Mobilität in München-Freiham: Ein Viertel für Fußgänger

München - Einen Plan, der sich "konsequent" mit dem Thema zukunftsfähige Mobilität beschäftigen soll, will Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) am Mittwoch dem Stadtrat vorstellen. Merk spricht von einem "klugen, zukunftsfähigen Gesamtsystem", das entstehen soll.
Kern von Merks Konzept ist es, die verkehrliche Prioritätensetzung umzukehren. Das könnte zum Beispiel heißen, den Fuß- und Radverkehr verstärkt zu fördern – und den privaten Autoverkehr "auf ein notwendiges Mindestmaß zu reduzieren", schreibt Merk in ihrem Plan.
Die wichtigsten Vorschläge aus ihrem Entwurf...
Neues Freiham: Weniger Kfz-Parkplätze
Die Stellplätze im öffentlichen Raum sollen zugunsten von Grünflächen und Infrastruktur für den Radverkehr (Radl-Stellplätze), Sharing- und E-Fahrzeugen auf 1:15 begrenzt werden. Heißt: Pro 15 Wohnungen soll es nur noch einen Stellplatz geben. Zum Vergleich: In anderen Neubaugebieten liegt der Stellplatzschlüssel zwischen 1:6 und 1:10.
Auch für private Flächen soll der Stellplatzschlüssel reduziert werden: auf 0,5 Stellplätze je Wohneinheit. Das Planungsreferat muss hierfür jedoch noch die rechtlichen Möglichkeiten prüfen – die genauen Kriterien sollen in einem separaten Beschluss festgelegt werden.

Neues Freiham: Rad-Abstellanlagen
Insbesondere an den S- und U-Bahnhöfen sowie nahe der Einkaufs- und Freizeitzentren sollen stand- und diebstahlsichere Radlstellplätze entstehen. Dabei soll auch Platz für Sonderfahrzeuge, etwa Lastenräder, geschaffen werden.
Neues Freiham: Parkraum-Management
Zeitliche Beschränkungen oder kostenpflichtiges Parken sollen für das Siedlungsgebiet für öffentliche Stellplätze eingeführt werden, schlägt Merk vor. Die Stadtbaurätin sieht das als "wichtige komplementäre Maßnahme" zu reduzierten Kfz-Stellplätzen beim Wohnungsbau.
Nur so komme man dem Ziel näher, die Anzahl an privaten Autos im Quartier zu reduzieren.

Neues Freiham: ÖPNV - "erste und letzte Meile"
Merks Ziel ist es, dass Freiham Nord mit dem ÖPNV "rund um die Uhr von der ersten bis zur letzten Meile" erreicht werden kann. Ein erheblicher Bestandteil soll hier die U5-Verlängerung zunächst nach Pasing und dann nach Freiham sein.
Da der U-Bahn-Bau nach Freiham jedoch etwa bis Mitte 2030 dauern wird, sollen auch kurzfristige Möglichkeiten geschaffen werden. Darunter etwa die Verdichtung des Busnetzes – zum Beispiel mit Schnellbussen.
An Sammelhaltestellen in Freiham sollen sie Bewohner auf dem schnellsten Wege (zum Beispiel über die A96) zu einem U5-Bahnhof Richtung Stadtzentrum (etwa Westendstraße) bringen.
Neues Freiham: On-Demand-Fahrzeuge
Um flexiblere Anbindungsmöglichkeiten für die Anwohner zu schaffen, die kein eigenes Auto haben, sollen On-Demand-Verkehrsmittel, etwa Rufbusse, angeboten werden. Fahrgäste mit ähnlicher Route sollen dabei gemeinsam befördert werden.

Neues Freiham: Stadt-Umland-Verbindung
Der MVV soll Verbindungen zwischen Freiham und Germering oder zu den Badeseen im Umland planen. Apropos Badesee: Wie von Grünen und SPD gefordert, soll Freiham auch einen eigenen Badesee bekommen. Merks Planungsreferat will dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Neues Freiham: Radverbindung nach Pasing
In Zusammenarbeit mit dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) und dem Baureferat will das Planungsreferat einen sicheren und attraktiven Radweg nach Pasing entwerfen.
Neues Freiham: Mobilitätskoordinator
Um all die Maßnahmen weiter zu planen und zu konkretisieren, will Merk eigens für das zukünftige Wohngebiet einen Mobilitätskoordinator einstellen. Die Stelle soll im Eckdatenbeschluss 2021 des städtischen Haushaltes beantragt werden und unbefristet sein.
Merks Freiham-Pläne: Kritik aus dem Stadtrat
Die grüne OB-Kandidatin Katrin Habenschaden lobt, dass Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) "ganz viele gute Punkte für den Ausbau umweltschonender Verkehrsmittel" vorgelegt habe. Jedoch hat sie einen Kritikpunkt: Der Plan schaue fast ausschließlich nach Freiham – und wenig darüber hinaus. Habenschaden: "Freiham ist keine Insel."
Zwar gibt es grobe Pläne, das neue Stadtquartier mit dem Umland – und der Innenstadt – zu vernetzen, jedoch seien diese noch zu oberflächlich. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl fordert zudem: "Um den absehbaren Verkehrskollaps in Freiham zu verhindern, muss hier gelten: Wohnungsbau synchron zu U-Bahnbau." Die Attraktivität neuer Wohngebiete sei abhängig von deren Anbindung an den ÖPNV.
Stadträtin Heike Kainz (CSU) ergänzt: "Wohnraum ohne Anbindung an den Verkehr ist unattraktiv und gerade in München für die Bevölkerung nicht mehr hinnehmbar." SPD-Fraktionschef Christian Müller plädiert trotz Kritik und Zweifeln dafür, dem Plan zuzustimmen – auch, um die formalen Voraussetzungen für den Bau der U5 zu schaffen. "Das Wesentliche, was uns in der nächsten Zeit beschäftigen wird, wird sein, die U5 voranzubringen", sagt er.
Der Plan beinhalte darüber hinaus eine ganze Reihe von Vorschlägen, die sinnvoll seien. Etwa die Überlegungen, Busse einzusetzen. Müller: "Da müsste man noch schauen, wie die auf der Autobahn schneller vorankommen würden."
Lesen Sie auch: Die 245-Millionen-Schule in München-Freiham