München hat ein Drogenproblem - Demo am Marienplatz
München - Oliver K. ist der erste Name der Verstorbenen, der am Dienstag beim internationalen Gedenktag für verstorbene Drogenverbraucherinnen und -verbraucher genannt wird. Petra S. die letzte. Dazwischen 51 weitere Namen.
53 Menschen sind in den vergangenen zwölf Monaten in Zusammenhang mit ihrem Drogenkonsum in München gestorben. Bayern ist das Bundesland mit den höchsten Todeszahlen. Und das seit Jahren.
Drogenkonsumräume für Bayern gefordert
Münchens Hilfsorganisationen wie Condrops, Prop und die Caritas hatten deshalb am Dienstag zu einer Gedenkveranstaltung geladen. Rund 150 Menschen versammelten sich in der Mittagshitze auf dem Marienplatz – mit einer klaren Forderung an die Staatsregierung. "Die meisten Drogentoten sterben alleine in ihren Wohnungen", sagt Klaus Fuhrmann, einer der Redner bei der Veranstaltung.
Wie in anderen Bundesländern bedürfe es auch in Bayern sogenannter Konsumräume, sagt der Bereichsgeschäftsführer von Condrobs. Sauberes Spritzbesteck und sterile Utensilien zum Aufkochen und Filtern der Drogen soll es in den Konsumräumen geben, sowie Fachpersonal, das beraten und im Notfall reanimieren soll.
Zum anderen, sagt Fuhrmann, seien die Strafen für Drogenkonsum in Bayern höher als in anderen Ländern. Gefängnisstrafen würden schon bei geringeren Vergehen verhängt, die Strafdauer sei zudem länger als in anderen Bundesländern. Das führe dazu, dass viele Drogenabhängige auf "legale" Mittel auswichen – mit verheerenden Folgen.
"Fentanyl", nennt Fuhrmann als Beispiel dafür. Ärzte verschreiben es als Schmerzpflaster, Abhängige kochen es auf. "Die Konzentration im Pflaster ist x-mal höher als Heroin selbst", sagt der Sozialpädagoge. Dass Bayern das rigoroseste Land in der Bundesrepublik ist, was das Verbot der vorgeschlagenen Maßnahmen betrifft, ist nicht neu.
CSU im Landtag zeigt sich offen gegenüber neuer Drogenpolitik
Im Rathaus denkt man inzwischen fraktionsübergreifend anders. Sogar die CSU stimmt inzwischen dafür, Konsumräume zuzulassen andere Fraktionen tun dies sogar bereits seit 2010.
Doch auch im Landtag gebe es zunehmend Stimmen aus den Reihen der CSU, die sich offener gegenüber den vorgeschlagenen Maßnahmen zeigten, sagt Fuhrmann.
Und so sprechen die Organisatoren sogar positiv von der CSU – beziehungsweise von jenen Teilen der Partei, die in der Drogenpolitik die alten Positionen aufgegeben haben. "Es wird Zeit, dass diese Menschen auf die Regierung zugehen."
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Vanessa Cramer, stellvertretende Leiterin des Kontaktladens Limit: "Ich finde, dass die Stadt München uns gut unterstützt. Prinzipiell ist für mich eine Legalisierung von Drogen richtig. Verbote halten die Menschen nicht ab. Ich bin auch für so genannte Drug-Checkings – Lokale, in denen Abhängige ihre mitgebrachten Drogen auf deren Inhaltsstoffe prüfen können – wie in Österreich."

Benno Umstaetter, Sozialarbeiter in einem Kontaktladen: "Es kommen zwischen 50 und 60 Personen pro Kontaktladen – täglich. In den Kontaktläden gibt es günstiges Mittagessen und Kaffee, Waschmaschinen, Duschen, sowie Kicker- oder Billardtische. Das größte Problem ist, dass wir keinen Konsumraum haben."

Verena Dietl (SPD), Dritte Bürgermeisterin und ehemalige Sozialarbeiterin: "Die Schere zwischen Arm und Reich darf nicht weiter auseinander gehen. Drogenkonsum ist in vielen Familien ein schambesetztes Thema. Es ist wichtig, ihnen zu signalisieren, dass das einfach im Leben vorkommen kann und dass sie nicht alleine sind. Der Stadtrat hat sich einstimmig zu Drogenkonsumräumen bekannt."
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema
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