München: Brauerei geht in die Offensive – Stehausschank in jedem Stadtviertel
München - Einst startete er in einer Untergiesinger Garage, am Freitag und Samstag feiert Steffen Marx große Brauerei-Eröffnung draußen in Milbertshofen. Hier spricht er über München und das Bier, die Frage, was die Halbe in Sendling kosten kann und Stehkneipen für Neubaugebiete.
AZ: Herr Marx, was macht den Zauber aus, nicht im Wirtshaus zu sitzen, sondern in einem Stehausschank zu stehen?
STEFFEN MARX: Es ist super unkompliziert. Vom Handwerker bis zum Anzugträger, von der Oma bis zum 18-Jährigen sind alle da. Die Stimmung ist immer gut, es entstehen interessante Gespräche nach links und rechts, die Leute fühlen sich abgelenkt vom Alltagsstress. Das ist unser Auftrag!
Giesinger-Bräu-Chef Steffen Marx: Bier soll für alle sein
Und was ist für Sie als Gastronom wirtschaftlich interessant an dem Konzept?
Am Viktualienmarkt hat es sich eher zufällig ergeben, dass wir dieses Lokal angemietet haben. Und dann haben wir gemerkt: Wir kommen gut ohne Essen aus, die Leute wollen einfach ein schnelles Feierabend-Bierchen oder eines zwischendurch zwitschern beim Stadtbummel. Unser Publikum ist echt bunt gemischt, am Viktualienmarkt haben wir auch einen sehr hohen Frauenanteil! Und noch etwas passt gut in diese Zeit.
Was denn?
Ohne Küche, ohne Essen brauchen wir viel weniger Personal. Und zu all dem kommt: Es gibt einfach nur noch viel zu selten einen Stehausschank. In der Innenstadt ja vielleicht noch zwei.
Giesinger Stehausschänke: Entspannte Atmosphäre mit günstigen Preisen
Sie geben das Ziel aus, Giesinger Stehausschänke in allen 25 Münchner Stadtbezirken zu haben. Ist das nicht arg ambitioniert?
Ach, deshalb habe ich zur Brauerei-Eröffnung alle Bezirksausschuss-Chefs eingeladen, um vorzufühlen (lacht). Im Ernst, was funktioniert, wird auch eine Frage der Lage sein. Zum Beispiel muss es in der direkten Umgebung Essen geben, damit die Leute sich auch mal zwischendurch kurz Cevapcici oder Pizza holen können.
Aber Sie haben ernsthaft vor, in den nächsten Jahren in sehr viele weitere Stadtviertel zu expandieren?
Ja, das ist richtig. Schauen Sie, München wächst, überall werden neue Wohnungen gebaut, aber die gastronomische Erschließung kommt überhaupt nicht hinterher. Alle bauen immer neue Wohnungen und Geschäfte – aber wer baut Gastronomie, wer baut Biergärten? Wir würden gerne auch in neue Stadtviertel – aber mit den alteingesessenen haben wir natürlich auch noch zu tun.
Stehausschank in Untersendling für den klassischen Familienvater
Bald eröffnen Sie mitten in Untersendling. In ein paar Fußminuten Umgebung kann man problemlos im Stehen Bier trinken. "Bei Tina", "Bei Vaia", "Bei Dagmar", im "Schwarzen Engel" oder im "Sonnenstüberl". Warum braucht es ausgerechnet hier noch einen Stehausschank?
Sie haben das A21 in der Aberlestraße vergessen!

Stimmt. Also: Warum braucht es hier noch eine Anlaufstelle für Steh-Biertrinker?
Ach, das ist doch alles kein Stehausschank von Giesinger! Und: Wir schenken Tankware aus, Giesinger aus dem Tank. Wir wollen ein bisschen ein moderneres Ambiente, ein gemischteres Publikum, den Familienvater ansprechen.
Wie sind Sie auf Untersendling gekommen?
Wir haben ja eine Crowdfunding-Mannschaft von Tausenden Münchnern. Wir scannen natürlich Postleitzahlen – und in Untersendling gibt es offenbar viele Giesinger-Trinker. Dafür spricht auch, dass wir im Edeka an der Implerstraße stadtweit am besten verkaufen.
Giesinger Bräu: Auch an beliebten Standorten bleibt der Bierpreis günstig
Der Bierpreis dürfte für Sie in Sendling aber eine ziemliche Gratwanderung sein, oder? Zwischen Tina und dem Schwarzen Engel können Sie ja schwerlich Innenstadt-Preise nehmen.
Am Viktualienmarkt sind wir für die Halbe Hell bei 4,40 Euro, der Pschorr liegt bei 6,10 Euro. Das ist ja schonmal ein großes Gefälle. Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mal über 4 Euro für ein Bier nehme, aber leider ist das nicht mehr zu halten, wir müssen ja auch Personal und Miete zahlen.
Was heißt das in Sendling?
Ich denke, dass wir anfangs die Halbe für 3,90 anbieten können, um die Nachbarschaft anzulocken. Mit dem Preis müssen wir uns auch in Sendling nicht verstecken.
Reden wir über Ihren sehr anderen neuen Standort, die Maxvorstadt. Was zieht Giesinger Bräu zu den reichen jungen Leuten?
Der Standort ist eh ganz anders. Es war keine Gaststätten-Konzession drauf. In Sendling haben wir zwei Parkbuchten als Schanigarten, in der Augustenstraße keinen Außenbereich, dafür aber wahrscheinlich sehr viel mehr Laufkundschaft. An der Augustenstraße entwickelt sich gerade viel, da machen wir jetzt mit. Vielleicht wird sie auch irgendwann Fußgängerzone. Der Vermieter hatte 200 Bewerbungen für den Laden – und wollte unbedingt Giesinger haben!
Steffen Marx: Für Giesing als Viertel gibt es noch Hoffnung
Sprechen wir noch über Ihr Viertel, über Giesing. Direkt gegenüber von Ihrem Stammsitz gibt es Tony's Stüberl nicht mehr, ums Eck macht bald der Trepperlwirt zu. Ein Zeichen dafür, wie sehr es abwärts geht mit Giesing und seiner Biertrinker-Kultur?
Es ist schon sehr schade. Das biertrinkende Klientel muss doch auch irgendwo außer Haus Bier trinken können! Aber ich mache mir noch keine Sorgen um Giesing insgesamt. Der Tony immerhin ist ja an der Schönstraße untergekommen, die "Kleine Kneipe" zum Beispiel ist auch sehr stabil, die ein oder andere Boazn gibt es schon noch.
Suchen Sie auch selbst in Giesing nach neuen Standorten für den ein oder anderen neuen Giesinger Stehausschank?
Da bin ich ein bisschen unsicher. Wir halten die Ohren offen, schauen alles an – und sind auch dankbar für Leser-Tipps! Aber zu nahe dran an unserem Bräustüberl mit Stehausschank sollte es natürlich auch nicht sei. Sonst graben wir uns ja das eigene Klientel ab.
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