München: Die Einbrecher haben jetzt Hochsaison

In den Sommerferien steigt die Zahl der Taten stark an. Viele Münchnerinnen und Münchner sind in Urlaub, die Täter haben freie Bahn. Die AZ erklärt, wie man sich schützt und wie man die schlimmsten Fehler vermeiden kann.
Ralph Hub
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Ein Einbrecher steigt durch ein aufgehebeltes Fenster in eine fremde Wohnung ein. Imago
Ein Einbrecher steigt durch ein aufgehebeltes Fenster in eine fremde Wohnung ein. Imago

München - Die Blumen in der Pflanzschale am Haus sind vertrocknet, die Jalousien seit Tagen unten und der Postkasten quillt über. Man muss kein Hellseher sein, um zu merken, dass die Bewohner im Urlaub sind. Für Einbrecher ist so ein Anblick geradezu eine Einladung, denn Gauner haben in den Sommerferien Hochsaison.

Urlaubszeit ist Einbruchszeit, das Präsidium warnt dieser Tage auf X (früher Twitter): "Derzeit häufen sich die Einbruchszahlen im Stadtgebiet" und mahnt, man solle in der Nachbarschaft die Augen offen halten nach fremden Autos und auch fremden Personen.

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Einbrüche in den Sommerferien: Einbrecher suchen sich nicht nur Nobelviertel aus

Betroffen sind nicht nur Nobelviertel wie Bogenhausen oder Harlaching, sondern auch weniger betuchte Gegenden wie beispielsweise Neuperlach, Allach oder Trudering.

"Ein Schwerpunkt bei bestimmten Stadtvierteln ist nicht zu erkennen, das geben die Daten nicht her", sagt Michael Rasp, Kriminalhauptkommissar beim Kommissariat K105, zuständig für Prävention. "Es gibt keinen Bereich in München oder dem Umland, wo noch nichts passiert ist. Einbrecher gehen davon aus, dass in jedem Haus etwas zu holen ist."

Während der Corona-Pandemie ging die Zahl der Einbrüche stark zurück, was daran lag, dass die Leute viel zu Hause blieben. Auch die Gauner "litten" unter den damals geltenden Reisebeschränkungen.

Mit der Rückkehr der Reiselust haben auch die Einbrecher wieder freie Bahn

Inzwischen dürfen wieder alle verreisen, die Münchner genießen ihre Ferien im Ausland und Gauner haben freie Bahn. Was man an den sprunghaft ansteigenden Zahlen seit Ende der Pandemie sieht. Der durch Wohnungseinbruch entstandene Beuteschaden in München lag nach Angaben des Präsidiums im vergangenen Jahr bei 4,83 Millionen Euro.

Keine Posts und Fotos aus dem Urlaub auf Instagram & Co veröffentlichen

Oft machen es Geschädigte den Tätern viel zu leicht. Via Instagram oder Facebook werden Schnappschüsse aus dem Urlaub gepostet. Manche schreiben sogar, wann sie wieder zu Hause sind.

Doch auch Gauner nutzen Social Media und sind damit tipptopp informiert. Herauszufinden, wo die betreffenden Wohnungen sind, ist dann oft nur mehr ein Kinderspiel.

Zahl der Einbrüche um mehr als 60 Prozent gestiegen

Laut dem aktuellen Sicherheitsreport des Präsidiums gab es 2023 bei Einbrüchen einen Anstieg von 61,5 Prozent auf 893 Fälle. Tendenz in diesem Jahr steigend, wie aktuelle Fallzahlen befürchten lassen.

Die Aufklärungsquote stieg 2023 leicht auf 26,9 Prozent (2022: 24,1 %). Was auch an der peniblen Tatortarbeit in München liegt. Im Gegensatz zu anderen Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder Hamburg rückt hier die Spurensicherung deutlich häufiger an ‒ auch bei kleineren, weniger schadensträchtigen Einbrüchen:

Fingerabdrücke, DNS und andere Spuren werden bis ins Kleinste dokumentiert, "was am Ende den Ermittlern hilft, Täter zu überführen", sagt Michael Rasp.

Berufseinbrecher beschäftigt die Polizei seit den 80er Jahren

In der Innenstadt wurde vor einigen Tagen ein 65-Jähriger festgenommen. Er soll im Juli in einen Friseursalon eingestiegen und eine Geldkassette mit mehreren Tausend Euro gestohlenen haben. Auch in einem Hotel soll er gestohlen haben.

