München heizt weiter mit Kohle – weil es so viel Kohle bringt

Das Heizkraftwerk Nord bleibt bis 2035 am Netz. Für die Stadtwerke ist es ein guter Geldlieferant, der den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt.
Florian Zick |
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Das Heizkraftwerk Nord in Unterföhring ist zwar ein ziemlicher Luftverpester – sichert jedoch Münchens Versorgung mit Strom und Fernwärme. Die Stadtwerke dürfen es deshalb weiter betreiben.
Imago Das Heizkraftwerk Nord in Unterföhring ist zwar ein ziemlicher Luftverpester – sichert jedoch Münchens Versorgung mit Strom und Fernwärme. Die Stadtwerke dürfen es deshalb weiter betreiben.

Das Heizkraftwerk Nord bleibt bis 2035 am Netz. Für die Stadtwerke ist es ein guter Geldlieferant, der den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt.

Unterföhring - Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kam etwas verspätet zur Sitzung. Auf seinem Platz griff er sich als erstes den Änderungsantrag der Grünen. Er überflog das Papier, schüttelte den Kopf und reichte es an seinen Nebenmann Josef Schmid (CSU) weiter. Reiter flüsterte seinem Stellvertreter ein paar Worte zu, dann fing auch der an, mit dem Kopf zu schütteln.

Mit der CSU war sich die SPD eben schon immer einig – zumindest was die Zukunft des Heizkraftwerks Nord betrifft. Die Debatte um eine Abschaltung des Kraftwerks, mit einem Anteil von 17 Prozent am CO2-Ausstoß immerhin einer der größten Luftverpester der Stadt, war vor einem Jahr einer der wichtigsten Punkte bei den Koalitionsgesprächen – und wie sich jetzt herausstellte sogar der entscheidende.

„Spätestens heute hätten wir die Koalition verlassen“, erregte sich ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff, nachdem SPD und CSU gestern gemeinsam einen regulären Weiterbetrieb des Heizkraftwerks beschlossen hatten.

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Als einen „Blankoscheck für die Stadtwerke, auch weiterhin jedes Jahr 800 000 Tonnen Kohle zu verfeuern“, kritisierte Herbert Danner (Grüne) die Entscheidung. Und auch Ruff war in seinem Ärger kaum mehr zu bremsen. Die Grünen hätten sich bei den Koalitionsverhandlungen ihre Moralvorstellungen für einen Bürgermeister-Posten abkaufen lassen, giftete er. Mit der ÖDP sei das allerdings nicht zu machen gewesen. Nur deswegen gebe es jetzt die Große Koalition.

Die Stadtregierung zeigte sich von der Aufmüpfigkeit der Opposition wenig beeindruckt. Zwar sind auch CSU und SPD nicht glücklich darüber, dass das Heizkraftwerk nun bis 2035 weiter Unmengen an Kohlenstoffdioxid in die Luft blasen wird. Die Große Koalition feierte ihren Beschluss dennoch als Sieg der Vernunft. Denn ein Kohleausstieg, so Manuel Pretzl, der umweltpolitische Sprecher der Rathaus-CSU, mache zum jetzigen Zeitpunkt weder wirtschaftlich, noch ökonomisch Sinn.

Das europaweit tätige Öko-Institut hat als Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat vier Szenarien durchgerechnet. Je nach Ausstiegsdatum würde die Stadtwerke die Stilllegung des Kraftwerks demnach bis zu 600 Millionen Euro kosten. „Dieses Geld sollten wir besser in den Ausbau der erneuerbaren Energien stecken“, erklärte CSU-Mann Pretzl gestern im Stadtrat.

Zwar hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, die Leistung des Heizkraftwerks Nord zu ersetzen. Das Heizkraftwerk Süd, das gasbetrieben und damit ökologischer ist, hätte hochgefahren werden können und wäre so in der Lage gewesen, einen Ausfall seines nördlichen Gegenparts weitgehend zu kompensieren.

Allerdings hätte wohl ein neues Heizkraftwerk gebaut werden müssen, um die Fernwärmeversorgung in München abzusichern. Um den Ausbau der regenerativen Energien keinesfalls zu gefährden, wollten CSU und SPD den Stadtwerken die dann nötigen Investitionen allerdings nicht aufbürden.

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