestens eine Woche am Stück unter 50 liegen, um überhaupt erst über mögliche Lockerungen sprechen zu können. Das gab vergangene Woche auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zu verstehen: Er freue sich zwar und hoffe, dass die Fallzahlen weiterhin sinken, aber man müsse erst die kommenden sieben Tage abwarten, sagte er.

Lesen Sie auch

Corona-Inzidenz: München seit über einer Woche unter 50

Diese sieben Tage sind mittlerweile vergangen, die Inzidenz in München blieb diese gesamte Woche unter 50. Die AZ hatte am vergangenen Mittwoch deshalb bei der Stadt nachgefragt: Sind bereits Lockerungen geplant, wenn die Inzidenz weiterhin unter 50 bleibt? Die Verwaltung hielt sich bedeckt, verwies auf die Beschlüsse der Ministerpräsident-Konferenz, die am Mittwoch stattgefunden hatte. Zudem könne über Lockerungen nur in Abstimmung mit dem Freistaat entschieden werden.

Nach der Bund-Länder-Konferenz stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dann klar, dass die Lockerungs-Werte neu gezogen werden. Künftig könne man erst ab einer dauerhaften Inzidenz von 35 oder darunter über Lockerungen im jeweiligen Kreis nachdenken. Gleiches bekräftigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Tag später in München nach der Kabinettssitzung.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lockerungen in München sind also vorerst vom Tisch, doch wie lange noch? Denn die Münchner - oder zumindest der Großteil - scheint die Corona-Regeln zu befolgen, die Inzidenz sinkt seit Tagen Stück für Stück ab. Dem Robert Koch-Institut zufolge liegt sie derzeit bei 42,4 (Stand: 12.02., 0 Uhr). Viel zur neu auserkorenen "Lockerungs-Inzidenz" 35 fehlt also nicht mehr.

Stadt: "Rechtsverbindliche Regelungen erst nach Landtagsdebatte"

Am Freitag teilte die Stadt auf AZ-Nachfrage mit, dass sich die Lage nicht verändert habe. "Nach der heutigen Landtagsbefassung wird die Staatsregierung  die Beschlüsse in eine neue Fassung ihrer Infektionsschutzmaßnahmenverordnung überführen. Dort wird dann rechtsverbindlich geregelt, welche Maßnahmen gelten und unter welchen Voraussetzungen ggf. Lockerungen möglich sind", so das Presseamt. Heißt: Es bleibt erst einmal alles so, wie es ist.

"Sofern der Münchner Inzidenzwert weiterhin unter 100 liegt, wird nach den Ankündigungen der Staatsregierung in München ab kommenden Montag die nächtliche Ausgangssperre entfallen", so der Sprecher weiter. Die Regelungen für Schulen und Kitas gelten ab dem 22. Februar ebenfalls in München, ebenso wie die Friseur-Öffnungen ab 1. März.

Lockerungen: Münchner Virologe plädiert für 25er-Inzidenz

Übrigens: Der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner, der in Schwabing die ersten Corona-Fälle behandelte, favorisiert als Voraussetzung für weitere Öffnungen eine Sieben-Tages-Inzidenz von 25. Vor Lockerungen im größeren Stil müssten die Zahlen weiter sinken, sagte der Chefarzt der Klinik für Infektiologie in Schwabing der Deutschen Presse-Agentur. Doch neben der Inzidenz sei es auch notwendig, auf weitere Werte zu schauen, besonders den Reproduktions-Wert, also die Zahl der Neuansteckungen pro Infizierten.

Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing.
Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing. © -/München Klinik/dpa/Archivbild

Die nun angestrebte Inzidenz von 35 sei aus seiner Sicht "sehr akzeptabel", jedoch kombiniert mit einem Reproduktions-Wert von höchstens 0,7 – "besser wäre kleiner". Das könne reichen, um vor einer großen dritten Welle zu schützen.

Inzidenz: Wird der Wert nochmals nach unten korrigiert?

Möglicherweise könnte Wendtners Vorschlag nach einer noch niedrigeren Inzidenz sogar bald umgesetzt werden. Auf die Frage, ob aus der 35 bald eine 20 werden könnte, verwies Merkel nach der Bund-Länder-Konferenz auf Paragraph 28a des Infektionsschutzgesetzes, in dem sowohl die 50 und auch die 35 als Grenzwerte genannt werden. "Beide Zahlen dürfen nicht das Ende der Fahnenstange sein", so die Kanzlerin.

Und weiter: "Wir dürfen uns auf gar keinen Fall mit irgendeiner Seitwärtsbewegung dann bei 35 zufriedengeben, weil dann die Umkehr, dass bei weiteren Öffnungen sofort wieder exponentielles Wachstum beginnt, sehr wahrscheinlich sein kann."

Es wird deutlich: Die Lockerungs-Debatte in Bezug auf konkrete Inzidenz-Zahlen scheint noch lange nicht beendet zu sein.

Lade TED
 
Umfrage wird geladen, bitte warten...
 
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
39 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • am 15.02.2021 01:15 Uhr / Bewertung:

    Mal rein Theoretisch, wenn jeder Landrat und jeder Bürgermeister von Anfang an bei den Corona-Zahlen gelogen hat, was soll dann ein Grenzwert. Die Kanzlerin, Dorsten, Söder und die anderen Länder-Chefs wissen das, können nichts machen, die Kommunen sind allein zuständig. Deutschland hat so niedrige Werte. Mal rein Theoretisch.
    Praktisch sind die Grenzen wieder Zu, genau wie im März 2020, der Flug-Verkehr wird eingestellt, genau wie im März 2020, die Betriebe machen zu, genau wie im März 2020.
    Anders als im März 2020 sind nur die Erklärungen und Begründungen: Mutationen in Tirol, kein Material mehr von Tschechischen Zuliefer-Betrieben, Flugreisen in Mutanten-Gebiete.
    Anders als im März 2020 ist auch die Stimmung: Die Wirtschaft jammert, die Wirte geben auf, die Supermärkte erhöhen die Preise, die Fahrgäste frieren bei offenen Fenstern und Minus-Temperaturen in Bus und Tram.
    Fragwürdig was sich bessern soll: Der Grenzwert? - Welcher Grenzwert? Die SchmerzGrenze ist überschritten. Lang!

  • Max Merkel am 13.02.2021 14:55 Uhr / Bewertung:

    Gar nicht, die öffnen trotzdem nicht. Die wollen nicht zugeben daß wir mit einem bestimmten Wert "LEBEN MÜSSEN". Die Öffnungen werden recht kurz sein und wenn der Wert wieder steigt wird wieder geschlossen. Im Oktober machen sie dann wieder komplett dicht denn den Fehler von letztem Jahr machen die kein zweites Mal.

  • Ludwig III am 12.02.2021 19:59 Uhr / Bewertung:

    Ihr könnt brav auf "Lockerungen" warten. Oder aufstehen und eure Freiheit einfordern. Wer hat noch was zu verlieren?

    Mit einem "Ethikrat", der sich am Zügel führen lässt, kommen wir jedenfalls nicht weiter.

    Oh ja, richtig. Wir gefährden ja die schmerzvoll (aber nicht zielgerichtet) erreichte "Inzidenz". Die müssen wir jetzt bewahren, wie das gute Porzellan im Wohnzimmerschrank.
    Hilft bloß nicht, wenn wir trotzdem noch leben wollen. Einmal ist jede Reserve aufgebraucht und muss wieder erwirtschaftet werden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.