München: Der Schandfleck am Lerchenauer Seeufer

Der frühere Seebiergarten der Wirtsfamilie Able am Lerchenauer Seeufer modert vor sich hin. Die Betreiber versprechen Besserung – aber nicht heuer.
Lerchenau - Eintönige Hochhäuser und vereinzelte Flachbauten prägen das Bild rund um den Lerchenauer See. Viele Gebäude stammen aus der Zeit der Olympischen Spiele 1972. Fast 50 Jahre sind seither vergangen. Und das sieht man.
Geschlossen: Anwohner vermissen Seebiergarten
Am See stand bis vor etwa zwei Jahren ein Vorzeige-Objekt, das die Gegend ein wenig aufhübschte: der Seebiergarten Lerchenau, der im März 2018 völlig überraschend nicht wiedereröffnete, weil die Eigentümerfamilie Able mittelfristig ein Boarding-Haus (also für einen begrenzten Zeitraum vermietete Appartements mit besonderen Services für die Mieter, zum Beispiel Frühstück) sowie einen neuen Biergarten bauen wollte. Doch bis heute passierte hier: nichts.

Anwohner, die regelmäßig um den See spazieren, kamen bis zum Schluss gerne hierher. "Münchens schönster Biergarten", hieß es oft, als Wiesnwirt Siegfried Able (Marstall Festzelt) vor etwa neun Jahren den Seebiergarten Lerchenau als Familienbetrieb eröffnete. Anwohner trauern bis heute dem schönen Ambiente hinterher. "Rund um den See gibt es nichts anderes, wo man sich auf ein Getränk hinsetzen könnte", sagt etwa Hans-Gerhard Rathelbeck (74), ein ehemaliger Tierarzt, "das war alles sehr sympathisch, Frau Able saß oft persönlich im Kassenhäuschen."
Auch Rathelbecks Bekannter Hans Griner (79) sieht das so und sagt: "Ich verstehe nicht, warum man diesen Ort so verkommen lässt, ganz abgesehen davon, ob jemals wieder ein Biergarten gebaut wird oder nicht."
Verlassener Biergarten: Gefahrenquelle?
Die Holzhütten des Seebiergartens, die Able hier im Sommer aufstellen ließ, dürften vielen bekannt vorgekommen sein. Denn es waren immer dieselben Bauten, die der Münchner Großwirt im Winter am Stachus aufbauen lässt, unter dem Motto "Eiszauber" – eine Schlittschuhbahn.
"Wie passend, oder?!", kommentiert das Rathelbeck und tritt vorsichtig auf die glitschige Holzterrasse des ehemaligen Seebiergartens am Wasser, "hier kann man nämlich mittlerweile auch Schlittschuhlaufen, aber ganz ohne Schlittschuhe." Rathelbeck geht gleich wieder runter. Er findet, dass der Ort heute eine einzige Gefahrenquelle ist, "eigentlich ein Schandfleck", sagt er.

Mit bloßem Auge gut erkennbar: lose Bodenplatten, gesplittertes Holz und Glas, Müll, eine Art Sickergrube, die notdürftig mit drei Bauzäunen und vier Holzlatten abgesperrt ist, Kabel, die aus dem Boden ragen und deren Enden nicht isoliert sind, scharfkantige Metallpfosten, die früher als Sonnenschirmständer dienten, mehrere Holzgeländer, die so morsch sind, dass sie bei starkem Wind wanken wie auf hoher See – und die einst so schöne Seeterrasse, mit einem Geländer, das durch Regen sowie massiven Möwen- und Taubenkot vor sich hinmodert.
Boarding-Haus und Biergarten in Planung
Alles halb so wild – so klingt das, wenn man die Familie Able darauf anspricht. Die Geschäftsführerin Verena Able sagt: "Wir haben bereits seit Ende 2018 eine Baugenehmigung, müssen aber mit unserer Architektin ein vernünftiges Konzept erarbeiten." Sie verspricht: "Neben einem Boarding-Haus wird auch wieder ein Biergarten gebaut. Wir wissen, dass ihn die Anwohner dort sehr vermissen."

Dass der jetzige Zustand nicht sonderlich verkehrssicher sei, das sieht sie nicht so. "Wir kümmern uns regelmäßig um das Grundstück. Aber manchmal herrscht dort Vandalismus. Und nach stürmischem Wetter sieht es natürlich auch sehr schnell unordentlich aus."
Ginge es nach den Ables, würde der Bau des Boarding-Hauses samt Biergarten und Restaurant noch heuer beginnen. "Aber das Bauchgefühl muss stimmen, bevor es losgeht", sagt Verena Able. Bis dahin müssen sich Anlieger wie Rathelbeck oder Griner wohl noch gedulden. Im Moment sieht es danach aus, dass ab dem Sommer 2021 hier wieder ein Biergarten stehen könnte.
Es wirkt aber auch so, als ob es eine Frage der Zeit ist, bis sich hier Senioren oder Kinder verletzen, falls es so bleibt.
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