Mord-Drama: Erst Rosen – dann sticht er zu
Ein 44-Jähriger versucht, seine Ex-Freundin zurück zu gewinnen – und scheitert. Bei einem heftigen Streit tötet er die 31-Jährige. Danach rast er in Selbstmordabsicht gegen die Leitplanke.
Ramersdorf - Er war der zierlichen Bolivianerin verfallen. Er richtete ihr eine Wohnung in Ramersdorf ein, überhäufte sie mit Geschenken. Bis Lisseth E. (31) von Gerald H. nichts mehr wissen wollte. Der 44-Jährige flehte: „Lass mir wenigstens meine Tochter!“ Als er sie nicht mehr sehen durfte, drehte der Geschäftsmann offenbar durch – und erstach seine Ex-Geliebte in ihrer Wohnung in der Bad-Schachener-Straße.
Anschließend raste er auf A92 bei Freising absichtlich in die Leitplanke. Er wollte sich selbst töten – überlebte aber. „Lass nicht Stolz, Hass und Eifersucht in dir die Oberhand gewinnen. Denk als liebende Mutter, dass ein Kind doch auch den Vater braucht“, schrieb Gerald H. Sein Brief endet: „Aber lass mir bitte die Lisa*!“ (*Name geändert) Es ist pure Verzweiflung, die aus diesen Worten spricht. Gerald H. klebt diesen Zettel am Sonntagabend ans Wohnzimmerfenster seiner Ex-Geliebten, dazu drapiert er ein Dutzend roter Rosen. Nur wenig später ersticht er Lisseth E. Die 31-Jährige hatte mit dem Vater ihrer Tochter längst gebrochen.
„Ich bin fertig mit ihm“, erzählte sie am Freitag vor einer Woche einer Nachbarin. „Die beiden hatten sich heftig gestritten. Sie hat ihm den Hals verkratzt. Auch am Rücken hatte er Schrammen“, sagt Nachbarin Renata K. der AZ. Gerald H. betreibt in Niederbayern mehrere Schuhgeschäfte. In einem davon arbeitete die hübsche Bolivianerin als Verkäuferin. Sie verliebten sich. Wegen ihr verließ Gerald H. seine Frau und seine beiden Kinder. Mit seiner Geliebten flog er 2010 nach Bolivien. Sie zeigte ihm ihre Heimat. Wieder zurück wurde Lisseth E. schwanger.
Doch das Glück sollte sich nicht erfüllen: In Niederbayern fühlte sich Lisseth offenbar nicht wohl. Sie wollte unbedingt nach München. In Ramersdorf mietete Gerald H. daraufhin eine Wohnung. Er kaufte eine Küche, half bei der Einrichtung. Nachbarn berichten, er habe versprochen, sie und ihr Baby mit 1700 Euro monatlich zu unterstützen.
Vor zehn Monaten kam dann die kleine Lisa zur Welt. Gerald H. war völlig vernarrt in seine Tochter. Doch er war auch eifersüchtig. Immer wieder warf er Lisseth E. vor, sie würde ihn mit einem anderen Mann betrügen. Schließlich trennte sich das Paar. Gerald H. stand dennoch immer wieder vor dem Haus. „Er rauchte eine Zigarette nach der anderen, stundenlang, und bettelte, dass sie ihn hereinlässt“, berichtet Renata K.. Lisseth E. bekam Angst.
„Er hat mir den Schlüssel zur Wohnung geklaut“, soll sie einer Freundin erzählt haben. Die riet ihr, das Schloss auszutauschen. Am vergangenen Wochenende sahen Nachbarn ihn wieder ums Haus schleichen. „Am Sonntagabend klebten dann plötzlich Rosen und der Brief am Fenster“, sagt Nachbar Marco K.. Gegen 21.40 Uhr hörte Renata K. die kleine Lisa weinen. Sie klingelte. Keiner öffnete. „Dafür“, so erzählt Renata K., „sah ich Blut im Treppenhaus“. Sie rief die Polizei. Die Beamten sahen Licht in der Wohnung. „Als sie durchs Fenster sahen, entdeckten sie eine Frau, die regungslos am Boden lag“, berichtet Markus Kraus, Chef der Münchner Mordkommission. Die Polizisten traten die Tür ein. Doch sie konnten Lisseth E. nicht mehr helfen.
Die 31-Jährige war bereits tot, wie der Notarzt feststellte. Die Frau hatte eine Vielzahl von Stichwunden am Oberkörper. Nebenan im Bettchen lag ihre Tochter. Lisa weinte, war aber ansonsten unverletzt. Die Fahndung nach dem Ex-Freund lief an. Sein Name steht gleich neben dem ihrem auf dem Klingelschild. Nachbarn hatten den Fahndern außerdem erzählt, dass sie Gerald H. gesehen hätten. Wenig später meldeten sich Kollegen von der Verkehrspolizei in Freising. Ein 44-Jähriger war mit seinem Opel auf der A92 in die Leitplanke gerast.
Er hatte blutende Verletzungen an den Händen. Als ihn die Beamten darauf ansprachen, gestand er, dass er am Abend in München seine Ex-Freundin erstochen habe. Die Staatsanwaltschaft wird gegen ihn Haftbefehl wegen Mordes beantragen. „Als Motiv kommt verschmähte Liebe in Betracht“, sagt Staatsanwältin Nicole Selzam.
Das erfüllt das Mordmerkmal niedere Beweggründe. Weil das Opfer in seiner Wohnung überfallen und getötet wurde, wird auch Heimtücke von der Staatsanwaltschaft angeführt. Gerald H. liegt verletzt im Krankenhaus in Freising. Er wird rund um die Uhr von Polizisten bewacht. Seine Tochter wurde in ein Waisenhaus gebracht. Vermutlich wird die Kleine später zu Verwandten kommen.