München: Hier sind Mieter vor Immobilienhaien sicher

Fünf Euro pro Quadratmeter? Das gibt's noch: Um Immobilienhaie abzuschrecken, hat der Münchner Stadtrat 17 Bereiche innerhalb des Mittleren Rings zu Milieu-Schutzgebieten erklärt. Wo genau sind die? Und was ist da erlaubt und verboten?
München - So ein Fleckerl München hätte jeder gern: Eine Wohnung an der Hohenzollernstraße im Herzen von Schwabing, im Schlachthofviertel oder am Gärtnerplatz. Noch dazu in einem Altbau, idealerweise unsaniert, mit einem 30 Jahre alten Schnäppchen-Mietvertrag. Ein Traum. Viele ältere Münchner leben ihn noch. Weil sie Jahrzehnte in ihrer Wohnung im Viertel geblieben sind, Renovierungen abgelehnt und das Glück haben, keine Staffelmieten im alten Vertrag stehen zu haben. Statt bis zu 15 Euro (wie viele ihrer direkten Nachbarn, die erst in den letzten Jahren eingezogen sind) zahlen sie noch fünf oder sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Eine goldene Nase verdienen sich die Hauseigentümer da nicht – und setzen dann gern auf: Verkauf.
Aber: So einfach ist das gar nicht. Um Immobilienhaie und Spekulanten abzuschrecken, die die Gemäuer günstig ankaufen und Mieter rausekeln, um dann luxussaniert teuer wieder zu verkaufen, hat die Stadt für 17 Bereiche innerhalb des Mittleren Rings Erhaltungssatzungen erlassen. Die deklarieren die Bereiche quasi zu „Milieu-Schutzgebieten“ – und sollen angestammte Mieter vor Luxussanierungen und Vertreibungen schützen, damit die typisch münchnerische Mischung aus Alten, Jungen, Singles, Familien, Armen und Reichen langfristig erhalten bleibt. Haidhausen-Mitte etwa ist Erhaltungssatzungsgebiet, große Teile des Gärtnerplatzviertels, der Pündterplatz und das St. Benno-Viertel in der Maxvorstadt. Insgesamt 193.000 Münchner leben in diesen Schutzgebieten, das sind etwa zwölf Prozent der Stadtbewohner – und über ein Drittel der Münchner, die innerhalb des Mittleren Rings wohnen.
Wie funktioniert eine Erhaltungssatzung?
„Es gibt drei Punkte, die die Schutzgebiete von normalen Wohngebieten unterscheiden“, erklärt SPD-Stadträtin und Miet-Expertin Beatrix Zurek.
1. Luxussanierungen sind verboten
Wer in Erhaltungssatzungs-Gebieten umbauen oder sanieren will, braucht eine Genehmigung der Stadt. Dabei prüfen Lokalbaukommission und Sozialreferat, ob die Pläne zu einer Luxussanierung führen. Im letzten Jahr haben die Experten von 318 Vermieter-Anträgen immerhin zwölf abgelehnt.
Nicht verboten ist eine Modernisierung auf einen üblichen Standard (wie eine Badsanierung, der Austausch von alten Kohleöfen, neue Fenster oder das Unterputzlegen von Rohrleitungen).
2. Aufteilungen sind verboten
Auch ein Mietshaus in Eigentumswohnungen aufzuteilen und dann stückweise zu verkaufen, ist seit 1. März verboten. Stadt und Mieterverbände haben dafür 25 Jahre gekämpft.
3. Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht
Wird im Schutzgebiet ein Mietshaus verkauft, hat die Stadt ein Vorkaufsrecht. Ein anderer Käufer kann nur dann kaufen, wenn er eine „Abwendungserklärung“ mit Schutzvorschriften für die Mieter (für mindestens zehn Jahre) unterschreibt. In den letzten 20 Jahren hat die Stadt durch dieses Vorkaufsrecht 70 Mietshäuser erworben. Bislang mussten die reprivatisiert (also wiederverkauft) werden. Ein neues Gesetz macht möglich, dass neue Ankäufe nun den städtischen Wohn-Gesellschaften GWG und Gewofag übertragen werden, die auf Dauer günstige Mieten garantieren.
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Wann kann ein Viertel Schutzgebiet werden?
Das entscheiden Experten im Planungsreferat. Die Ansprüche sind hoch – weil nachgewiesen werden muss, dass in dem Bereich ein gesunder Mix (aus Alten, Jungen, Armen und Reichen) lebt. Dazu wird geprüft: das Alter der Häuser, der Anteil an modernisierten Wohnungen, die mittlere Wohndauer, Altersstuktur und Kaufkraft der Bewohner.
Wie lange gilt die Satzung?
Je fünf Jahre. Vor dem Ablauf prüft die Stadt, ob die Satzung für neu erlassen – und so verlängert werden kann.
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Welche Viertel sind als nächstes dran?
Geprüft werden Straßenzüge in Untergiesing, Sendling, Schwabing, Schwabing-West, Ludwigs- und Isarvorstadt und Obergiesing. Spannend wird, wie die Prüfung für die Häuser an der Tunnel-Baustelle am Luise-Kiesselbach-Platz ausgeht. Denn dass das Wohnen dort massiv teurer wird, sobald der Ring-Verkehr unter der Erde verschwunden und oben ein Park entstanden sein wird – das dürfte keinem Spekulanten entgangen sein.
Das sind die 17 Schutzgebiete
Diese Stadtbereiche sind Schutzgebiete bis 2015:
Tegernseer Landstraße
Trauchberg-/Forggenseestraße
... bis 2016:
Haidhausen-Mitte
Gärtnerplatzviertel
Untere Au/ Untergiesing
Neuhausen
Sendling
Milbertshofen
... bis 2017:
Ludwigsvorstadt/Schwanthalerhöhe
Georgen-/Zentnerstraße/
Josephsplatz
Pündter- , Viktoria-, Bonnerplatz
... bis 2018:
Schlachthofviertel
Alte Heide
Harras/ Passauer Straße
Dreimühlenstraße/Baldeplatz
Hohenzollernstraße und Hohenzollernplatz
St.-Benno-Viertel
Die genaue Karte mit allen Details zu den aktuellen Erhaltungssatzungsgebieten (zum Vergrößern) finden Sie unter www.muechen.de (Suchwort: „Erhaltungssatzungen“)
Das gilt für Mietobergrenzen
Wieviel Miete ein neuer Käufer im Erhaltungssatzunggebiet für die gekauften Wohnungen verlangen darf, dazu hat der Stadtrat gerade konkrete Vorgaben gemacht:
1. In der „Abwendungserklärung“ eines neuen Käufers muss die Eingangsmiete für eine Wiedervermietung festgelegt sein – und zwar entsprechend den Regeln im sogenannten „München-Modell“.
Er darf also maximal rund 9 Euro/qm verlangen. Das (und auch die weiteren Schutzregeln) gilt allerdings nur für Haushalte, die wegen eines niedrigen Jahreseinkommen besonderen Schutz brauchen (also z.B. eine Familie mit Kind und einem Jahresbrutto von maximal 69 000 Euro).
2. Die festgelegte Miete darf außerdem in den ersten fünf Jahren nicht erhöht werden. Bei jeder Anpassung muss sie 1,50 Euro unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
3. Staffelmietverträge sind generell verboten.
4. Kosten für Modernisierungen dürfen nur begrenzt auf den Mieter umgelegt werden.
5. Der neue Eigentümer darf seinen Mietern generell nicht mehr wegen Eigenbedarfs kündigen.