München: Die Bahnhofsmission in der Krise
München - Drei Praktikantinnen schmieren am Donnerstag seit acht Uhr morgens Butterbrote für Bedürftige. 30 Brote haben sie etwa gestapelt. Es dauert weniger als 20 Minuten, bis sie verteilt sind, hier an Gleis 11 am Hauptbahnhof. Zwei Sicherheitsmänner sorgen dafür, dass die Abstände eingehalten werden und verteilen bei Bedarf Masken.
Die jungen Frauen sind drei von insgesamt 160 Mitarbeitern der Bahnhofsmission. Rund 140 von ihnen sind Ehrenamtler. Sie stellen die Grundversorgung für Menschen in Not sicher. Eigentlich ist es üblich, dass die Hilfesuchenden in die Bahnhofsmission kommen und sich dort mit heißen Getränken und Essen stärken. Das ist derzeit wegen der geltenden Abstandsregeln nicht möglich.
Münchner Bahnhofsmission: Ort der Zuflucht für Hilfesuchende
Durch ein kleines Fenster am Eingang reichen die fleißigen Frauen und Männer Essen und Getränke wie warmen Tee oder Kaffee. Bei Bedarf schenken sie auch frische Kleidung. Es gilt, auch in schwierigen Zeiten für die Menschen da zu sein.

Die Aufgabe der Bahnhofsmission ist es, in diesen Zeiten nahe bei den Menschen zu bleiben und denen zu helfen, die Hilfe benötigen. Dabei zählt die Grund- und Notversorgung nicht ausschließlich zu den Alltagsaufgaben der Einrichtung. Die Mission ist vielmehr ein Ort der Zuflucht.
Es gilt, Menschen in Not einen Raum zu bieten, das Gespräch mit ihnen zu suchen, zu beraten, Hilfe für Bahnreisende beim Ein- und Ausstieg zu bieten, Frauen vor Gewalt zu schützen oder bei Bedarf an andere Hilfsorganisationen zu vermitteln.
Corona-Krise: Bahnhofsmission galt es systemrelevant und blieb offen
Gerade in Zeiten von Corona ist die Herausforderung groß. Viele Einrichtungen waren dazu gezwungen, während des Lockdowns zu schließen. Mittlerweile sind die meisten wieder geöffnet. Die Bahnhofsmission galt als systemrelevant und wurde daher nie geschlossen. Gerade zu Beginn der Pandemie stieg die Zahl der Hilfesuchenden enorm. So musste die Mission anfangs aber auch an anderer Stelle helfen. "Wir haben ganz viele Rückführungen organisiert in den ersten Tagen und Wochen... und dann sind keine Busse mehr gefahren, keine Züge mehr gefahren, wir haben Flugreisen mitorganisiert", erinnert sich Bettina Spahn, eine der beiden Leiterininnen der Bahnhofsmission.

Der große Einsatz schweißte das Team zusammen, so Spahn. Es war nicht die erste Krise für die Helfer am Gleis 11. Auch während der Flüchtlingskrise 2015 war die Bahnhofsmission mittendrin und half, wo sie konnte. "Die Pandemie geht uns alle an, auch unsere Mitarbeiter", so Spahn. Ihr ist die Gesundheit ihrer Mitarbeiter sehr wichtig.
Am Donnerstagmorgen hatten die Helfer vom Gleis 11 hohen Besuch. Um sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen, kam Eva Gottstein in der Bahnhofsmission vorbei. Sie ist die Beauftragte der Staatsregierung für das Ehrenamt und eine große Befürworterin der Bahnhofsmission. Mit im Gepäck: Einwegmasken und andere kleinere Geschenke für alle Bedürftigen. Sie suchte den Dialog mit den Menschen vor Ort, wollte Ihre Bedürfnisse verstehen.
Hedwig Gappa-Langer beschreibt die Bahnhofsmission als "Seismographen für gesellschaftliche Entwicklungen". Sie ist Referentin von In Via Bayern, einem der Trägerverbände. Sie empfiehlt: "Interessierte Politiker können sich gerne an die Mission wenden, um bevorstehenden Krisen früher begegnen zu können."
Lesen Sie hier: Im Auge der Krise - Der Corona-Krisenstab vom Roten Kreuz
- Themen:
- Rotes Kreuz