München, die Hochburg der Tierversuche

In keiner anderen Stadt in Deutschland werden mehr Experimente an Ratten, Mäusen, Schweinen oder auch Affen durchgeführt.
Helmut Reister |
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Ein geschlossener Behälter mit Mäusen steht in einem Labor vor einer Mitarbeiterin auf einem Tisch. (Symbolbild)
Ein geschlossener Behälter mit Mäusen steht in einem Labor vor einer Mitarbeiterin auf einem Tisch. (Symbolbild) © dpa/Uwe Anspach/Archivbild

München - Der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" hat alle zum Thema Tierversuche zur Verfügung stehenden Daten ausgewertet. Das Ergebnis: Nirgendwo werden so viele Tierversuche durchgeführt wie in der bayerischen Landeshauptstadt.

"Obwohl der größte Teil der Tierversuche mit unseren Steuergeldern finanziert wird, gibt es kaum öffentlich zugängliche Informationen darüber, welche Tierversuche wo durchgeführt werden", kritisiert Corina Gericke vom Vorstand der bundesweiten Organisation die gängige Praxis.

Alljährliche Statistik liefert schockierende Zahlen

Anhaltspunkte für die Dimension des "Geschäfts" liefert die alljährliche Statistik des Bundeslandwirtschaftsministers zu den bundesweiten Tierversuchszahlen. Die aktuellsten Daten stammen aus dem Jahr 2019. Danach wurden bundesweit 2,9 Millionen Tiere für Versuche verwendet. Getötet wurden den offiziellen Angaben zufolge darüber hinaus rund vier Millionen sogenannter "Überschusstiere". "Das sind Tiere", so Gericke, "die nicht im Versuch eingesetzt und mangels Verwendungszweck einfach getötet werden."

Genauere Aufschlüsse darüber, wo welche Tierversuche stattfinden, verschafft sich der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" durch die Auswertung medizinischer Fachzeitschriften. Die Daten werden in einer seit mehr als 20 Jahren bestehenden Datenbank verarbeitet und gespeichert (Sie ist im Internet abrufbar unter: www.aerzte-gegen-tierversuche.de.) "Diese Übersicht ist zwar nicht repräsentativ", erklärt Gericke, "bietet aber einen wichtigen Einblick in die Tierversuchspraxis in Deutschland."

München als Metropole der Tierversuche

Und das sind die Zahlen: Mit 300 dokumentierten Tierversuchsreihen steht München im Ranking der Organisation ganz oben, gefolgt von Berlin (285), Göttingen (233), Hannover (205) und Heidelberg (185). Andere bayerische Städte und Gemeinden, die auf der Tierversuchsliste auftauchen, sind Erlangen (140), Würzburg (137), Regensburg (66), Martinsried (43), Freising (11), Bayreuth (9) und Augsburg (3).

113 Städte und Gemeinden, in denen Tierversuche stattfinden, hat der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" insgesamt aufgelistet - und auch die Adressen von 900 Einrichtungen, die sie durchführen. "Licht ins Dunkel zu bringen und die Öffentlichkeit zu informieren, sieht der Verein als eine seiner Aufgaben an", nennt Gericke als Grund für die Veröffentlichung.

Tierversuche an der LMU 

Universitäten spielen bei den Tierversuchen eine zentrale Rolle. In München ist es unter anderem die Ludwig-Maximilians-Universität mit ihren zahlreichen Einrichtungen, die im Zusammenhang mit Tierversuchen auftaucht. Die Experimente mit der Übertragung von Schweineherzen auf Affen sind ein Beispiel aus der Datenbank.

Experimente mit Tieren gehen nicht nur auf das Konto wissenschaftlicher Einrichtungen, auch Unternehmen aus der freien Marktwirtschaft sind dabei. Allein in München mischt den Erkenntnissen der Ärzte-Organisation zufolge ein halbes Dutzend privater Firmen mit.

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Die dauerhaft hohen Tierversuchszahlen sowie die wachsende Zahl tierexperimenteller Einrichtungen seien alarmierend, heißt es in einer Erklärung des Vereins. Hier müsse die Politik endlich die Notbremse ziehen, meint Vizevorsitzende Corina Gericke.

"Versuche an Tieren", sagt sie, "sind nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen, sondern vor allem auch, weil sie irrelevante, nicht übertragbare Ergebnisse liefern. 95 Prozent der am Tier als sicher und wirksam getesteten neuen Medikamente fallen bei der Prüfung am Menschen durch, weil sie nicht wirken oder fatale Nebenwirkungen haben."

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  • Der wahre tscharlie am 22.07.2021 16:42 Uhr / Bewertung:

    "Versuche an Tieren", sagt sie, "sind nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen, sondern vor allem auch, weil sie irrelevante, nicht übertragbare Ergebnisse liefern. 95 Prozent der am Tier als sicher und wirksam getesteten neuen Medikamente fallen bei der Prüfung am Menschen durch, weil sie nicht wirken oder fatale Nebenwirkungen haben."

    Diese Aussage sagt doch schon alles über die Sinnlosigkeit dieser Tierversuche.

    "Getötet wurden den offiziellen Angaben zufolge darüber hinaus rund vier Millionen sogenannter "Überschusstiere". "Das sind Tiere", so Gericke, "die nicht im Versuch eingesetzt und mangels Verwendungszweck einfach getötet werden."

    "Überschusstiere"..........

  • Ludwig aus Bayern am 22.07.2021 12:52 Uhr / Bewertung:

    Weil es außerhalb von München liegt, deshalb finden dort keine Tierversuche statt? Ich meine, ich hätte mal was von riesigen unterirdischen Ställen und Labors gehört. Bin mir da aber nicht so ganz sicher.

  • 1Muenchner am 22.07.2021 11:36 Uhr / Bewertung:

    Jeder, der sich bereit erklärt, dass neue Medikamente an ihm/ihr getestet werden können - mit allen Risiken für Leib und Leben - der darf jetzt hier ganz lauf aufschreien! Alle anderen sollten still sein. Sicher ist, dass Universitätskliniken keine unnötigen Forschungen und Versuche an Tieren vornehmen. Kein Arzt möchte ein Lebewesen aus Spaß-an-der-Freude leiden sehen. Allein diese Unterstellung von den "Tierakivisten" ist grotesk.

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