"München in Sicht“ – Mit 100 Minuten Verspätung

Streiks im Doppelpack: Zusätzlich zu den Warnstreiks bei der Bahn mussten Pendler in Bayern am Dienstagmorgen auch noch auf Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen warten.
von  Abendzeitung
Helfer geben am Hauptbahnhof heiße Getränke aus
Helfer geben am Hauptbahnhof heiße Getränke aus © Daniel von Loeper

MÜNCHEN - Streiks im Doppelpack: Zusätzlich zu den Warnstreiks bei der Bahn mussten Pendler in Bayern am Dienstagmorgen auch noch auf Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen warten.

Nur mit einem Verkehrsmittel konnten Pendler in den bayerischen Großstädten am Dienstag mit Sicherheit pünktlich zur Arbeit kommen: Mit dem Fahrrad. Hunderte Züge, Regionalbahnen, U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen in Nürnberg, München oder Augsburg kamen zu spät oder fielen ganz aus. Bayern traf es damit besonders hart: Zusätzlich zu den Warnstreiks bei der Bahn setzten nach längerer Pause auch wieder Streiks im kommunalen Nahverkehr ein. Auch das Auto war keine Alternative: Rund um die Städte kam es zu kilometerlangen Staus.

Schlangen vor dem Auskunftschalter, verärgerte Pendler und Trauben ratloser Fahrgäste vor den Anzeigetafeln: Besonders am Nürnberger Hauptbahnhof sorgte der Bahnstreik zeitweise für ein Chaos. Fernreisende in Richtung Frankfurt, Hamburg und Berlin wurden auf eine harte Geduldsprobe gestellt: So hatte der ICE nach München am Morgen 90 Minuten Verspätung, der ICE nach Basel über Stuttgart 70 Minuten.

Zu denen, die immer wieder ratlose Blicke auf die große Anzeigetafel werfen, gehörte auch die Slowakin Renate Frantova. Über Wien wollte die Enddreißigerin nach einer Geschäftsreise am Dienstag früh die Heimfahrt antreten. „Ich habe keine Ahnung, wann mein Zug nach Wien eintrifft. Erst war von 30 Minuten Verspätung die Rede. Jetzt wird es immer später“, erzählt sie. Für sei sei der Streik besonders ärgerlich, weil sie bis in ihre Heimatstadt in der Slowakei fünfmal umsteigen müsse. „Mein ganzer Fahrplan ist jetzt durcheinandergeraten“, ärgert sie sich. Die Bahn bemüht sich darum, die Wartenden bei Laune zu halten und schenkt kostenlos Kaffee und Tee aus.

Hart getroffen hat der Bahnstreik auch den aus Schwaben stammenden Klaus Egermann. Für seine Bahnfahrt von Schwabmünchen bei Augsburg nach Nürnberg war der Fahrgast am Dienstagmorgen mehr als drei Stunden unterwegs. „Normalweise brauche ich für die Strecke die Hälfte der Zeit“, berichtet er. Ähnlich ging es vielen Pendlern und Schülern. Viele erreichten daher erst mit großer Verspätung ihren Arbeitsplatz oder ihre Berufsschule.

Im Zug von Ingolstadt nach München griffen viele Menschen zu ihrem Handy, um Arbeitgeber und Kollegen Bescheid zu sagen, dass sie zu spät kommen. Der ICE sollte eigentlich um 6.28 Uhr vom Hauptbahnhof Ingolstadt abfahren. Um 8.00 Uhr konnte der Schaffner noch immer keine Auskunft geben, wann der Zug denn nun abfährt. „In München- Allach wird gestreikt, wir hoffen, dass wir wenigstens bis 9.00 Uhr dort sind“, vertröstet er die Fahrgäste auf dem Bahnsteig.

Um 8.05 Uhr kommt dann endlich die ersehnte Durchsage: „Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten können wir abfahren nach München.“ Viele Fahrgäste seufzen erleichtert. Die Menschen, die noch auf dem Bahnsteig auf weitere Informationen gewartet haben, beeilen sich, in den Zug zu steigen. Immer voller wird es auf den Gängen und zwischen den Abteilen. Der Schaffner ermahnt die Passagiere über Lautsprecher: „Jeder, der eine Fahrkarte hat, darf mitfahren, aber bei doppelter Auslastung haben wir ein Problem, dann fährt der Zug auch nicht!“ Um 8.40 Uhr schallt schließlich durch den Lautsprecher: „Meine Damen und Herren, München in Sicht.“ – Mit 100 Minuten Verspätung.

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