München am Tag danach: Der Kater nach der Party
München - Ausgehen bedeutet in Corona-Zeiten etwas ganz anderes als noch vor eineinhalb Jahren: Man geht nicht mehr irgendwo hin - in einen angesagten Club oder eine Bar. Man pendelt zwischen den verschiedenen Hotspots in Schwabing und dem Univiertel.
Manch Anwohner atmete am Samstagabend erleichtert auf, als es in der Stadt zu regnen begann und sich die Straßen ungewöhnlich früh zu leeren begannen. Am Brunnen an der Ludwig-Maximilians-Universität feierten nach Polizeiangaben wieder rund 1500 überwiegend junge Leute. "Es blieb aber überwiegend friedlich", sagt Polizeisprecher Andreas Franken.
Am Morgen nach der Party sind die Spuren der Nacht sichtbar
Die AZ geht am Morgen danach auf Spurensuche. Und die Spuren der Nacht sind nicht schwer zu finden. Student Leo (25) sitzt noch am Wedekindplatz: "Ich habe gerade die Nacht durchgemacht. Mir reicht es. Mein Appell: Macht die Clubs auf, dann wird auch der Müll auf den Straßen weniger."

Am Brunnen vor der Uni schäumt am Sonntagmorgen das Wasser. Müll treibt in der Brühe. Irgendwelche Spaßvögel haben offensichtlich Spülmittel hineingekippt. Auch drumherum liegt überall Müll der Partynacht: Flaschen, Dosen, Plastikverpackungen.
Zwei Auszubildende sitzen morgens um kurz nach 8 Uhr mit einem Becher Kaffee auf einer Bank in der Nähe des Siegestores. Die Nacht war lang und schön. Ein Wermutstropfen bleibt. Azubi Laura (18): "Das mit dem vielen Müll, den manche liegenlassen, ist für mich nicht nachvollziehbar."
Partymüll am Wedekindplatz
Berufsmusikerin Olecia Sandbaek (41) wohnt am Wedekindplatz. Sie spricht von Vandalismus. "Furchtbar, wie das hier aussieht." Sonntagfrüh ist immer alles verdreckt, die Mülleimer quellen über, die Leute werfen alles auf den Boden. "Ich habe Verständnis für Studenten, die feiern möchten", sagt die 41-Jährige, "wünschen würde ich mir aber, mehr Rücksicht untereinander und dass nicht jeder seinen Müll liegenläßt."

Die Straßenreinigung schiebt seit Wochen an den Partyhotspots frühmorgens bereits Sonderschichten, um den Dreck zu beseitigen. Chamssidine (60) arbeitet seit 25 Jahren bei der Straßenreinigung: "In Corona-Zeiten ist es deutlich mehr Müll geworden als vorher. Mit meinem Kollegen hatte ich früher 90 Mülleimer abzuarbeiten, jetzt sind es 170 Mülleimer."
Auf der Leopoldstraße sieht es wieder schlimm aus. Morgens um vier Uhr fangen Chamssidine und seine Kollegen an, die Spuren der zu Ende gehenden Partynacht zu beseitigen. An den übrigen Hotspots im Englischen Garten, entlang der Isar, an der Wittelsbacherbrücke überall dasselbe Bild: weggeworfene Pizzakartons, Plastikbecher, Glasflaschen ...

Die spätere Sperrstunde zeigt Wirkung
Die spätere Sperrstunde in der Gastronomie scheint sich inzwischen bemerkbar zu machen und das Gedränge auf Straßen und Plätzen etwas zu entzerren. Wobei Discos und Clubs noch immer geschlossen haben. Wenn man schon nicht miteinander tanzen kann, dann wenigstens zusammenstehen. Nach mehr als einem Jahr voller Verbote und ständig neuer Regeln haben viele die Nase voll. Die Leute wollen sich gar nicht verteilen, was für Anwohner etwa in der Türkenstraße die Lage etwas erträglicher machen würde. Die Nachtschwärmer wollen eng zusammen sein, suchen den Kontakt, wollen endlich nicht mehr alleine sein.
Am Samstagabend ließ die Polizei ab einer gewissen Anzahl Menschen niemanden mehr in die Türkenstraße und schickte die nachrückenden Nachtschwärmer weiter. Die Leute ziehen dann beispielsweise zum Professor-Huber-Platz. Ein Spiel, das sich wiederholt. Nächste Runde dann am nächsten Wochenende.