München feiert Obama: "Tuxedo trifft Dirndl"

MÜNCHEN - Der drittgrößte Ball zur Vereidigung von Barack Obama außerhalb der USA stieg in München – mit der Ur-Ur-Enkelin des einstigen Präsidenten Thomas Jefferson. "Unser Traum ist zur rechten Zeit zum Leben erweckt worden", sagt sie.
Für Gloria Roberts ist es ein großer Tag. „Ganz wunderbar“, sagt sie und schaut verklärt auf die Leinwand des Sheraton-Ballsaals: „Ich hätte nie gedacht, dass der Tag in meinem Leben einmal kommt.“ Ein Satz, der fast zum Standard-Spruch geworden ist. Tausende haben ihn gesagt. Und dennoch: Noch klingt er nicht abgedroschen.
Erst recht nicht, wenn er aus dem Mund einer Frau kommt, in der sich amerikanische Geschichte so vereint. „Mein Ur- Ur-Urgroßvater war Thomas Jefferson“, sagt Gloria Roberts, und greift zum Glas Orangensaft vor sich: „Ja, der amerikanische Präsident.“ Der Nationalheros hatte noch Sklaven – und eine schwarze Geliebte. Aus dieser Beziehung stammt Gloria Roberts, die Frau, die an diesem Dienstagabend in München Ehrengast ist auf dem Ball zur Vereidigung von Barack Obama.
400 Leute sind gekommen, sie zahlen 75 Euro pro Nase für Antipasti, Seeteufel, Tournedos, Nachtisch-Büfett und den Spaß, die Historie mit Landsleuten zu feiern oder mit sympathisierenden Deutschen. Es gibt rauschende Ballkleider, „Tuxedos“, wie der Smoking auf amerikanisch heißt, das gelegentliche Dirndl – und jede Menge Beifall, als sich Obama durch die Eidesformel gehaspelt hat.
Richtig Stimmung mag anfangs nicht so richtig aufkommen im nussbraungetäfelten Ambiente mit dem schweren blauen Teppich. Nur freundlich tröpfelt der Beifall, als Obama in seiner Rede Schluss zu machen verspricht mit den „falschen Alternativen zwischen unserer Sicherheit und unseren Werten“. Aber, sagt Donna Geyer anschließend, „es war doch eine gute Rede.“ So lange hat sie gekämpft für ihren Barack Obama, so oft hat sie sich über den Sieg Freude, dass ihr langsam die Euphorie ausgeht. Sie ist bei den „Democrats Abroad“ der Auslandsorganisation von Obamas Partei.
„Immerhin ist das hier der drittgrößte Ball außerhalb der USA“, erklärt Dave Dowdy, Vorsitzender der Democrats. „Nur London und Paris sind größer.“ Die Demokraten sind keinesfalls unter sich: „Wir mussten die Veranstaltung überparteilich machen“, sagt Dowdy, sonst könnte der Generalkonsul nicht kommen. Also bedankt sich Michael Ricks, Chef der Auslands-Republikaner artig für die Einladung. Und er hat auch gleich Trost parat „für alle, die nicht Obama gewählt haben“. Es gebe da einen Spruch vom Dalai Lama: „Nicht zu bekommen was man sich wünscht, ist manchmal ein Glücksfall.“
Ein Glücksfall ist der Tag auf alle Fälle für Gloria Roberts: Ihr Vater war der erste schwarze Abgeordnete überhaupt, 1918 im Parlament von Kalifornien, mit historischen Ereignissen kennt sie sich aus. „Ich wünsche Obama so sehr, dass er alle wieder zusammenbringt“, sagt die alte Dame, die ihr Alter nicht verraten mag: „Das schönste ist“, sagt sie, und hebt ihre zartgliedrigen Finger, „dass unser Traum zur rechten Zeit wieder zum Leben erweckt wurde“.
Matthias Maus