München: Eine Straße zu Ehren von Margot Hielscher?

München - "Sie waren mein Sexidol", hatte ein älterer Spaziergänger im Herzogpark im Vorbeigehen zu der schlanken Dame im Trenchcoat mit langen kastanienroten Haar gesagt. Sie erwidert lächelnd mit leicht hochgezogenen Augenbrauen: "Was habe ich getan, dass ich es nicht mehr bin?" und zieht an der Leine von Bobby, dem Jack Russell, der gerade an der ehemaligen Thomas-Mann-Villa sein Geschäft verrichten will.
Margot Hielscher, bei diesem Erlebnis schon in ihren 80er-Jahren, umgab sich konsequent nur mit Jüngeren. Denn wer von Krankheiten oder Tod sprach, fiel bei ihr schnell in Ungnade. Vor gut zwei Jahren starb die Filmdiva kurz vor ihrem 98. Geburtstag in ihrem Bungalow in Bogenhausen – an diesem Sonntag ist ihr 100. Geburtstag.

Von Schall-Riaucour: "Bei meinem Tantchen war immer Open House"
Der klassische, weiße Bungalow am Ende der Gustav-Freytag-Straße steht seit dem Tod von Hielscher leer. Einst gingen hier große Namen ein und aus. Erich Kästner, Gary Cooper und Heinz Rühmann zählten zu den Gästen der Filmikone, erinnert sich ihr Neffe Peter von Schall-Riaucour: "Bei meinem Tantchen war immer Open House, da stand Gastfreundschaft schnell mal über der eigenen Familie."
Margot Hielscher war 25 Jahre, der Krieg im blutigsten Endkampf, als sie in Pilsen in ein Lazarett gerufen wurde: "Ein junger Soldat hatte sich das gewünscht", erinnerte sie sich vor einigen Jahren in einem Gespräch mit der AZ: "Er war schwer verletzt und wollte, dass ich ihm 'Frauen sind keine Engel' vorsinge. Ich habe mich so angestrengt, dass meine Stimme nicht bricht. Er ist vor mir gestorben. Seitdem ist meine Erkennungsmelodie mit diesem Bild verbunden. Es hat Jahre gebraucht, bis ich es wieder frei singen konnte."

Hielscher: Ihr Bungalow in Bogenhausen verfällt
Komponiert hatte den Song Theo Mackeben für den gleichnamigen Film von Willi Forst. Damals war die Filmkarriere der Hielscher bereits fünf Jahre alt. Denn in der Ufa-Kantine wurde die Kostümbildnerin Hielscher zu Probeaufnahmen zu "Das Herz der Königin" aufgefordert. Schon spielte sie eine Hofdame an der Seite von Zarah Leander.
Und 1942 fragte Helmut Käutner, ob sie Kostüme für Marianne Hoppe machen würde, aber sie bekam dazu auch gleich die zweite Hauptrolle in "Auf Wiedersehen Franziska". Zwei Jahre nach dem Tod der Film- und- Chanson-Diva, die Deutschland in den 50ern zwei Mal beim Schlager-Grand-Prix vertrat, verfällt nun ihr Bungalow.

Gibt's bald einen Margot-Hielscher-Weg?
Diesen hatte der bekannte Architekt Paul Stroher mitgestaltet, von ihm stammt auch das ehemalige Filmcasino am Odeonsplatz. Das missfällt nicht nur Hielschers Neffen, auch die Nachbarn haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Namen Hielscher nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Angelika und Eugen Rabold mit Neffe Emanuel Rüff haben einen Antrag an die Stadt geschrieben, um die Künstlerin auch nach ihrem Tod noch bleibend öffentlich zu ehren. Ihr Vorschlag: Einen Teil der Gustav-Freytag-Straße in Margot-Hielscher-Weg umzubenennen. Dieses Teilstück sei nicht als Straße ausgebaut – es handle sich um den unbefestigten Bereich, der die Straße mit einem Fußweg zur Isar verbindet.
"Dort steht nur die Hausnummer 2, also das Wohnhaus von Margot Hielscher", sagt Rabold. Dadurch müsse niemand seine Adresse ändern, denn kein anderes Haus sei durch diesen Weg erschlossen.

Alt-OB Ude unterstützt die Idee
Dem ehemaligen Professor für Architektur liegt auch der Denkmalschutz am Herzen. "Dem Herzogpark-Viertel würde es nicht schaden, wenn ein bauliches Zeugnis aus den fünfziger Jahren der vielfach gestaltlosen Bebauung widerstehen könnte."
Bereits vor Hielschers Tod habe Rabold das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege auf die Denkmalwürdigkeit des Wohnhauses aufmerksam gemacht. Wiederholte Nachfragen zur "Unter-Denkmalstellung" blieben laut Rabold erfolglos.
Margot Hielscher hatte ihren Bungalow schon zu Lebzeiten für eine monatliche Leibrente an eine Firma abgegeben. "Wir wollten es mit aller Kraft in der Familie halten", bedauert ihr Neffe. Vergebens – nun ist es in den Händen einer Immobiliengesellschaft.
Zusammen mit Alt-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), einem langjährigen Freund der Hielschers, wollen Nachbarn und Neffe den Antrag zur Umbenennung des Straßenabschnitts nun zum Erfolg führen.
Zum 100. Geburtstag von Marogt Hielscher wird am Sonntag, 11 Uhr, im Filmeck Gräfelfing "Das Herz der Königin" gezeigt. Hielschers Neffe ist anwesend. Anschließend Beisammensein im Restaurant "Joe Marino".
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