Mücken-Alarm um München: Was hilft wirklich?
Sie sind klein und nervig: Derzeit wird die Region von einer regelrechten Mückenplage heimgesucht. Schuld ist das Hochwasser, doch die AZ weiß, was wirklich hilft.
München - Es ist schon eine Weile her, dass eine kleine Auwaldmücke, nennen wir sie Minni, durch die Wälder rund um München geflogen ist. Vielleicht ist es ein Jahr, vielleicht auch zwei. Minni suchte nach einer Kinderstube für ihre Larven und wurde in einer kleinen Senke fündig. Noch war die Senke trocken. Aber irgendwann, das kann Minni riechen, kommt wieder ein Hochwasser, drückt den Grundwasserspiegel nach oben und schafft genau den Tümpel, in dem ihre Larven sich entwickeln können.
Das Hochwasser kam bekanntlich. Und schuf unzählige Tümpel, in denen Milliarden von Minnies Kindern schlüpfen konnten. Das Ergebnis: Eine Mückenplage. „Hochwassermücken“ nennt das der Experte. Der Grund ist gruselig: Denn die Eier von Auwaldmücke und Wiesenmücke sind resistent gegen das Austrocknen, können teils Jahre im Boden liegen und erst dann schlüpfen, wenn das nächste Hochwasser kommt. Ähnlich ist es übrigens auch im Tom Cruise-Film „Krieg der Welten.“ Dort warten Aliens jahrelang im Boden der Erde – und werden schließlich erweckt.
Knapp 50 Mückenarten gibt es hierzulande. Nicht alle stechen - nur etwa 15 sind scharf auf menschliches Blut. Einige davon sind nachtaktiv, andere bei Tag. Eines haben sie aber alle gemein: zwei Flügel und zwei „Schwingkölbchen“ zur Stabilisation - wie ein Spoiler am Sportwagen.
Der Mensch stört sich natürlich daran, wenn er nach einem Abend an der Isar vollkommen zerstochen ist und sich auch noch dicke rote Pusteln bilden. Das liegt daran, dass sich an fließenden Gewässern andere Insekten rumtreiben, als an stehenden. „Vor allem die Kriebelmücke fühlt sich da wohl“, erklärt Prof. Ernst-Gerhard Burmeister, ehemaliger Vize der Zoologischen Staatssammlung. „Die Stiche von ihr sind nicht nur schmerzhafter als die von anderen Mücken, sondern führen auch zu starken allergischen Reaktionen.“ Hausmücken, die sich rund um unsere Wohnungen herumtreiben, stechen weniger dramatisch.
Im Laufe des etwa fünfwöchigen Mückenlebens sticht ein Tier etwa fünf bis acht Mal. Die Piekserei ist Frauensache. Männliche Insekten können nicht stechen — ihr einziger Lebenszweck liegt in der Fortpflanzung. Übrigens: Ein Stich juckt nicht, weil er giftig ist, sondern weil das Insekt seinen Speichel benutzt um das Blut gerinnen zu lassen. Auf den Speichel reagiert der Mensch mit einer allergischen Reaktion. Das Tier braucht den Speichel-Helfer aber dringend, sonst würde nämlich der Rüssel verstopfen.
Ja, man könnte die Hochwassermücken bekämpfen. Dafür muss nach einer Überschwemmung aber schnell gehandelt werden. Sobald das Grundwasser nach oben drückt und in Senken neue Tümpel entstehen lässt, muss ein Eiweißpulver, so genanntes BTI, hineingestreut werden. Die Larven fressen das Pulver und verenden daran. Der Einsatz muss aber schnell erfolgen. Denn sobald sie sich verpuppt haben, ist es zu spät. Und das ist nach etwa eineinhalb Wochen. Bei Hochwasser haben Helfer in der Regel aber Besseres zu tun, als die nächste Mückenplage abzuwenden.
Mückenexperte Burmeister findet das ohnehin nicht sinnvoll. „Mücken haben einen festen Platz im Ökosystem“, sagt er. Sie sind Nahrungsgrundlage für Vögel, Insekten und Amphibien und sie filtrieren das Wasser, in dem sie aufwachsen. „Die Tiere sind die besten Naturschützer“, so Burmeister weiter. „Wo sie sind, geht der Mensch nicht hin. Das ist eigentlich eine gute Sache.“ Wie es jetzt weiter geht mit der Mückenplage, das hängt vom Wetter ab. Bleibt es heiß und trocken, werden die meisten von ihnen in fünf Wochen verendet sein. Wird es nass und schwül, werden sie sich länger halten.
Sollte aber ein neues Hochwasser kommen, schlüpfen wieder Millionen von kleinen Hochwassermücken.
Was hilft wirklich gegen Mücken?
Philipp Rödel ist Pharmazeutn der St. Anna Apotheke. Viel los ist hier oft, aber derzeit wollen besonders viele Mückensprays. Doch vorsicht: Auf den ein oder anderen Wirkstoff kann man allergisch reagieren. Generell gilt: Nie mehr als 20 Prozent der Haut mit Mückenspray einreiben, ausreichend Zeit zwischen Sonnen- und Mückenspray lassen und bei eng anliegender Kleidung auch darunter einreiben.
- Diethyltoluamid (DEET) (z.B in Antibrumm forte, Azaron before, Exopic, Pellit) Der künstliche Wirkstoff hält Mücken zuverlässig fern, kann aber Kunststoffe angreifen – zum Beispiel Armbanduhren. Auch Schwangere sollten damit aufpassen, da DEET allergische Nebenwirkungen auslösen kann.
- Icaridin (z.B. in Autan Active, Autan Family) Dieser Wirkstoff ist recht hautverträglich, und hinterlässt keine Rückstände auf Kunststoffen oder Kleidung. Icaridin ist künstlich hergestellt. Sehr wirksam.
- Permethrin (z.B. in No Bite) Permethrin ist ein Insektizid und wird nicht auf die Haut, sondern auf die Kleidung aufgetragen. Unbedingt Kontakt zu Haut und Augen vermeiden! Bei eng anliegender Kleidung aber sehr praktisch, da die Mücken sonst durch den Stoff durch beißen.
- P-Menthan ( z.B. in Anti Brumm) Dieser Wirkstoff ist natürlich und wird aus einer Eukalyptuspflanze gewonnen. Im Vergleich zu den künstlichen Wirkstoffen ist er weniger wirksam, aber auch keine Chemie-Bombe.
- Etherische Öle (z.B. Contra Mück, Djungel Deo) Die pflanzlichen Öle sind nicht unbedenklich. Vor allem bei Sonne können sie sehr hautreizend sein. Außerdem ziehen sie schnell in die Haut ein und schützen nur sehr kurz. So verlockend es auch ist, mit einem etherischen Öl die Plagegeister fern zu halten, es gibt bessere Lösungen.
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