Der Verdächtige gilt als Berufseinbrecher. "Seine Akten reichen bis in die 1980er Jahre zurück", sagte ein Polizeisprecher. Nach mehreren Gefängnisaufenthalten sitzt der 65-Jährige jetzt wieder in Untersuchungshaft.

Einbrecher sind in Banden organisiert und reisen im ganzen Land umher

Bei den allermeisten Tatverdächtigen (94 von 149 Fällen im Jahr 2023) handelt es sich nach Angaben des Präsidiums um Personen, die nicht in der Stadt oder dem Landkreis leben. Soll heißen: Die Täter kommen oft von weit her, verüben hier Einbrüche und ziehen in die nächste Stadt weiter, wenn ihnen hier der Boden zu heiß wird.

Die Kripo hat es zunehmend mit organisierten Banden zu tun. Oft stammen die aus Südost- und Osteuropa, so das BKA: "Der Anteil von überregional und international agierenden Tatverdächtigen, sogenannten reisenden Tätern spielt eine große Rolle."

Ein Profi ist ruckzuck in einem Haus oder einer Wohnung 

Ein Profi benötigt meist nur ein paar Minuten, um in ein Haus oder eine Wohnung einzudringen. Auf je größere Probleme er dabei stößt, beispielsweise durch Sicherungssysteme und Alarmanlagen, umso schneller gibt ein Täter auf, wissen Kriminaler aus Erfahrung. Bei mehr als jedem zweiten Wohnungseinbruch in München bleibt es 2023 beim Versuch (456 Fälle).

Schwachstellen sind Terrassentüren und Fenster

Was auffällt ‒ bei vielen Wohnungen sind Türen mit zusätzlichen Schlössern oder Sperrbügeln gesichert. Doch Terrassen- und Balkontüren sind es oft nicht. Ein Profi kann mit einem Schraubendreher oder Stemmeisens im Handumdrehen eine Tür oder Fenster aushebeln. Der Weg ist damit frei.

So schützen Sie Ihr Zuhause

"Der erste Schritt, um es einem Einbrecher so schwer wie möglich zu machen, ist es, Haus oder Wohnung abzusichern", sagt Michael Rasp. "Türen und Fenster lassen sich oft technisch nachrüsten. Schlecht ist, wenn die Haustür mit einem massiven Sperrriegel gesichert, die Kellertüre aber aus dem Baumarkt ist und ohne Sicherheitseigenschaften."

Ein weiterer wichtiger Aspekt: viel Licht und Alarmanlagen, keine zugewachsenen und dunklen Winkel. Ein Bewegungsmelder, der im Inneren einen akustischen Alarm auslöst, kann einen Täter sofort vertreiben.

Ein akustischer Alarm außen am Haus mobilisiert die Nachbarschaft. Moderne Sicherungssysteme lassen sich heutzutage mit einem Smarthome oder über einen Computer auch aus der Ferne steuern und überwachen.

Auf dem Handy kann Münchner Familie die Einbrecherinnen im Livestream verfolgen

Eine Münchner Familie erhielt im Urlaub einen Einbruchsalarm aufs Handy. Auf dem Smartphone konnte sie im Livestream verfolgen, wie drei Frauen die Wohnung durchsuchten. Die Geschädigten verständigten einen Nachbarn, der den Polizeinotruf wählte.

Die Einbrecherinnen hebelten einen Schranktresor auf, sie wollten Geld und Schmuck im Gesamtwert von rund 100.000 Euro stehlen. Polizisten nahmen die Frauen (20 bis 47 Jahre alt), die aus Frankreich und Italien stammten, noch am Tatort fest. Sie hatten Einbruchswerkzeuge und Handschuhe dabei.

Wie die Ermittlungen ergaben, hatte zumindest eine der Verdächtigen nur eine halbe Stunde vorher versucht, in eine weitere Wohnung einzubrechen.

Da sie bei der Tat aber gestört worden war, brach sie ab und flüchtete. Nachbarn schossen ein Foto von ihr, mit dem sie identifiziert werden konnte. Das Amtsgericht München verurteilte die Frauen im Juli 2023 wegen schweren Bandendiebstahls zu Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren.

Polizei fahndet hoch zu Ross

Versuche, mit Algorithmen lokale Einbruchsschwerpunkte vorherzusagen, sind gescheitert. Die Prognose-Software "Precobs" galt als Wunderwaffe und wurde auch in Bayern getestet. Inzwischen ist "Precobs" eingestellt worden mangels Effizienz.

