München: Hauptbahnhof-Abriss soll gestoppt werden

München - Kabarettist Helmut Schleich und Christian Hierneis vom Bund Naturschutz protestieren gegen den Abriss der Schalterhalle ab 6. Mai.
Zusammen mit dem Münchner Forum Unterstützern vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), Umweltverbänden und engagierten Verkehrsplanern formulieren sie in einem "Offenen Brief" an die Bahn, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Unverständnis über die "vorgezogene und überstürzte Sperrung des Empfangsgebäudes". Sie fordern ein neues Planfeststellungsverfahren. "Die Linke" in München hat sich am Montag, mit einer Mitteilung an die Presse, dem Prostest angeschlossen.
Über die Kritik am Abriss hat die AZ mit Wolfgang Hesse vom Arbeitskreis Schienenverkehr des Münchner Forums gesprochen.

Erst planen, dann bauen! Kritik an Deutscher Bahn
AZ: Herr Hesse, Sie fordern ein Moratorium "Neubau Hauptbahnhof und Zweite Stammstrecke". Was bedeutet das?
WOLFGANG HESSE: Die Deutsche Bahn soll sofort aufhören zu bauen und abzureißen. Die Maßnahmen müssen sofort gestoppt werden – auch die Grabung des Nukleus für den Tunnel Zweite Stammstrecke.
Welches ist Ihr wichtigstes Argument für den Stopp?
Die Planung der Deutschen Bahn ist noch unfertig. Momentan laufen massive Planänderungen an allen drei geplanten Stationen.Die Bahn kehrt das gute alte Ingenieursprinzip einfach um: Erst planen, dann bauen. Damit nimmt sie die Fahrgäste und uns Münchner in Geiselhaft.
Hauptbahnhof München: Schalterhalle ab 6. Mai dicht!
Die Bahn setzt mit dem Abriss von Schwammerl und Schalterhalle die Stadt unter Druck?
Ja, genau. Sie reißen den Bahnhof zusammen, damit alle sehen: Es ist schon losgegangen. Man kann nichts mehr machen. Doch erst abreißen, und dann mit der Planung nachziehen, ist Erpressung.
Sie werfen der DB vor, gravierende Planänderungen als "Optimierungen" kleinzureden. Obwohl es sich um genehmigungspflichtige Neuplanungen handelt.
Die Bahn betreibt eine Geheimhaltungspolitik. Denn sie will unbedingt um ein neues Planfeststellungsverfahren herumkommen. Doch die gegenwärtige Planung ist nach Meinung unabhängiger Verkehrsexperten ein großes Risiko. Auch große Immobilien- und Tunnelbauinteressen stehen dahinter - aber nicht die Interessen der Menschen.

Gegenvorschläge - Ausbau, statt Zweiter Stammstrecke
15 Jahre soll eine Brache am Bahnhof sein, plus eine vergrößerte Baustelle am Marienhof und eine, noch ungewisse, am Ostbahnhof – alle in über 40 Metern Tiefe.
Es zeichnet sich ab, das München 15 Jahre ohne Bahnhofsgebäude, aber mit beträchtlichen Bau-Beeinträchtigungen leben soll. Dabei brauchen wir die vordringlich den Ausbau der Außenstrecken, S-Bahnbetrieb auf dem Süd- und Nordring sowie U-Bahn-Lückenschlüsse.Ein Tunnel durch München muss, wenn man ihn denn überhaupt braucht, sorgfältig geplant und für Regionalzüge tauglich sein.
Sie fürchten irreversible Schäden für die Lebensqualität in München, wenn man die Bahn jetzt machen lässt.
Wir wollen eine sanfte Sanierung des Hauptbahnhofs und keinen überdimensionierten, superteuren Glaspalast. Wir sind für ein modernes S-Bahnsystem: für sofortige Ausbauten mit dem Ziel Zehn-Minuten-Takt – ohne störungsanfälligen Mischverkehr mit Express-S-Bahnen und stattdessen mit Regio-Expresszügen auf eigenen Gleiskörpern.
Viele Münchner haben wohl schon resigniert.
Wir sind anderer Ansicht. Hier wird das falsche Projekt gemacht. Wenn Dinge total schief laufen, muss man das immer wieder laut sagen. Wir müssen die fragwürdigen Pläne der Bahn aufhalten, um jetzt das S-Bahnsystem schrittweise zu verbessern. Wir wollen unumkehrbare Fehlplanungen verhindern.
Münchner, die den "Offenen Brief" unterschreiben möchten, schreiben eine E-Mail an: archforward@gmx.net

Lesen Sie hier: Hauptbahnhof-Abriss in München - Vorkriegsbauten dokumentieren