München: 218 Millionen neue Schulden im nächsten Jahr

Marathonsitzung im Stadtrat: Der Kämmerer malt ein düsteres Zukunftsbild
MÜNCHEN Haushalten in Zeiten der Krise – das ist auch in einer vergleichsweise reichen Stadt wie München keine einfache Aufgabe. Oder wie Ernst Wolowicz es ausdrückt: „keine vergnügungssteuerpflichtige Angelegenheit“. In einer Marathonsitzung des Stadtrats zum Haushalt 2010 zeichnete der Kämmerer gestern ein düsteres Zukunftsbild: „Die Stadt wird im nächsten Jahr stark von der Substanz zehren müssen.“
München macht Miese. Für das kommende Jahr ist eine Nettoneuverschuldung von 218 Millionen Euro geplant. Schon jetzt beträgt der Schuldenberg in der Landeshauptstadt 2,3 Milliarden Euro . Immerhin: Im Jahr 2009 werde die Stadt noch ohne neue Schulden auskommen, erklärte Wolowicz. Doch eines ist klar: Die fetten Jahre sind vorbei. Von 2006 bis 2008 war es gelungen, über eine Milliarde Euro an Schulden abzubauen. 2009 hätten eigentlich weitere 250 Millionen Euro abgetragen werden sollen – doch daran ist nicht mehr zu denken.
Der Kämmerer geht davon aus, dass das rechnerische Eigenkapital der Stadt von derzeit rund 8,16 Milliarden Euro kommendes Jahr voraussichtlich um über eine halbe Milliarde Euro zurückgehen wird.
„Münchner Kinder, die heute zur Welt kommen, bekommen bei der Geburt etwa 1700 Euro städtischer Schulden aufgebürdet“, kritisierte Jörg Hoffmann von der FDP. Die Ausgaben der Stadt seien einfach zu hoch. Er prangerte zudem „verheimlichte Haushaltsrisiken“ an. Tatsächlich sind weder die Investitionszuschüsse für die Markthallen noch für den Gasteig im Haushalt vorgesehen – in beiden Fällen Summen im dreistelligen Millionenbereich. Wegen „fehlender Planungsreife“, wie es heißt. Im nächsten Jahr steht aber die Grundsatzentscheidung über die Höhe der Gesamtkosten an. Allein die Sanierung des Gasteigs werde mit rund 200 Millionen Euro etwa doppelt so viel kosten, wie der seinerzeitige Neubau, beklagte FDP-Mann Hoffmann. „Ein Neubau kommt wahrscheinlich billiger.“
Auch CSU-Stadtrat Vinzenz Zöttl erklärte, ihm mache das Tempo des Anstiegs bei den Ausgaben „große Sorgen“. Allein in den vergangenen sechs Monaten seien zwei Prozent des gesamten Haushaltsvolumens ausgegeben worden.
Welche Ausgaben sind für 2010 geplant? Trotz sinkender Steuereinnahmen – bei der Gewerbe- und Einkommenssteuer wird mit einem nochmaligen Einbruch von 100 Millionen Euro gerechnet – bleibt das Investitionsniveau der Stadt hoch. Vorerst sind 661 Millionen Euro eingeplant. Davon werden allein 137 Millionen Euro für die Schulen aufgewandt, 80 Millionen für den Wohnungsbau, 50 Millionen für Kinderbetreuungseinrichtungen und 66 Millionen für den Ausbau des Mittleren Rings. Damit bleibt München laut OB Christian Ude „Rekordmeister“ bei den Investitionen. „Wir weigern uns, die Stadt kaputtzusparen.“
Auch 2010 sollen alle sozialen Leistungen und Angebote aufrecht erhalten werden. Unter einer Bedingung: „Die Belastung durch die Krise – geringere Einnahmen und höhere Kosten – darf nicht auch noch durch kommunalfeindliche Entscheidungen des Bundes verringert werden!“ Eindringlich forderte der OB die neue Bundesregierung auf, die Finger vom der Gewerbesteuer zu lassen. „Wer sich an der Gewerbesteuer als zentraler Einnahmequelle der Kommunen versündigt, zerstört die kommunale Selbstverwaltung in ihrem Kern!“ Julia Lenders