München: Deutschlands teuerstes Pflaster
MÜNCHEN - Die 1-A-Lagen der Münchner City schlagen alle Rekorde und führen zu einem knallharten Wettbewerb. Die Alteingesessenenund die Kleinen haben das Nachsehen.
Die Schildergasse in Köln, die Kö in Düsseldorf oder die Zeil in Frankfurt – sie alle haben es wieder nicht geschafft. Nicht einmal annähernd konnten sie der Münchner Kaufinger und Neuhauser Straße einen – nicht nur positiven – Superlativ streitig machen: Die Schlagader der Fußgängerzone war auch letztes Jahr wieder mit Abstand das teuerste Pflaster Deutschlands, was die Ladenmieten angeht. Bis zu 310 Euro müssen Mieter pro Quadratmeter berappen, zehn Euro mehr als noch 2008. Und das bedeutet: Nur noch international aufgestellte Firmen können sich den 1A-Standort in München leisten. Die Fußgängerzone im Würgegriff der Klamotten-Giganten.
Denn die Zahl ist eindeutig: Bei 52,3 Prozent aller Laden-Vermietungen im letzten Jahr ging’s um Textilien. Lederwaren und Schuhe machten noch einmal knapp zehn Prozent aus. Das bedeutet: Nach wie vor drängen die großen Bekleidungs-Ketten ungestüm ins Herz Münchens. „Vor allem die 1A-Lagen wie Theatinerstraße, Kaufinger Straße, Neuhauser Straße oder Weinstraße haben eine unverändert hohe Anziehungskraft für konsumige und hochwertige Geschäfte und Filialisten“, heißt es in schönstem Marktforscher-Deutsch im aktuellen Marktbericht von BNP Paribas Real Estate.
Dabei kommt es, so schildern Branchenkenner die Hintergründe, zu denkwürdigen Situationen: Newcomer bedrängen alteingesessene Ladenmieter massiv, noch vor Ablauf des Mietvertrags das Weite zu suchen – und locken dabei mit erklecklichen Summen. „Key Money“ heißt das im Fachjargon – Geld gegen Ladenschlüssel. Dabei geht’s nicht um Peanuts. Sondern durchaus auch um sechsstellige Summen.
Rentieren müssen sich die Münchner „Flagship-Stores“ der Marktführer nicht unbedingt. Das Motto lautet: Dabeisein ist alles, Präsenz zeigen auf dem deutschen Einzelhandels-Hotspot München ist wichtiger als schwarze Zahlen. Die werden dann schon in den Brot-und-Butter-Lagen erzielt.
Die Gründe für den ungebrochenen Druck auf Fußgängerzone, auf Theatiner- oder Maximilianstraße liegen auf der Hand. Bernd Ohlmann vom Einzelhandelsverband etwa rühmt das weltweit einzigartige städtebauliche Ambiente, den Branchenmix, den im Vergleich zu anderen deutschen Städten immer noch relativ geringen Anteil an Filial-Unternehmen. „München kann mit seinem Pfund wuchern. Es wundert mich nicht, dass dieses Erfolgsmodell Fußgängerzone auch in Krisenzeiten gefragt ist.“
Und dass Benneton, H&M und Co. das Heft in dieser „Shoppingzone der Superlative“ fest in der Hand halten, ist für Ohlmann alles andere als überraschend: „Die Kunden erwarten das, das ist ganz normal, dass sich die großen Anchor-Geschäfte hier ansiedeln.“
Einer der Hauptgründe für die ungebrochene Beliebtheit der Münchner Fußgängerzone als Standort für große und größte Einzelhandelsunternehmen ist die im Vergleich zum Rest der Republik deutlich bessere finanzielle Ausstattung der Kundschaft. Wer vom Stachus zum Marienplatz bummelt, wer durch die Theatiner- und die Maximiliansstraße schlendert, der hat einfach deutlich mehr im Portemonnaie als etwa ein Passant in der – deutlich stärker frequentierten – Kölner Hohen Straße. In Zahlen: Um mehr als ein Viertel liegt die Kaufkraft der Münchner Konsumenten über dem bundesdeutschen Durchschnitt – und im reichen Speckgürtel schaut es nicht viel anders aus.
Nicht allen gefällt der ungebremste Anstieg der Einzelhandels-Mieten, die Konzentration auf die Großen der Branche. Wolfgang Püschel, der Vorsitzende des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel, warnt schon seit Längerem vor dieser fortschreitenden Entwicklung. Seiner Meinung nach geht sie voll zu Lasten der kleinen Läden. Für die werde es immer schwieriger, sich in der Innenstadt zu halten.
Doch mit seinem Vorschlag, in der City bestimmte Höchstmieten festzusetzen, um dem Wettbieten um die begehrten Ladenflächen ein Ende zu setzen, steht er ziemlich verlassen auf weiter Flur.
Rudolf Huber
Shop-Bilanz in der Innenstadt - Die AZ hat nachgezählt
Extrem hohe Mieten – die sich nur noch globale Firmen leisten können. Ein Rundgang in der City:
Kaufinger- und Neuhauser Straße beherbergen die großen globalen Textilhersteller. Allein 27 Filialen internationaler Modeketten (H&M, Pimkie, Orsay, Benetton, Zara, esprit) finden sich hier. Auch Kaufhäuser wie Karstadt, Galeria Kaufhof und C&A bieten das Sortiment internationaler Ketten wie Levi’s oder Hugo Boss. Rein Münchner Geschäfte wie Hirmer sind die Ausnahme. Und: Neun von den 23 Handygeschäften in der Innenstadt sind sich hier.
Auf der anderen Seite des Marienplatzes, im Tal, findet man vor allem große Essensketten (neun von 58 Geschäften) wie McDonalds und Kentucky Fried Chicken.
In der Sendlinger Straße ist das Angebot noch recht gemischt. Nur 26 von etwa 110 Geschäften zählen zu einer globalen Kette.
In der Theatinerstraße liegt ein Schwerpunkt auf Mode (25 Läden) und Schmuck (7 Läden). Neben internationalen Ketten der gehobenen Preisklasse (Armani, D&G, replay) gibt es hier noch echte Münchner, wie das Modehaus Maendler. Andere Einheimische haben sich international aufgestellt wie Roeckl und Hallhuber.
In der Maximilianstraße gibt es Luxus-Mode und Schmuck: in 43 von etwa 50 Geschäften. Internationale Edel-Ketten dominieren, lokale Geschäfte gibt’s wenige: Etwa den Laden des Designers Daniel Fendler, den Friseursalon Pauli und das Schuhgeschäft Italy Ninetta.
chp