Mord-Prozess in München: 29-Jähriger verstrickt sich vor Gericht in Lügen

München – Es ist ein holpriger Start, den der Prozess um einen brutalen Mord vor einem Garmischer Flüchtlingsheim am Dienstag hinlegt. Der Angeklagte, ein 29-jähriger Jordanier, macht dem Vorsitzenden Richter Thomas Bott klar, dass er sowohl seinen Pflichtverteidiger als auch seinen Wahlverteidiger ablehnt und sich selber verteidigen möchte.
Das wird ihm vorgeworfen: Er soll eine 21-jährige Ukrainerin im Oktober 2022 in einer Flüchtlingsunterkunft in Garmisch-Partenkirchen mit einem Handbeil, das wegen Bauarbeiten in dem Flüchtlingsheim herumlag, mit mindestens sechs Schlägen tödlich verletzt haben. Die Frau hatte seine sexuellen Avancen und Nachstellungen mehrmals zurückgewiesen.
Mord vor einem Garmischer Flüchtlingsheim: Der Angeklagte wollte sich selber verteidigen
Er habe "aus gekränktem Stolz und als Bestrafung für ihre fortgesetzte Zurückweisung seiner Person" gehandelt, formuliert die Staatsanwaltschaft. Das Opfer erlitt unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und starb nach mehreren Notoperationen Ende November im Krankenhaus. Der 29-Jährige war zunächst geflohen, konnte aber wenig später festgenommen werden.
Mit seinem Wunsch, sich selber zu verteidigen, kommt der Angeklagte nicht durch. "Das Leben ist kein Wunschkonzert", kontert der Richter. Droht eine längere Haftstrafe, muss einem Angeklagten zwingend ein Strafverteidiger zur Seite gestellt werden.
Widersprüche en masse: Trank der Angeklagte Alkohol oder nicht?
Damit hören die Schwierigkeiten nicht auf. Denn der Angeklagte scheint das Gericht nicht immer mit der Wahrheit zu bedienen. Bei der Befragung zu seiner Person kommen zahlreiche Widersprüche und offenkundige Lügen zu Tage. So revidiert der Angeklagte frühere Aussagen gegenüber dem Gutachter, wonach seine Kindheit und Jugend in Jordanien von Konflikten in der Familie und der Schule geprägt gewesen sei.
Im Gegenzug beharrt er vor der großen Strafkammer auf regelmäßigem, intensivem Alkoholkonsum sowohl in der Ukraine, wo er vor Kriegsausbruch mehrere Jahre gelebt hatte, als auch in Deutschland – obwohl er einem Haargutachten zufolge in den Monaten vor der Tat wenig bis nichts getrunken hatte.
Prozess vor dem Landgericht München: Der Ernst der Lage wird dem Angeklagten erst spät klar
Dann platzt Richter Bott der Kragen: "Sie können mir viel erzählen, aber glauben muss ich Ihnen nicht alles." Zum Tatvorwurf möchte er nur die Wahrheit hören, so Bott. Auch eine Zusammenarbeit mit den Anwälten riet der Richter ihm "im eigenen Interesse" dringend an. Aber entgegen der Aufforderung seiner Anwälte, nichts zu sagen, erklärt der 29-Jährige, dass er die Ukrainerin trotz eines schweren Streits zwei Abende zuvor nicht erschlagen habe.
Dass er ihr nicht geholfen habe, als er sie lebensgefährlich verletzt in einer Blutlache fand, sondern mit dem Rad davongefahren war, begründet der zunehmend hysterischer werdende Mann mit einer "Phobie". Erst als seine Anwälte dem Angeklagten noch einmal die Ernsthaftigkeit seiner Situation vor Augen führten, verzichtet der schluchzende Angeklagte auf weitere Aussagen.