München: Haus von Väterchen Timofej wird saniert

München - Als Schwarzbau aus Bombentrümmern ist die ehemalige Einsiedelei des Eremiten von München, Väterchen Timofej, entstanden. Heute ist das Ensemble mit Basilika, Kapelle und Wohnhäuschen im Olympiagelände ein Magnet für Besucher aus aller Welt und eine Oase von Ruhe und Frieden in einer schnelllebigen Zeit. Die Münchner Fotografin Camilla Kraus hat sich vor langem in das Ensemble verliebt und für dessen Erhalt gesorgt.
"Im Winter 1989 stand ich zum ersten Mal vor dem alten Gartentürchen von Väterchen Timofejs Anwesen. Mein Sohn und ich hatten Timofejs Einsiedelei vom Gipfel des Olympiabergs aus entdeckt", sagt Camilla Kraus. Die Münchner Fotografin erinnert sich, dass die Dächer verrostet und die Dachrinnen notdürftig mit Draht befestigt waren. "Wir dachten, die Einsiedelei ist verlassen, da trat uns ein bärtiger Mann mit brauner Pelzmütze entgegen." Mit stark russischem Akzent habe der sich vorgestellt: "Bin ich Timofej."

Glitzernde Pracht aus Schokoladenpapier
Dann öffnete er sein Gartentor und führte die Besucher zur Basilika, die er Ost-West-Friedenskirche nannte. Beeindruckt und gerührt von all der bescheidenen Pracht, lauschte die Fotografin Timofejs Bericht darüber, wie all dies entstanden war. Ohne fremde Hilfe, gemeinsam mit seiner Frau Natascha, hatte der Eremit die Kapelle, die Wohnhäuschen und die Basilika aus Materialien gebaut, die er auf dem Schuttberg der Bombentrümmer aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden hatte.

Auf glitzernde Pracht mochte Timofej dennoch nicht verzichten und versilberte die Decke der Basilika mit aufgesammeltem Schokoladenpapier. Geboren im Russischen Kaiserreich, fuhr Timofej Wassiljewitsch Prochorow, von den Münchnern liebevoll "Väterchen Timofej" genannt, in der Stadt Schachty Kohle aus, als die deutsche Wehrmacht den dreifachen Familienvater zwang, mit seiner Kutsche die Flucht deutscher Soldaten vor der Roten Armee zu unterstützen. Frei kam er erst bei Rostow.
Timofejs Kirche ist jetzt städtisch
Fotografin nahm sich des Hauses nach dem Tod von Timofej an
Hier, so erzählte Timofej stets, sei ihm erstmals die Muttergottes im Traum erschienen und habe ihn geheißen, westwärts zu ziehen und eine Kirche für den Ost-West-Frieden zu bauen. Den Einwand, er habe Familie, hätte Maria nicht gelten lassen. In Wien lernte er Natascha kennen, mit der er sich dann auf einer ehemaligen Flakstellung am Oberwiesenfeld niederließ. Als 1972 die Bauarbeiten für Olympia begannen, wurde das Gelände extra weiter nördlich gelegt als geplant, um die Gebäude zu erhalten. Im Jahr 2004 starb Timofej mit rund 110 Jahren. Ohne Camilla Kraus wäre München wohl um eine Sehenswürdigkeit ärmer, denn der Zahn der Zeit nagt am Ensemble.
Seit der ersten Begegnung hat die Fotografin die Ost-West-Friedenskirche unter ihre Fittiche genommen, ließ die Dächer abdichten, die Fassaden streichen und rettete nicht nur die aus Wolle alter Pullover gestrickten Teppiche vor dem Vermodern.
Heuer ließ Kraus die kompletten Dächer von einer Fachfirma sanieren, als nächstes stehen die Böden auf dem Programm. Die Fotografin hat beim Entrümpeln alte Fotos gefunden und damit und anderen Stücken ein Museum eingerichtet. Es kommen viele Besucher, besonders Kinder. Für die hat Kraus ein Malzimmer eingerichtet. "Von den originellsten Bildern lassen wir Postkarten drucken, auch ein Buch ist geplant", freut sich die Fotografin.