Dafür setzt man in München aufs Pferd. Beamte der Reiterstaffel sind in Gegenden mit vermehrten Einbrüchen auf Streife. Hoch zu Ross haben die Beamten einen weitaus besseren Überblick als die Kollegen im Streifenwagen.

Die wichtigsten Tipps der Polizei

So schützen Sie sich, Ihr Zuhause und auch die Nachbarn vor Einbrechern: 

— Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren auch bei kurzer Abwesenheit. Vorsicht: Gekippte Fenster sind offene Fenster und von Einbrechern leicht zu öffnen.
—  Wenn Sie Ihren Schlüssel verloren haben, wechseln Sie umgehend den Schließzylinder aus. Ziehen Sie die Tür nicht nur ins Schloss, sondern schließen Sie immer zweifach ab – auch wenn Sie Haus oder Wohnung nur kurzzeitig verlassen.
— Deponieren Sie Ihren Haus- oder Wohnungsschlüssel niemals draußen. Einbrecher kennen jedes Versteck!
— Rollläden sollten zur Nachtzeit – und nach Möglichkeit nicht tagsüber – geschlossen werden. Sie wollen ja nicht schon auf den ersten Blick Ihre Abwesenheit signalisieren.
—  Lassen Sie bei einer Tür mit Glasfüllung den Schlüssel nicht innen stecken.
— Öffnen Sie auf Klingeln nicht bedenkenlos, sondern zeigen Sie gegenüber Fremden ein gesundes Misstrauen. Nutzen Sie Türspion und Sperrbügel (Türspaltsperre).

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Einbruchschutz durch Nachbarschaftshilfe:
— Pflegen Sie den Kontakt zu Ihren Nachbarn – für mehr Lebensqualität und Sicherheit. Denn in einer aufmerksamen Nachbarschaft haben Einbrecher kaum eine Chance.
— Achten Sie bewusst auf gefährdende und verdächtige Situationen.
— Halten Sie in Mehrfamilienhäusern den Hauseingang auch tagsüber geschlossen. Prüfen Sie, wer ins Haus will, bevor Sie den Türöffner drücken.
— Achten Sie auf Fremde im Haus oder auf dem Nachbargrundstück, sprechen Sie sie an.
— Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren auch bei kurzer Abwesenheit. Vorsicht: Gekippte Fenster sind offene Fenster und von Einbrechern leicht zu öffnen.
— Wenn Sie Ihren Schlüssel verloren haben, wechseln Sie umgehend den Schließzylinder aus. Ziehen Sie die Tür nicht nur ins Schloss, sondern schließen Sie immer zweifach ab – auch wenn Sie Haus oder Wohnung nur kurzzeitig verlassen.
— Deponieren Sie Ihren Haus- oder Wohnungsschlüssel niemals draußen. Einbrecher kennen jedes Versteck!
— Rollläden sollten zur Nachtzeit – und nach Möglichkeit nicht tagsüber – geschlossen werden. Sie wollen ja nicht schon auf den ersten Blick Ihre Abwesenheit signalisieren.
— Lassen Sie bei einer Tür mit Glasfüllung den Schlüssel nicht innen stecken.
— Öffnen Sie auf Klingeln nicht bedenkenlos, sondern zeigen Sie gegenüber Fremden ein gesundes Misstrauen. Nutzen Sie Türspion und Sperrbügel (Türspaltsperre).

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17 Kommentare
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  • Gelegenheitsleserin am 19.08.2024 13:59 Uhr / Bewertung:

    Ich wundere mich immer wieder über Leute, die sich von Zustelldiensten Päckchen und Pakete vor die Tür legen lassen. Erstens können die dort leicht "verschwinden" - und zweitens sieht man gleich, wo keiner daheim ist ...

  • eule75 am 18.08.2024 23:32 Uhr / Bewertung:

    Und da meckern noch Nachbarn, wenn ein Hund mal bellt. Bin über jeden Nachbarn mit Hund froh. Man kann nicht beurteilen, wer ins Haus mit z.B. Postboten schlüpft oder in die Garagen (und von da ins Haus).

  • Bongo am 18.08.2024 11:28 Uhr / Bewertung:

    Antwort an Knödel:
    „Einbrecher 35 Jahre einsperren“, hört sich gut an. Wissen Sie , daß ein Gefängnistag den Steuerzahler rd. 150€ kostet? Dann rechnen Sie bitte mal hoch auf ein Jahr und dann mal 35, dann werden Sie merken, daß Ihr Beitrag nicht durchdacht ist!

    ist!

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