München: Da, wo auch viele Reiche Geldsorgen haben
München Schulden haben ist das eine – und auch nichts Schlimmes, wenn man seinen Kredit (etwa fürs Auto oder die Wohnung) nach Plan abbezahlen kann. Ist man aber so tief in die Miesen gerutscht, dass man über mehrere Monate hinweg nicht mehr pünktlich oder gar nicht mehr bezahlen kann, dann wird das "Überschuldung" genannt.
In genau einer solchen Lage waren im vergangenen Herbst 90.362 erwachsene Münchnerinnen und Münchner. Für einen Großteil davon, nämlich 51.381 Menschen, ist die Lage so erdrückend, dass sie mit Gerichtsvollziehern, Pfändungen oder Privatinsolvenzen kämpfen. Diese Zahlen hat am Dienstag das Inkassounternehmen Creditreform München mit seinem neuen "Schuldneratlas München 2023" vorgelegt.
Überraschend: Ein Viertel der überschuldeten Menschen in München sind Reiche
Dieses Schuldenproblem trifft in München (anders als bundesweit) nicht zuvorderst die Geringverdiener-Bevölkerung. Ein Viertel der Betroffenen findet sich unter den Vermögenden. "Beispielsweise Immobilienbesitzer, Erben oder Kinder vermögender Eltern", sagt Creditreform-Geschäftsführer Philipp Ganzmüller. Ein weiteres Viertel betrifft Münchens Mittelschicht. Gerade bei den mittleren Verdienern und bei den Reichen wächst die Verschuldung.
Hauptgründe dafür, dass Münchner finanziell nicht mehr zurechtkommen, sind neben "unwirtschaftlicher Haushaltsführung", Arbeitslosigkeit, Krankheit, Sucht, Scheidung und niedrigen Einkommen immer häufiger auch gescheiterte Selbstständigkeit. Im Schnitt sind etwa doppelt so viele Männer überschuldet wie Frauen. "Aber wenn Frauen hohe Schulden haben, sind sie in aller Regel alleinerziehend", sagt Ganzmüller. Durchschnittlich haben Münchens überschuldete Bürgerinnen und Bürger rund 32.800 Euro Schulden, mit denen sie in eine Pfändungsspirale geraten. Bei jungen Menschen ist diese Summe im Schnitt niedriger, bei vielen Senioren deutlich höher.
Im Schnitt kann jeder Überschuldete 32.800 Euro nicht zurückzahlen
Eine gute Nachricht ist: Die Zahl der überschuldeten Stadtbewohner sinkt, seit mehreren Jahren schon. Erst die Pandemie, dann die Zinskrise mit Inflation und den hohen Energiepreisen hat die Münchner vorsichtiger in Sachen Konsum werden lassen. 1700 Menschen weniger als im Vorjahr tauchen als überschuldet in der Statistik auf.
Auch die Überschuldungsquote sinkt, also der Prozentanteil der Bevölkerung, der mit zu vielen Schulden kämpft: 7,24 Prozent der Münchner sind überschuldet (2022 waren es noch 7,36 Prozent gewesen). Das lässt sich damit erklären, dass viele Menschen, die neu nach München zuziehen, gut qualifizierte Menschen in lukrativen Jobs sind, womit der Anteil der Münchnerinnen und Münchner ohne Geldsorgen zunimmt.
Die höchste Schulden-Quote hat die Münchner Altstadt
Die weniger gute Nachricht: In 13 von 47 untersuchten Stadtvierteln steigen die Überschuldungsquoten schon wieder an. Vor allem in Trudering-Riem macht Creditreform eine steigende Prozentzahl überschuldeter Haushalte aus (10,22 Prozent), gefolgt von Johanneskirchen und dem noblen Bogenhausen. Die höchste Quote hat weiterhin die Altstadt, wo viele Seniorinnen und Senioren mit kleinen Renten leben und es auch einige Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe gibt.

"Es bahnt sich eine Trendumkehr an", sagt Ganzmüller. "Einerseits steigt die Lust auf Konsum. Gleichzeitig aber werden Kredite, Energie, Lebenshaltungskosten teurer, und es könnte durch die neue Wirtschaftskrise auch der Verlust von etlichen Jobs drohen." Möglich also, dass künftig wieder mehr Menschen in der Stadt Schulden anhäufen.
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