München: Ärger um die Eisbach-Schwimmer

München - Wegen des Hochwassers ist heute nicht so viel los wie sonst, aber die Rufe der Eisbach-Schwimmer dringen dennoch immer wieder in das Wohnzimmer von Peter S. (Name von der Redaktion geändert) in der Oettingenstraße. Nur gut eine Woche ist es her, dass hier wieder jemand ertrunken ist – für die Anwohner entlang des Kanals sind die Sirenen der Sanker und der Lärm des Rettungshubschraubers mittlerweile fast schon zur Gewohnheit geworden.
Hilfe gebraucht oder Gaudi? Ständige Frage der Anwohner
Vor drei Jahren hat Peter S. selbst eine Joggerin aus dem Wasser gezogen, die mit ihrem Hund in das Wasser gefallen ist. Es gibt einige Nachbarn, die solche oder ähnliche Geschichten erzählen können. Einer hat kürzlich einen Orden erhalten für die dritte Person, die er aus dem Eisbach gerettet hat – im Rentenalter. "Wir tragen eine Verantwortung, für die wir uns nie bereiterklärt haben", sagt Peter S., "und müssen uns bei solchen Rettungsaktionen auch immer selbst in Gefahr begeben." Das Schwimmen im Eisbach ist gefährlich (und eigentlich ja auch verboten), dennoch hat das Baden hier – vor allem unter den jungen Münchnern – Kult-Status.
Beim Bade-Abenteuer kommt es dabei aber auch oft zu Unfällen und Verletzungen: Jemand springt von der Brücke und landet auf einem anderen Schwimmer oder man schneidet sich an einer Glasscherbe, die im Fluss gelandet ist. Auch Unterkühlungen bekommen die Anwohner regelmäßig mit, müssen mit ansehen, wie die Schwimmer versuchen, sich zu übergeben oder sich auf den Asphalt legen, um sich aufzuwärmen – gefährlich nah an Autos oder Tram.
Die Anwohner plagt dabei dauerhaft das schlechte Gewissen: "Wir hören ständig das Geschrei in der Wohnung", sagt Margarete B. (Name geändert), "aber können nicht unterscheiden, ob es aus Gaudi ist oder ob jemand um Hilfe schreit". Früher ist sie immer wieder vor die Tür gegangen, um zu sehen, ob jemand Hilfe braucht, doch viele Situationen entpuppen sich meist als harmlos.
Unterschriftenliste für sichereres Baden im Eisbach
Die alleinerziehende Frau, die mit ihrem Sohn in der Karolinenstraße wohnt, steckt so dauernd in einem Dilemma: "Als Mutter habe ich den Instinkt zu helfen, wenn ich dieses Geschrei höre. Aber ich kann mein Kind auch nicht alleine lassen." Vor allem wundert sie sich, dass man nicht für mehr Sicherheit am Eisbach sorgt: "Auf der einen Seite werden die Schwimmer von der Stadt geduldet, aber auf der anderen gibt es keinen sicheren Ausstieg, Hinweisschilder an der Brücke, Rettungsringe oder jemanden, der aufpasst, wie Bademeister oder Wasserwacht." An der Karolinenstraße gibt es zudem auch eine Stelle ohne Zaun, an der man ungeschützt ins Wasser fallen kann.

Schon öfter ist beim Wildbieseln im Gebüsch jemand hier nachts heruntergefallen – sogar im tiefsten Winter. Den Kinderwagen kann sie hier nicht guten Gewissens abstellen. Um etwas an der Situation zu ändern, haben die Anwohner schon einiges versucht. Für Gespräche sind die Jugendlichen nicht offen, werden leicht aggressiv, brüllen die Anwohner an und klingeln manchmal in der Nacht sogar Sturm.
Von der Polizei hat Peter S. den Hinweis bekommen wegzuschauen – und auch der Bezirksausschuss hat sich ihrem Anliegen nicht zufriedenstellend angenommen. "Wir möchten niemandem den Spaß verderben", sagt er, "aber es muss doch da auch eine Lösung geben, mit der beide Seiten zufrieden sind".
Gemeinsam haben die Nachbarn nun eine Unterschriftenliste gestartet, um Änderungen herbeizuführen. Sie fordern, dass die Stadt einen Ausstieg aus dem Eisbach innerhalb des Englischen Gartens ausbaut und so zum sicheren Baden beiträgt. Auch sollen gegen den Lärm die Ketten an den Brücken vor den Wohnhäusern entfernt werden, da sich die Schwimmer daran festhalten, was den Lärm nur noch verstärkt. Auch ein Schallschutz würde helfen. Und: Die Anwohner wollen auch, dass das Brücken-Springen mit Schildern und Zäunen unterbunden wird.
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