München im NFL-Fieber: Mega-Ansturm auf das American-Football-Spektakel

München - Seit über zwei Stunden warten Jenny, Daniel und viele andere geduldig in der Mega-Schlange, die sich nur schrittchenweise durch die Residenzstraße zum Odeonsplatz bewegt. Dort steht das Objekt der Begierde: Ein Container, umfunktioniert in einen Shop der National Football League – mit allerlei, was das NFL-Fan-Herz so begehrt: vom Hoodie für schlappe 80 Euro bis zur Popcorn-Schale in Helmform für 65 Euro.
"Ich brauch unbedingt ein Shirt mit Tom Brady", sagt Jenny (34), und sogleich stimmen alle acht Freunde lautstark den Schlachtruf der Tampa Bay Buccaneers um Star-Quarterback Tom Brady an: "Go Bucs! Go Bucs!"
NFL in München: Fans sind in Feierlaune
Vor und hinter der Clique: unzählige Anhänger anderer Teams, die das nicht stört, sondern vielmehr amüsiert. Jung und Alt, ausstaffiert mit New York Giants-Caps, Chicago Bears-Schals oder Dallas Cowboys-Trikots: Sie alle sind in Feierlaune, eine große Football-Familie.
"Wir sind überglücklich, dass erstmals in der NFL-Geschichte ein offizielles Liga-Spiel hierzulande und obendrein in München stattfindet", sagt Max (20) – und spricht damit fraglos für die Massen, die sich vor dem Spiel der Buccaneers gegen die Seahawks rund um den Odeonsplatz zusammengefunden haben.
Dort stehen am Samstag 32 überdimensionale Football-Helme, für jedes NFL-Team einer und einer für den Austragungsort München. Nicht nur für Max, der selbst bei den Ingolstadt Dukes aktiv ist, ein Muss, sich fotografieren zu lassen: "Natürlich im Seahawks-Helm. Es gibt keine bessere Mannschaft!"

Das sieht Kevin (23) ebenso – und ist mit seinem besten Freund Marcel (26), einem großen Bucs-Fan, aus Esslingen angereist: "Dass es beim Football, ganz anders als beim Fußball nicht Freund und Feind gibt, ist ein Grund, der diesen Sport so toll macht."

Fotos mit Tom Brady – leider nur aus Pappe
Die zwei Freunde lassen sich vor den XXL-Logos ihrer Teams fotografieren, andere wollen ein Bild mit Tom Brady, leider nur aus Pappe. Den Namen des umjubelten Mega-Stars sieht man am Wochenende auf unzähligen Trikots in der Innenstadt, die von einer Euphoriewelle geradezu überschwappt wird: friedlich, fröhlich und mit erstaunlicher Geduld aufseiten der Football-Fans von nah und fern.
Schließlich gilt es so gut wie überall, erstmal zu warten. Auch vor den meisten Gasthäusern gibt es an diesem Samstag oft Schlangen. Im Augustiner Klosterwirt feiern die Anhänger der Kansas City Chiefs, im Steirer am Markt die der Carolina Panthers, obwohl beide Teams in München gar nicht spielten. "Wir lieben Football, deshalb sind wir hier", so die lapidare Antwort von Panthers-Fan Steve (67).
Hofbräuhaus und Augustiner Stammhaus: Hier geht es hoch her
Von so gut wie allen Mannschaften sind Fans nach München gereist. Gefühlt gab’s selbst zu besten Wiesn-Zeiten nie mehr Gäste aus den USA.
Besonders hoch her geht es am Wochenende im Hofbräuhaus und im Augustiner Stammhaus. Hier ist jeweils die Fan-Base der Buccaneers und der Seahawks, die Mannschaften des NFL-Kracherspiels am Sonntag.

Die Männer des Ballast-Orchesters, die in Lederhosen in der Hofbräuhaus-Schwemme aufspielten, haben plötzlich die Original-Bucs-Cheerleader zu begleiten. Haley, Jessie und die anderen American Beauties sorgen mit ihren Pompons für Stimmung.
Hofbräuhaus-Wirt Wolfgang Sperger ist von der "familiären und freundschaftlichen Atmosphäre" in seinem Haus begeistert – wie auch Kollege Thomas Vollmer: "Das Augustiner Stammhaus wurde jetzt zum Seahawks Haus."
In diesem sieht man am Samstag vor allem Grün: die Farbe der Seahawks, die mit "Supa Sam" sogar ihren Stadion-DJ mitgebracht haben. Auch einige Spieler schauen vorbei und schreiben Autogramme.
"Football, das ist einfach ein Riesenspaß!"
Draußen auf der Neuhauser Straße ist es zwischendurch deshalb derart voll, dass die Polizei dafür sorgen muss, die Fußgängerströme und Fan-Warteschlangen zu steuern.
Andere Seahawks-Anhänger sind da noch auf Touristenpfaden unterwegs, allen voran Paradiesvogel "Captain Seahawk". Der amerikanische Pilot verpasst kein Spiel seiner Lieblingsmannschaft und genießt die Stadtführung, die Münchner Fans für ihre US-Kollegen organisiert haben.

Immer wieder lässt der Captain ein lautes "Sea!" ertönen, und die kunterbunte Reisegruppe antwortet mit "Hawks!".
Das animiert auf der Tour auch immer wieder Passanten miteinzustimmen. Wie sagte doch Bucs-Fan Marcel: "Football, das ist einfach ein Riesenspaß!"