München: Arzt (68) verschreibt Cannabis gegen Bares

München - Mit seiner Profession scheint Hans T. (68, Name geändert) innerlich bereits abgeschlossen zu haben. Als Richter Markus Koppenleitner beim Prozessauftakt am Mittwoch anbietet, dem Angeklagten drei Monate Haft zu erlassen, wenn er seine Approbation zurückgibt, zögert der Mediziner keinen Moment und erklärt sich damit einverstanden.
Der Vorwurf: Keine Anamnese, keine Untersuchung, keine Diagnose, keine Indikation - ohne viel zu fragen, stellte der Arzt in seiner Praxis am Maximiliansplatz Rezepte für Cannabis-Produkte aus. Aber nicht nur dort.
München: Cannabis-Rezepte am Café-Tisch
Termine beim Cannabis-Doc gab es auch in mehreren Cafés. Der Angeklagte setzte sich dort an einen reservierten Tisch und empfing seine Patienten, die an Ort und Stelle die Cannabis-Verschreibungen bekamen. Gegen Bares. Bei der Erstverschreibung waren zunächst 120, später 150 Euro fällig. Weitere Rezepte kosteten dann 60 Euro. 557 Einzelfälle listet die Anklage auf.
So wanderten zwischen dem 1. März 2017 - damals trat ein neues Gesetz in Kraft, das Verschreibungen von Cannabisblüten und -extrakten zu medizinischen Zwecken erlaubte - und dem 4. Oktober 2018 über 51.000 Euro in die Tasche des Mediziners. Die Gesamtmenge des verschriebenen Marihuanas? 23,69 Kilo.
Ermittler finden Marihuana, einen Revolver und eine Pistole bei Münchner Arzt
Die Aktenlage war klar. Bei Durchsuchungen von Wohnung und Praxis fanden die Ermittler zudem neun Gramm Marihuana. In seiner Wohnung lagen unerlaubterweise ein Revolver und eine Pistole.
Der Verteidiger regt beim Prozessbeginn ein Rechtsgespräch an, um das Verfahren zu verkürzen. Die Vorstellungen beim Strafmaß liegen dabei anfangs aber weit auseinander. Der Anwalt führt unter anderem das hohe Alter seines Mandanten ins Feld, dass dieser ohne Vorstrafen sei und die Akzeptanz weicher Drogen zugenommen habe. Die Staatsanwältin verweist dagegen auf die große Menge des verschriebenen Cannabis.
68-Jähriger aus München muss etwa vier Jahre in Haft
Die Prozessbeteiligten werden sich schließlich doch einig - um die vier Jahre Haft sollen es werden - und Hans T. erklärt: "Die Anklage ist richtig. Mir kam es darauf an, Geld zu verdienen." Nur ein Einwand: Er habe nicht nur "Dollarzeichen in den Augen" gehabt, sondern bei Bedürftigen auch mal aufs Geld verzichtet.
Der Prozess wird fortgesetzt.