München: 089-Betreiber machen Bar zum Atelier
München - Dort, wo Julian M. und Simon B. auf Sesseln fläzen und zufrieden den Dancefloor überblicken, war bis zum 12. März der Tresen der 089-Bar.
Seit dem Lockdown ist der Nachtclub am Maximiliansplatz geschlossen, eine Perspektive gibt es bis heute nicht. Deshalb haben sich die Betreiber entschlossen, ihren Laden Künstlern zur Verfügung zu stellen. "Nichts, wir zahlen hier einfach nichts", sagt Julian M. Er studiert Kunstpädagogik und arbeitet als Nachtdienst, ein Atelier in München könnte er sich nicht leisten.
Tätowierer, Musiker und bildende Künstler
Neun Künstler um Fillin Guas sind hier vor zwei Wochen eingezogen. Fillin Guas, das ist laut Julian M. so ein Typ, dessen Augen leuchten und der voller Ideen ist, der aber ungern in der Öffentlichkeit steht. Er hat den Kontakt zu den Clubbetreibern hergestellt.
"Die, denen das gehört, haben früher gemalt und meinten, sie hätten sich gewünscht, einen solchen Raum zu haben", sagt Julian M. Wenn die Clubchefs im Büro sind, schauen sie auf einen Ratsch vorbei und immer gibt’s was Neues zu entdecken: Die Bars sind jetzt mit Holz abgedeckt, die Wände verhängt, der Boden mit Malervlies geschützt. "Das ist das Einzige, was wir gekauft haben. Die Sofas, den Paravent und all das Zeug, haben wir über Ebay Kleinanzeigen geschenkt bekommen", sagt Julian M.

Zu dem losen Kollektiv broke.today gehören auch die Tätowiererin Anna Enola, ein Musiker, bildende Künstler und als Jüngster Simon B. (20), der sich derzeit für die Designschule bewirbt. "Ich sitze hier jeden Tag mindestens eine halbe Stunde im Sessel und schaue mich einfach nur um", sagt Simon B. Und wenn er genug geschaut hat, malt er große Leinwände.
Künstler wünschen sich, dass die Idee Schule macht
Am Mittwoch haben sich die Leute aus der 089-Bar gegenseitig gezeichnet – zur Übung. Man merkt: Die Bühnenbar ist zum Abhängen und unten wird gearbeitet. Publikumsverkehr können sie nicht brauchen – nicht nur wegen Corona, weshalb sich jeder am Eingang die Hände desinfizieren muss. Sondern auch, weil das 089-Atelier ein Arbeitsplatz ist. Eine Künstlerin ist froh, hier endlich genug Platz zu haben, um einen Sonnenschirm fertigzustellen, der im Lenbachhaus ausgestellt wird.
Auch deshalb wünschen sich die Künstler, dass die Idee Schule macht: "In der Stadt stehen doch noch viel mehr Läden leer", sagt Julian M. Bis Ende Oktober dürfen sie die Räumlichkeiten erstmal nutzen – wenn sich an der Situation für die Clubs nichts ändert. Mal abgesehen von der großen Idee eines Kollektivs, in dem sich die Menschen gegenseitig inspirieren, hätten sie gerne noch ein Bällchenbad im Club. Irgendein Eck wird sich in dem großen Raum schon finden.
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