München 1972: das Olympia-Attentat vor 52 Jahren

Die Schüsse in der Nähe des israelischen Generalkonsulats und des NS-Dokuzentrums fallen genau auf den 52. Jahrestag des Olympia-Attentats. Was damals passierte.
von  Helena Ott
Einer der palästinensischen Geiselnehmer auf dem Balkon in der Conollystraße im Olympiadorf kurz nach der Geiselnahme.
Einer der palästinensischen Geiselnehmer auf dem Balkon in der Conollystraße im Olympiadorf kurz nach der Geiselnahme. © imago

München – Der 5. September 1972. Es ist der elfte Tag der ersten Olympischen Spiele auf deutschem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg: Angreifer der palästinensischen Terrorgruppe "Schwarzer September" dringen in den frühen Morgenstunden in Appartements der israelischen Mannschaft ein. Sie erschießen zwei Sportler und nehmen neun Geiseln.

5. September 1972: Das Ende der heiteren Spiele von München

Es ist der 52. Jahrestag. In diesem Kontext sind die Schüsse an diesem Donnerstag in der Nähe des israelischen Generalkonsulats und des NS-Dokumentationszentrums in der Maxvorstadt gefallen. Am Jahrestag eines der schlimmsten Terrorakte in der Münchner Nachkriegszeit. Am Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck wurden neun der insgesamt zwölf Todesopfer des terroristischen Angriffs getötet. Nach Bekanntwerden der Schüsse in der Maxvorstadt am gestrigen Donnerstag wurde die Gedenkveranstaltung am Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck aus Sicherheitsgründen abgesagt.

Ein Foto, das um die Welt ging: Ein bewaffneter Polizeibeamter im roten Trainingsanzug sichert am 5. September 1972 im Olympischen Dorf den Block, in dem Terroristen die israelischen Geiseln festhalten.
Ein Foto, das um die Welt ging: Ein bewaffneter Polizeibeamter im roten Trainingsanzug sichert am 5. September 1972 im Olympischen Dorf den Block, in dem Terroristen die israelischen Geiseln festhalten. © dpa

1972: Es sollten unbedingt "heitere" und "weltoffene" Spiele werden. Nichts sollte an die Naziherrschaft, an München als "Hauptstadt der Bewegung" oder an Hitlers Spiele 1936 in Berlin erinnern – doch am elften Tag der Spiele wurde diese Verheißung jäh zerstört.

Der israelische Trainer Moshe Weinberg und der Gewichtheber Yossef Romano versuchten noch, sich gegen die Angreifer zu wehren: Mitglieder der Terrorgruppe "Schwarzer September", die in die Apartments der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf eingedrungen. Beide wurden noch in der Unterkunft erschossen.

Die Terroristen forderten die Freilassung von 326 palästinensischen Inhaftierten

Neun weitere israelische Sportler und Betreuer hielten die Angreifer in dem Gebäude als Geiseln fest. Die Terroristen forderten die Freilassung von 326 palästinensischen Inhaftierten, die in israelischer Haft waren; zusätzlich die Freilassung eines Mitglieds der Japanischen Roten Armee und des RAF-Mitglieds Ulrike Meinhof. Aber die israelische Regierung lehnte eine Freilassung Inhaftierter ab. Weiter wurden mehrere Pläne der bayerischen Polizei, die Geiseln im Olympischen Dorf zu befreien, wegen der hohen Risiken abgebrochen.

Ankie Spitzer, die Witwe des ermordeten Fechttrainers Andre Spitzer im verwüsteten Raum des Olympiadorfs, in dem die Terroristen vier Tage zuvor neun israelische Sportler festhielten.
Ankie Spitzer, die Witwe des ermordeten Fechttrainers Andre Spitzer im verwüsteten Raum des Olympiadorfs, in dem die Terroristen vier Tage zuvor neun israelische Sportler festhielten. © dpa

Gegen 17 Uhr forderten die Geiselnehmer, mit ihren Geiseln nach Ägypten ausgeflogen zu werden. Zum Schein ging die Polizei auf die Forderungen ein. Dazu sollte ein Flugzeug auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck bereitgestellt werden. Die Polizisten gingen fatalerweise von nur fünf Geiselnehmern aus. Erst als die den Unterschlupf im Olympischen Dorf verließen, um in den bereitgestellten Helikopter zu steigen, der zum Transfer zum Flugplatz eingesetzt wurde, fiel auf, dass die Geiselnehmer zu acht waren. Diese Information wurde aber nicht an die Einsatzleitung am Fliegerhorst weitergegeben.

Die Polizisten dort wollten den Gewalttätern eine Falle stellen. Sie schickte als Flugzeugcrew getarnte Polizisten in die bereitgestellte Maschine. Doch vor dem Eintreffen der Helikopter mit Geiseln und Geiselnehmern brachen sie die Aktion ab. Als die Mitglieder der Terrorgruppe, ob der leeren Maschine, die Falle bemerkten, wollten sie zurück zu den Helikoptern. Im Feuergefecht der Polizei erschossen sie weitere Geiseln, andere starben im Feuer einer Granate und dem brennenden Helikopter.

Der ausgebrannte Helikopter nach der missglückten Befreiung der Geiseln auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck. Foto: dpa
Der ausgebrannte Helikopter nach der missglückten Befreiung der Geiseln auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck. Foto: dpa © dpa

Die Terrortat stand damals im Mittelpunkt internationaler Berichterstattung. Und trotz der Proteste aus der Zivilgesellschaft und der israelischen Regierung ließ der damalige IOC-Präsident Avery Brundage (USA) die Spiele mit dem berühmten Satz "The games must go on" fortsetzen.

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