München blitzt weniger als andere deutsche Großstädte – Stadträte sehen Handlungsbedarf

Laut einer neuen Statistik liegt man im Städte-Vergleich ziemlich weit hinten. Die ganze Debatte.
Hüseyin Ince
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Bundesweiter 24-Stunden-Blitzmarathon, hier in Haar. Auf der Wasserburger Landstraße kontrollierten Polizisten am 24. März 2022 per mobiler Messstation.
Bundesweiter 24-Stunden-Blitzmarathon, hier in Haar. Auf der Wasserburger Landstraße kontrollierten Polizisten am 24. März 2022 per mobiler Messstation. © IMAGO/Sven Simon

München - Blitzpistolen, verschraubte Blitzkästen, mobile Messanlagen, Rotlichtblitzer: 40 deutsche Städte hat eine Erhebung der Anwaltskanzlei Goldenstein kürzlich ins Visier genommen. Und sie nahm es genau. Differenziert wurde gleich in mehreren Kategorien, wie viel, wie oft die Geschwindigkeit im Straßenverkehr kontrolliert wird. Auch Verstöße gegen das Rotlicht wurden einberechnet, die ja bekanntlich durch Blitzer an der Ampel registriert werden.

Jede Stadt Deutschlands hat natürlich eine eigene Größe und eine eigene Straßenfläche. Erhoben wurde daher die Blitzerdichte pro 1.000 Hektar. Die durchaus belastbare sowie vergleichbare Zahl fällt hier besonders auf. Denn sie katapultiert München auf die hintersten sechs Ränge.

Hamburg: sieben Mal so viele feste Blitzer wie in München

Auf Platz 35 von 40 landet somit München. Das ist der gesamten Blitzerdichte geschuldet: Sie beträgt hier 3,4 Blitzer pro 1.000 Hektar (oder: je zehn Quadratkilometer). Spitzenreiter der Statistik ist Wuppertal: Hier wird gefühlt im Sekundentakt geblitzt, bei einer Messanlagen-Dichte von 26,1 Blitzern pro 1.000 Hektar und pro Tag (Summe aus mobilen, teilfesten sowie festen Anlagen).

Anders gesagt: In Wuppertal stehen fast acht Mal (7,67-facher Wert) so viele feste Blitzer wie in München. Das heißt natürlich, dass die Gefahr, bei zu hoher Geschwindigkeit oder bei Rotlichtverstoß im Stadtgebiet erwischt zu werden, fast acht Mal so hoch ist.

Auch bei festen installierten Blitzern – eine Garantie dafür, dass ortskundige Autofahrer hier nicht rasen – fällt München ab. Hamburg – eine mit München vergleichbare Stadt – hat beispielsweise 56 feste Blitzer. In München sind es zehn.

Rekord: 197 km/h bei erlaubten 60 km/h auf dem Ring

Nur Städte wie Magdeburg, Krefeld, Essen, Braunschweig sowie Duisburg haben eine noch geringere Blitzeraktivität als München (Rang 40 bis 36, zwischen 0,7 und 2,9 Blitzanlagen je 1.000 Hektar). Vereinfacht gesagt: Da wirkt die recht lockere Kontrolldichte hierzulande fast schon wie eine Einladung zum Rasen.

Ein Beispiel dazu: Im April 2020 erwischte die Münchner Polizei bei einer Blitzprobe einen Autofahrer, der mit rekordverdächtigen 197 km/h auf dem Georg-Brauchle-Ring unterwegs gewesen ist – bei erlaubten 60 km/h.

Die Gesamtzahl der Messungen vom Kreisverwaltungsreferat wirkt dagegen beachtlich: Das KVR führe jährlich etwa acht Millionen Geschwindigkeitsmessungen durch – unabhängig von der Polizei – und stelle dabei 75.000 Verstöße fest. Das sind 180 bis 300 Messungen pro Tag. Deren Rekordverdacht, aus dem Jahr 2022: Tempo 95 in der 30-er Zone. Ohnehin zweifelt das KVR an den erhobenen Zahlen der Kanzlei, hieß es gestern auf AZ-Anfrage.

SPD-Stadtrat Gradl: "Wir brauchen mehr Blitzer"

Stadträte wie Tobias Ruff (ÖDP) sind nicht verwundert über das Goldenstein-Ranking. Er fordert dringend mehr Kontrollanlagen. Ein Totschlagargument seien dabei häufig die hohen Kosten, vor allem für den Betrieb von fest installierten Blitzanlagen. "Eigentlich darf es aber kein Argument sein. Sie sorgen für mehr Sicherheit im Verkehr und treiben bei Verstößen ja auch Geld ein", sagt Ruff. Und dieses Plus an Sicherheit durch Blitzanlagen dürfe ruhig etwas kosten.

Stadtrat Ruff hat zwei Kinder im Alter von 13 und sechs Jahren. "Ich fahre morgens auf dem Rad oft mit bis zur Schule, weil ich mich dabei wohler fühle", erzählt Ruff. Zu häufig habe er einfach erlebt, dass Autofahrer auf der Strecke zu schnell unterwegs seien, "vor allem in der Hektik des Berufsverkehrs", sagt er.

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Auch SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl sieht dringenden Handlungsbedarf bei den Messungen. Er bezieht sich auf eine andere Statistik des Navigationssystem-Herstellers Tomtom. Laut deren Erhebungen – im sogenannten Schlauatlas - werde in München kaum Tempo 30 eingehalten, wo es eingefordert wird. Stets seien die Autofahrer teils deutlich schneller.

"Wir brauchen mehr fest installierte Blitzer und auch überraschende Geschwindigkeitskontrollen", sagt Gradl. Es wirke nicht lange nach, wenn nur zu Schulbeginn verstärkt geblitzt werde.

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35 Kommentare
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  • Heide Fröttmaninger am 04.01.2023 21:58 Uhr / Bewertung:

    Was will man in der Heimatstadt von BMW anderes von der Politik erwarten?

  • Chris_1860 am 05.01.2023 00:59 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Heide Fröttmaninger

    Aber die Milliarden, die BMW seit einigen Dekaden ins Münchner Steuersäckel einzahlt und die lebensnotwendig für den Etat sind, nimmst schon gerne als Münchner Bürger wahr?

    Von den Arbeitsplätzen ganz zu schweigen.

    Unabhängig davon halten sich Fahrer aller Marken nicht an due Regeln.

    Dein Posting ist also mal wieder reine Polemik, ohne jedwede sachliche Substanz.

  • Heide Fröttmaninger am 06.01.2023 11:21 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Chris_1860

    Und das soll deine Argumentation gegen das Blitzen sein?
    Damit es BMW (und dem Rest der Autoindustrie) gut geht? Diese Denke bestimmt das Handeln der deutschen Politik ohnehin seit dem Wirtschaftswunder der 1950er Jahre. Also beschwer dich nicht, wenn jemand das kritischer sieht als du.

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